Incarceron
Fliehen heißt sterben
Zusammenfassung zu “Incarceron”
Finn lebt in Incarceron, einem riesigen lebendigen Gefängnis. An seine Kindheit kann er sich kaum erinnern, aber er ist sich sicher, dass er nicht in Incarceron geboren wurde, sondern von Außerhalb stammt. Finns Erinnerungen bringen ihm einen gewissen Respekt innerhalb seiner Gruppe ein, man hält sie für Visionen, ihn für den „Sternenseher“. Als er bei einem Überfall eine Frau als Geisel nimmt, um sie zu schützen, gelangt er in den Besitz eines geheimnisvollen Schlüssels. Dieser Schlüssel ist der Beweis, dass es ein Außerhalb gibt. Mit Hilfe des Schlüssels gelingt es Finn und seinem Eidbruder Keiro sowie ihren beiden Verbündeten, Kontakt zu Claudia im Außerhalb aufzunehmen.
Claudias Leben verläuft vollkommen anders als Finns. Sie ist die Tochter des Hüters von Incarceron, wächst behütet und beschützt auf und lernt Nähe und Wärme doch nur durch ihren Lehrer Jared kennen. Zwar war sie dem Prinzen Giles versprochen, doch seit dessen Tod ist bestimmt, dass Claudia Prinz Caspar heiraten soll. Nun steht die Hochzeit und damit ihre Abreise zum Königshof kurz bevor. Claudia bricht in das Arbeitszimmer ihres Vaters ein und entwendet von dort einen Schlüssel, durch den sie mit Finn Verbindung aufnehmen kann. Schon bald formt sich in Claudia ein Verdacht: Was, wenn Giles gar nicht wirklich gestorben ist, wenn er in Incarceron noch am Leben ist? Doch ihr läuft die Zeit davon, die Hochzeit rückt näher, und nebenbei erfährt sie von einem politischen Komplott gegen die Königin und ihren zukünftigen Ehemann. Und auch Finn und Keiro brauchen ihre Hilfe, denn ihre Flucht durch Incarceron wird immer gefährlicher…
Die Fortsetzung unter dem Titel „Sapphique“ wurde bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt.
Wichtige Charaktere
- Finn
- Claudia Arlexa
- ihr Vater John Arlex
- Keiro
- Attia
- Jared Sapiens
- Gildas
- Giles und Caspar
- Lord Evian
- Sapphique
- Jormanric
- Blaize
- Königin Sia
- Incarceron selbst
Zitate
„Er harrte aus und zwang das aufsteigende Entsetzen nieder, Sekunde für Sekunde. Seine Willensstärke stand gegen den sich nähernden Tod; er atmete nicht, ließ nicht zu, dass er die Nerven verlor, denn er war Finn, der Sternenseher, er konnte es schaffen. Bis sich mit einem Mal Panik ihren Weg bahnte und er sich auf die Unterarme stützte und schrie: ‚So hört mich doch! Anhalten! Anhalten!'“
„Finn drehte den Kopf und sah, dass sich das Silberschiff emporschraubte, hinauf zu einem Turm, der so schmal und unvorstellbar hoch aufragte, dass er wie eine Nadel wirkte, die senkrecht auf einer Wolke balancierte und in deren Öhr ein Licht schimmerte. Finn merkte, wie sein Atem zu Nebel gefror und sich auf der rissigen, zersplitterten Reling niederschlug. Jeder Eiskristall dieser Schicht richtete sich wie von einem Magneten angezogen zum Turm hin aus. Keuchend atmete Finn die dünne Luft ein und griff dann seinerseits nach dem Arm des alten Mannes. Er bebte vor Kälte und Angst ud wagte nicht, noch einmal hinabzuschauen. Sein Blick war starr auf die winzige Landefläche gerichtet, die allmählich größer wurde. Sie entpuppte sich als eine träge rotierende Kugel unmittelbar auf der Nadelspitze. Und obwohl sie schon so hoch oben waren, erstreckte sich am eisigen Himmel über ihnen Meile für Meile die Nacht Incarcerons.“
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Trailer zum Original
Dieses Buch wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Penhaligon Verlag über Blogg dein Buch.
Persönliche Bewertung
Dystopischer Roman in atemberaubender Atmosphäre
Das komplexe Setting des lebendigen Gefängnisses, des in sich abgeschlossenen eigenen Kosmos, ist ein faszinierendes Gerüst für eine dystopische Geschichte, die ebenso in den Bereich Fantasy wie in die Science Fiction gezählt werden kann. Dabei ist vor allem die Entwicklung interessant und beängstigend zugleich: das abgeschottete „Paradies“ verselbständigt sich und kehrt sich in sein Gegenteil um, in eine Hölle voller Gewalt, Krankheiten, Armut und Not sowie erschreckender Halb-Lebewesen aus organischer Materie und leblosem Material, die an Steampunkromane erinnern.
Ab der ersten Seite holt „Incarceron“ seine Leser und Leserinnen ab und man findet sich direkt in der Geschichte wieder, in einer bedrohlichen Situation, die charakteristisch ist für das Leben in Incarceron. Catherine Fisher schreibt sehr ansprechend. Sie vermag, die Kulissen und Charaktere sehr lebensecht darzustellen und eine atemberaubende Atmosphäre zu erzeugen. Dem Leser erscheint die Welt innerhalb Incarcerons sowie das Gefängnis selbst ebenso rätselhaft und unvorstellbar in seinen Ausmaßen wie den Hauptcharakteren. Dabei bleibt bis zum Ende einiges unklar. Man hätte sich gewünscht, das Gefängnis selbst, seine Entstehung, seine Geschichte und seine Funktionsweise wäre mehr erklärt worden. Hier setzt hoffentlich die Fortsetzung an. Es deutet vieles darauf hin, dass es mit Incarceron, mit Claudia und Finn noch weitergeht, doch ist die Geschichte so weit in sich abgeschlossen, dass sie auf der letzten Seite hätte Ende können. Tatsächlich gibt es einen zweiten Teil, der unter dem Titel „Sapphique“ bereits im englischen Original erschienen ist und es hoffentlich auch auf den deutschsprachigen Markt schafft.
Die Charaktere in „Incarceron“ werden von ganz klassischen Motiven angetrieben: der Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit Suche nach sich selbst und seiner Herkunft. Catherine Fisher erzählt aus zwei unterschiedlichen Perspektiven und ermöglicht es so ihren Lesern, die beiden vollkommen unterschiedlichen Welten des „Innen“ und „Außen“ unmittelbar durch ihre beiden Hauptfiguren zu erleben. Der Fokus liegt auf Claudia und Finn, doch die Nebencharaktere sind ebenso interessant. Dabei ist die Einteilung in „Gut“ und „Böse“ in den meisten Fällen nicht klar zu definieren und voneinander abzugrenzen, zwielichtige Charaktere wie Keiro bleiben bis zum Ende ein Rikisofaktor und erhalten die Spannung aufrecht. Neben der Dramatik zwischen den Charakteren, den durch Extremsituationen und menschliches Miteinander bedingten emotionalen Komponenten, gibt es bis zu Schluss überraschende Wendungen. Vor allem die Lösung, wo sich Incarceron befindet, ist ebenso einfach wie genial.
Fazit
Eine bemerkenswerte Geschichte zwischen Fantasy und Science Fiction, die von ihrer einzigartigen Kulisse und ihren interessanten Charakteren lebt. Zwar liest sich „Incarceron“ wie ein Jugendbuch, ist jedoch auch für Erwachsene bestens geeignet. Leserinnen, die sich eine romantische Liebesgeschichte erhofft hatten, werden jedoch zumindest in diesem ersten Teil enttäuscht werden.
- Originaltitel
- Incarceron
- ISBN10
- 3764530804
- ISBN13
- 9783764530808
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013
- Gebundene Ausgabe
- 480 Seiten