Der Wolkenatlas

Autoren
Übersetzer
Volker Oldenburg
Verlag
Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo)
Anspruch
5 von 5
Humor
4 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
4 von 5
Spannung
5 von 5

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Zusammenfassung zu “Der Wolkenatlas”

„Der Wolkenatlas“ enthält sechs zunächst voneinander unabhängige Episoden, die in unterschiedlichen Jahrhunderten spielen und alle mehr oder weniger miteinander verknüpft sind. Außerdem weist jede Geschichte eine eigene Form und Sprache auf.

Die frühste Handlung setzt Mitte des 19. Jahrhunderts ein und ist in Tagebuchform geschrieben. Der Notar Adam Ewing reist auf einem Schiff von Australien nach San Francisco, wo er sich mit dem Arzt Henry Goose anfreundet. Die Zustände auf den Inseln, an denen das Schiff Station macht, sowie die Bedingungen an Bord erschrecken Ewing. Schließlich diagnostiziert Goose bei ihm einen tödlichen Parasiten. Ewings Zustand verschlimmert sich immer mehr, bis ihm mithilfe des Morioris und blinden Passagiers Autua klar wird, dass Goose ihm mehr schadet als hilft.

Es folgt ein Briefroman: Der Musiker Robert Frobisher berichtet seinem Geliebten Rufus Sixsmith, was er auf einem belgischen Schloss erlebt, auf dem er dem berühmten Komponisten Vyvyan Ayrs bei seiner Arbeit assistiert. Dort findet er auch das Tagebuch von Adam Ewing. Während das Verhältnis zwischen Frobisher und Ayrs von einer Mischung aus Abneigung und gegenseitiger Abhängigkeit geprägt ist, bandelt der junge Musiker erst mit Ayrs Frau Jocasta und schließlich mit deren Tochter Eva an. Besessen arbeitet er an einem eigenen Stück, dem „Wolkenatlas-Sextett“. Verstoßen von Ayrs und zurückgewiesen von Eva, muss Robert Frobisher schließlich das Schloss verlassen.

Rufus Sixsmith, an den Robert Frobishers Briefe gerichtet waren, trifft in der dritten Episode auf die Journalistin Luisa Rey. Der alte Wissenschaftler hat einen Bericht verfasst, der beweist, dass ein geplanter Atomreaktor auf Swanneke Island höchst risikogefährdet ist. Mit dem Mord an Sixsmith durch Bill Smoke verhindert der Konzern-Chef, dass diese Informationen an die Öffentlichkeit gelangen und das Unternehmen gefährden. Als Luisa Rey die Geheimnisse aufdecken will, gerät sie selbst in Gefahr.

Durch den Mord des eher mittelmäßig bedeutsamen Autors Dermot Hoggins an dem Kritiker Felix Finch kommt dem Verleger Timothy Cavendish unverhofft Erfolg zu. Doch auch die Brüder des inhaftierten Hoggins wollen ihren Teil vom Ruhm, sodass Cavendish schließlich fliehen muss, weil er von dem Geld schon seine Schulden beglichen hat. Er sucht Hilfe bei seinem Bruder, der ihn ins Haus Aurora schickt, das sich viel zu spät als Altersheim entpuppt, aus dem die Bewohner nicht ohne Weiteres wieder verschwinden können.

Somni~451 lebt im Korea einer fernen Zukunft. Gezüchtet als einer von vielen Klonen, spielt sich ihr ganzes Leben in einem Fastfood-Restaurant ab, in dem sie zwölf Jahre lang arbeiten muss. Zunehmend hinterfragt sie jedoch ihre Existenz in ihrer kleinen Welt. Als Wissenschaftler sie schließlich befreien, sieht sie zum ersten Mal die reale Welt außerhalb des Restaurants. Sie kommt zur Universität, an der sie alles Wissen gierig aufnimmt. Als sie mit ihrem Begleiter Hae-Jo Im schließlich fliehen muss, erfährt sie von immer mehr Grausamkeiten der Regierung, denen sie ein Ende setzen möchte.

Die letzte Episode des Romans spielt in einer fernen Zukunft, in der die Menschheit in einen primitiven Zustand zurückgefallen ist. Nur das Volk der Prescients benutzt noch moderne Technik. Der Hirte Zachary erzählt rückblickend seine Erlebnisse mit Meronym, einer Prescient-Frau, die auf seine Insel geschickt wird, um von den Menschen dort zu lernen. Zachary misstraut ihr, begleitet sie allerdings bei ihren Erforschungen der Insel. Die Ereignisse überschlagen sich, als Zacharys Volk von den feindlichen Kona angegriffen wird.

Wichtige Charaktere

  • Adam Ewing
  • Henry Goose
  • Autua
  • Robert Frobisher
  • Vyvyan Ayrs
  • Ayrs Frau Jocasta
  • Ayrs Tochter Eva
  • Luisa Rex
  • Rufus Sixsmith
  • Bill Smoke
  • Timothy Cavendish
  • Sonmi~451
  • Hae-Jo Im
  • Zachary
  • Meronym

Zitate

„Sixsmith, arbeite nachts buchstäblich bis zum Umfallen am Wolkenatlas-Sextett, anders kann ich nicht einschlafen. Mein Geist ist ein Goldregen schöpferischer Phantasie. Die Musik eines ganzen Lebens, auf einen Schlag. Die Grenzen zwischen Tönen und Geräuschen sind nichts als Konvention, das erkenne ich jetzt. Alle Grenzen sind Konvention, auch Ländergrenzen. Man kann sich über jede Konvention hinwegsetzen, man muß nur auf die Idee kommen.“

„Von unten aus dem Kajak sah ich den kwabblichen Wolken zu. Seeln wandern durch die Zeiten wie die Wolken übern Himmel, un wenn ner ihre Form und Farbe un Größe auch nie dieselbe bleibt, is sie doch immer ne Wolke, un genauso isses mit ner Seele auch. Wer weiß schon, von wo ne Wolke hergeweht is un was fürn Mensch ne Seele morgen sein wird?“

„Meine jüngsten Abenteuer haben mich zu einem rechten Philosophen gemacht, besonders nachts, wenn ich nichts höre außer dem Flusse, der in unendlicher Gemächlichkeit Felsbrocken zu Kieseln zermahlt. Meine Gedanken fließen so: Gelehrte erkennen den Gang der Geschichte u. formulieren aus diesen Abläufen Regeln, welche den Aufstieg u. Fall der Civilisationen bestimmen. Meine Überzeugung geht jedoch in die Gegenrichtung. Nämlich: Die Geschichte läßt Regeln nicht zu, sondern nur Ergebnisse. Was führt Ergebnisse herbei? Verwerfliche Thaten u. rechtschaffene Thaten. Was führt Thaten herbei? Der Glaube.“

Trailer zum Film

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Persönliche Bewertung

Vielschichtiger, intelligenter Abriss der Menschheitsgeschichte

5 von 5

David Mitchells Roman ist zu groß und zu vielschichtig, um ihn mit wenigen Worten zu beschreiben. „Der Wolkenatlas“ meistert die Herausforderung, mit seinen Einblicken eine ganze Weltgeschichte abzudecken. Besonders reizvoll sind der ungewöhnliche Aufbau mit abrupt endenden Texten, die nach dem „Gipfel“ des Romans, der Zachary-Episode, in umgekehrter Reihenfolge fortgesetzt werden, sowie die mal mehr, mal weniger offensichtlichen Verweise der Episoden aufeinander. Durch diese Techniken unterstützt Mitchell wirkungsvoll seine Gesamtaussage: Dass alles im Universum zusammenhängt, dass sich alles wiederholt und dass Menschen über ihre Zeit hinaus wirken können.

Mitchell hat, so gesehen, sechs völlig verschiedene Romane ineinander verwoben. Die einzelnen Geschichten unterscheiden sich so sehr in ihrem Inhalt, ihrer Form und ihrem Sprachstil, dass man den gesamten Roman unmöglich nur schlecht oder nur gut finden kann. Manche Episoden sind ruhig und sentimental, andere trotzen vor Action; manche sind humorvoll und leicht, andere philosophisch. Mitchell hat es geschafft, in „Der Wolkenatlas“ die bewegenden Themen der Menschheit aufzugreifen. Störend wirkt auf Dauer die abkürzende Schreibweise im Tagebuch von Adam Ewing. Noch befremdlicher mutet die futuristische Sprache Zacharys an, die auf das verlorene Wissen und den Verfall nach der Zerstörung der Erde hinweist, zuweilen aber zu sehr an einen schlechten Teenager-Slang erinnert, an. Diese Kritik tut dem Gesamteindruck des Romans allerdings keinen Abbruch.

Fazit

„Der Wolkenatlas“ lässt sich schwer beschreiben. Man muss ihn gelesen haben! …und das sicherlich nicht nur einmal, um alle Anspielungen zu entdecken, alle Aussagen zu verstehen und aus dem Puzzle im eigenen Kopf ein Gesamtbild entstehen zu lassen.

Originaltitel
Cloud atlas
ISBN10
349924036X
ISBN13
9783499240362
Dt. Erstveröffentlichung
2006
Taschenbuchausgabe
672 Seiten