Die Time Catcher (1)

Autoren
Übersetzer
Knut Krüger
Verlag
cbj Verlag
Anspruch
4 von 5
Humor
4 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
4 von 5
Spannung
5 von 5

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Zusammenfassung zu “Die Time Catcher (1)”

Der 12-jährige Caleb ist ein Waisenjunge, der von einem Mann, der sich „Onkel“ nennt, aufgezogen wurde. Zusammen mit weiteren Jugendlichen hält er Onkels Firma „Edles für die Ewigkeit“ aufrecht. Paarweise oder allein reisen die Time Catcher in Zeit und Raum, um begehrte historische Artefakte wie die erste Frisbeescheibe oder Churchills Schirm zu beschaffen, für die Sammler horrende Preise an Onkel zahlen. Calebs Partnerin und beste Freundin ist Abbie, sein Rivale ist Mario, der ihm seine gelungenen Catchs neidet und beginnt, ihm seine Beute wegzunehmen und sie als seine eigene auszugeben. Onkels Bestrafungen für Missserfolg oder Ungehorsam sind grausam, das Leben ist hart, doch es gibt kein Entkommen, denn geflohene Time Catcher können jederzeit wieder aufgespürt und zurückgeholt werden.

Calebs Leben erfährt eine jähe Wandlung, als Mario ihn zunehmend bedroht und er zudem bei einer Mission auf der Expo ’67 auf die Familie von Ben trifft. Der Junge wächst ihm in den wenigen Minuten ans Herz, und Caleb sehnt sich nach der familiären Geborgenheit, die er bei Ben und seinen Eltern spürt. Währenddessen werden Onkels Expansionspläne immer rücksichtsloser. Um mehr Aufträge erfüllen zu können, braucht er mehr Time Catcher, und so entführt er Kinder, um sie auszubilden. Zuerst sind es nur Waisenkinder wie Caleb, die durch Mario in Onkels Hauptquartier entführt werden, doch dann sind es auch Kinder aus Familien. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis Mario, um sich an Caleb zu rächen, Ben aus dem Jahr 1967 entführt…

Wichtige Charaktere

  • Caleb
  • Abbie
  • Onkel
  • Nassim
  • Mario und Lydia
  • Phoebe
  • Diane, Jim und Ben

Zitate

„Wir stehen in einem Raum, der genauso groß ist wie das gesamte Erdgeschoss. Das Licht ist schummrig, und außer einem sind alle Fenster mit Sperrholz vernagelt. In deren Mitte befindet sich je ein kleiner Holzkasten. Meinen Auftragsunterlagen habe ich entnommen, dass so ein Kasten als Camera obscura bezeichnet wird. Er hat zur Außenseite hin ein kleines Loch. Durch das fallen Lichtstrahlen ein und spiegeln alles, was sich außerhalb befindet, in dem Kasten. Darin befindet sich eine mit lichtempfindlichen Asphalt beschichtete Platte, die unter dem Lichteinfall aushärtet und so das Bild bannt, was die Kamera anvisiert hat.“

„Sie springt auf, als hätte man ihr glühende Kohlen unter den Po geschoben. ‚Du hast Pekingente gemacht, Mario? Du bist genial!‘
Sie findet ihn offenbar großartig, weil er einen toten Vogel grillen kann – na und? Doch es ist nicht das erste Mal, dass Abbie die Wörter Mario und genial in einem Atemzug nennt. Warum immer alle von Mario so beeindruckt sind, gehört zu den Top-Ten der größten Menschheitsgeheimnisse (genauer gesagt rangiert es auf Platz vier, zwischen Stonehenge und den Pyramiden). Vielleicht liegt es an seinem Aussehen. Angesichts seiner vielen Muskeln und Zähne ist es schon möglich, dass er bei Frauen als gut aussehend gilt. Nicht dass er mehr Zähne hätte als der Durchschnitt – sie sind nur strahlend weiß. Oder es liegt daran, dass er gerne als der große Macker dasteht. Aber ich habe ihn durchschaut: Er ist einzig und allein an sich selbst interessiert. Und wenn er jemanden entdeckt, den er als Bedrohung empfindet, dann bekämpft er ihn mit allen Mitteln.“

Trailer zum Buch

Links

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Persönliche Bewertung

Ein packendes Zeitreise-Abenteuer durch die Jahrhunderte

4 von 5

Zeitreiseabenteuer liegen aktuell fast so sehr im Trend wie Dystopien (siehe „Everlasting“, „TimeRiders“ oder „Rubinrot“). Die Idee, eine Gruppe von Jugendlichen im Namen einer Organisation oder Firma in der Zeit reisen zu lassen ist keine neue, doch setzt sie Richard Ungar vielschichtig und fesselnd um. In seine Abenteuergeschichte baut er historische Fakten rund um die Missionen ein, die dafür sorgen, dass seine Leser ganz nebenbei sogar etwas lernen: über die Mingvasen, Churchill oder die camera obscura.

Caleb, aus dessen Perspektive die Geschichte in Ichform erzählt wird, lebt in einer Welt, die nur 50 Jahre entfernt ist und dieser Welt so weit gleicht, dass sie realistisch erscheint. Die Welt ist geprägt von der amerikanisch-chinesischen Freundschaft, durch verschiedene Technologien bringt der Autor ein wenig Science Fiction in die Geschichte. Während die Charaktere insgesamt mehr Tiefe aufweisen könnten, ist vor allem Phoebe, die virtuelle Liftbegleiterin, eine solche interessante Begleiterscheinung der Technologien. Angesichts der großen Fortschritte der „digitalen Menschen“ in Computerspielen erscheint diese Computeranimation mit eigenem Charakter und eigenen Emotionen keine zu ferne Zukunftsvision zu sein.

Neben der Technik und dem Zeitreiseaspekt zeichnet sich „Die Time Catcher“ durch emotionale und sehr menschliche Verstrickungen aus: Calebs Sehnsucht nach einer Familie, die Rivalität zwischen den Time Catchern und der Kampf um Anerkennung durch den tyrannischen Chef. „Onkel“ tritt hier als der typische Bösewicht auf. Für seine Grausamkeit sind die Schildkröten Shu Fang und Ting Ting symbolisch, die er quält, indem er sie hungern lässt, und zum Quälen benutzt, indem er sie als Waffe einsetzt. Auf der anderen Seite gibt es neben Intrigen und Verrat natürlich auch Freundschaft und erste romantische Gefühle. Dabei sind die beginnende Liebesgeschichte und die pubertäre Verwirrungen Calebs eher am Rand in die Geschichte eingeflochten und stören damit die abenteuerliche Handlung nicht, sondern lassen sie authentisch erscheinen.

Richard Ungar erzählt fesselnd und haucht der Handlung durch Caleb ironischen Humor ein. Die Stärke des Autors sind überzeugende und lebensnahe Beschreibungen von Kulissen und Ereignissen, Grausamkeit wird immer sinnbezogen eingesetzt, es gibt keine Gewaltszenen als sinnfreies Actionelement, um die Spannung zu steigern. Vereinzelt zeigt sich der Autor ein wenig gedankenlos, wenn es zum Beispiel heißt „Das Pferd wiehert und schnaubt, als gäbe es bei Pferden eine maximal Traglast wie bei Aufzügen.“, doch solche unkritischen Passagen sind zum Glück die Ausnahme. Ein wenig schwierig ist die Logik hinter den Zeitreisen, in denen die Time Catcher quasi beliebig in der Zeit hin- und herspringen und sogar sich selbst begegnen können. Insbesondere die Geschichte um die vertauschte Vase gibt in ihrem Ablauf einige Rätsel auf und manch einem naturwissenschaftlich interessierten Leser mag sie Kopfzerbrechen verursachen.

Der englische Originaltitel verrät, dass „Die Time Catcher“ der erste Band einer Reihe ist, was das recht offene Ende erklärt. Das Ende ist hier nicht nur offen, sondern auch ein wenig unbefriedigend, weil es nicht für alle Beteiligten gut ausgeht, doch so besteht die berechtigte Hoffnung, dass sich alle offenen Handlungsstränge in den Folgebänden zu einem erfreulichen Ende verknüpfen.

Fazit

Richard Ungar erzählt eine packende Abenteuergeschichte für Leser jeden Geschlechts rund um eine Gruppe zeitreisender jugendlicher Diebe im Auftrag eines skrupellosen Geschäftsmannes, die Potenzial für Fortsetzungen bietet und nebenbei ein wenig Wissen vermittelt. Gut konzipiert und geschrieben!

Originaltitel
Time Snatchers
ISBN10
3570155749
ISBN13
9783570155745
Dt. Erstveröffentlichung
2013
Gebundene Ausgabe
416 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 11 Jahren