Spiegelkind (1)

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Verlag
Arena Verlag
Anspruch
5 von 5
Humor
4 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
4 von 5

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Zusammenfassung zu “Spiegelkind (1)”

Juli ist ein ganz normales Mädchen, das gut behütet in einem normalen Viertel aufwächst und auf eine Eliteschule geht, das Lyzeum. Die Welt ist von morgens bis abends, von der Haustür bis zur Schule, geregelt. Jeder normale Bürger trägt ein Armband zur Identifikation, Häuser und Gärten sehen gleich aus, die Gemeinschaftsgebäude sind ausgeschildert und jeder findet sich wunderbar in der Welt zurecht. Als sich Julis Eltern trennen, weicht ihr Leben erstmals von der Normalität ab: Sie teilen sie sich das Sorgerecht für die drei Kinder und so wohnen immer abwechselnd Vater und Mutter für eine Woche mit Juli und ihren Geschwistern im Haus. Doch dann ist Julis Mutter auf einmal verschwunden, als sie von der Schule kommt. Niemand scheint sich so richtig für ihr Verschwinden zu interessieren, doch Juli vermutet ein Verbrechen und ist schockiert, dass sich nicht einmal ihr Vater für den Verbleib der Mutter interessiert.

Julis „normale“ Welt gerät ins Wanken, als sie mit einer unglaublichen Wahrheit konfrontiert wird: ihre Mutter ist eine Phee, ein in der Welt der „Normalen“ geächtetes Wesen, und sie ist damit eine Pheentochter. Was Pheen genau sind und warum sie so gefürchtet sind, diese Fragen möchte ihr niemand beantworten. Gleichzeitig tritt Ksü in Julis Leben, die neue Schülerin am Lyzeum. Ksü ist fast das genaue Gegenteil der durchschnittlichen und angepassten Schülerinnen, von denen die Schule besucht wird. Sie trägt eine Glatze mit einer Tätowierung und seltsame unordentliche Kleidung, sie ist aufsässig und rebellisch. Ausgerechnet Juli muss sich um Ksü kümmern, doch dann freundet sie sich doch mit dem Außenseiter-Mädchen an und lernt eine ganz neue Welt kennen. Ihr Vater und ihre Großmutter sind alles andere als begeistert, dass Juli sich eine so unnormale Freundin ausgesucht hat. Gehören Ksü und ihr Bruder Ivan etwa zu den „Freaks“ und was haben sie mit Julis Mutter zu tun? Und was hat es mit den Quadren auf sich, den geheimnisvollen Bildern, die Julis Mutter gemalt und überall im Haus aufgehängt hat?

Wichtige Charaktere

  • Juliane Rettemi, „Juli“
  • Julis Mutter Laura
  • Julis Vater, Doktor Rudolf Rettemi
  • Julis Geschwister Jaro und Kassie
  • Julis Großeltern Ingrid und Reto
  • Ksenia, „Ksü“
  • Ksüs Bruder Ivan
  • Justus Melchior

Zitate

„‚Wie kann ich zu dir, Mama?‘
‚Willst du das?‘
‚Natürlich will ich das!‘
‚Du weißt nicht, wie das ist.‘
‚Natürlich nicht!‘ Jetzt brüllte ich wieder. ‚Woher soll ich das auch wissen? Du hast mir nie etwas erzählt! Ich bin die Letzte, die Dinge erfährt, die mich betreffen! Deine ganze verdammte Erziehung hat nur darauf abgezielt, mich vor der Welt zu verstecken… Oder umgekehrt, die Welt vor mir…‘ Tränen der Wut schossen mir in die Augen. Jetzt hatte ich meine Mutter bestimmt aus dem Hörer weggebrüllt, herzlichen Glückwunsch auch.
Aber sie war noch da. ‚Ja, du hast recht, genau so ist es‘, sagte sie, während ich mir hektisch die Augen rieb. Fehlte nur noch, dass ich hier ganz verheult rauskam. Meine Mutter redete schneller, was gut war, denn bald würde der Apparat unser Gespräch unterbrechen, es war eigentlich längst überfällig. ‚Ich wollte euch beschützen, habe es aber nur schlimmer gemacht.'“

„Ich rüttelte an Ksüs Schulter.
‚Wer sind diese Kinder? Freaks?‘
‚Was?‘, brüllte sie zurück.
‚Ich frage mich, wer diese Kinder sind?‘
‚Was spielt das für eine Rolle?‘
‚Aber sie müssen doch irgendwas sein, wenn sie hier unter solchen Umständen leben!‘
Ksü drehte den Kopf und überfuhr beinahe einen riesigen zotteligen Hund, der mitten auf der Straße lag und sich vom Lärm des Mopeds nicht aufschrecken ließ. Sie warf mir einen seltsamen Blick zu.
‚Das sind Menschen, Juli. Menschen.'“

Alle Bände der Trilogie

1. Spiegelkind
2. Spiegelriss
3. noch ohne Titel

Trailer zum Buch

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Leseprobe (PDF) beim Verlag
Website zur Trilogie

Persönliche Bewertung

Tiefsinniger erster Teil einer Dystopie, der viele Fragen offen lässt

4 von 5

Ist eine Welt erstrebenswert, in der die „Normalität“ zur Perfektion getrieben wurde? Dies ist nur eine der Fragen, denen Alina Bronskys Roman nachgeht. Schon der Prolog der Geschichte lässt erahnen, worum es in „Spiegelkind“ geht. Es geht um ein düsteres Geheimnis, das die Protagonistin umgibt. Sie ist anders, doch sie weiß nicht genau, worin ihre Andersartigkeit besteht. Zusammen mit Juli erlebt der Leser die Verwirrung angesichts der unverständlichen Ereignisse und die Ungeduld, während sich Julis Fragen quälend langsam beantworten, zum Teil aber auch bis zur letzten Seite unbeantwortet bleiben. Die Frustration der Hauptperson überträgt sich auf seine Leser, was vermutlich beabsichtigt war und die Geschichte näher am Leser wirken lässt. Etwas ärgerlich wird es dann, wenn dem Leser Informationen, die Juli endlich bekommt, vorenthalten werden – vermutlich, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Das Buch ist der erste Teil einer Trilogie, lässt aber auch für den Auftakt einer Geschichte zu viele Fragen offen. Während dieses Vorgehen in einigen Lesern Ungeduld hervorruft, steigert sie für andere die Spannung und Vorfreude auf den zweiten Band – eine Gratwanderung, mit der es Alina Bronsky sicherlich nicht allen Lesern rechtmachen wird.

Um „Spiegelkind“ nicht unrecht zu tun, muss der Anspruch des Buches hervorgehoben werden. Die Autorin hat in ihrer Geschichte eine Dystopie geschaffen, die sich dem Leser erst Stück für Stück in ihrem harmlos erscheinenden Grauen offenbart. Die scheinbar normale Welt der Protagonistin verwandelt sich im Laufe des Buches immer mehr in eine beunruhigende und bedrückende Welt, deren lethargische und voreingenommene Normalbevölkerung in jedem kritischen Leser Entsetzen und Unverständnis hervorrufen muss. Damit bietet „Spiegelkind“ ausreichend Gedankenanstöße, die sich wunderbar auch auf unsere Gesellschaft übertragen lassen. Von der Toleranz für vermeintlich Andersartige und fremde Menschen und das Mitläufertum, über eine Erziehung, die aus Kindern unkritische und vorurteilsbelastete Bürger formt, bis hin zur Klassengesellschaft oder der Frage, ob man seine Kinder vor allem Bösen beschützen und sie in einer behüteten Seifenblase aufziehen oder sie lieber auf die schlimmen Dinge in der Welt vorbereiten sollte.

Spiegelkind ist in einer ansprechenden Sprache geschrieben, die der Geschichte Leben einhaucht und dem Leser ihre Charaktere näherbringt. Zu kritisieren ist allerdings, dass die Handlungen und Motivationen der einzelnen Personen nicht immer logisch nachvollziehbar sind. So ist es etwas verwunderlich, dass sich Juli nach ihrer anfänglichen Abneigung so schnell mit Ksü anfreundet und sich auf sie einlässt. Zu erklären ist ihr Stimmungswechsel vielleicht mit ihrer liberalen und toleranten Erziehung durch ihre Mutter, die einen Gegenpol zur Indoktrination der Gesellschaft bildet. Etwas befremdlich ist es dennoch, warum Ksü bei ihrem rebellischen und ablehnenden Verhalten überhaupt das Lyzeum besucht, und vor allem, warum sie Juli so vorurteilsfrei und freundlich begegnet, nachdem diese ihr mit so offener Antipathie entgegentrat. Allerdings verhalten sich auch im realen Leben Menschen nicht immer streng logisch und nachvollziehbar, sodass man der Autorin diesen Punkt nachsehen mag. Stattdessen bleibt die Vorfreude und Spannung auf den zweiten Teil der Reihe, der im Gegensatz zu „Spiegelkind“ hoffentlich mehr Fragen klären als neu aufwerfen wird.

Fazit

Ein Buch, das zwar nicht die höchste Spannung bietet, aber seine Leser zum Nachdenken über wichtige gesellschaftliche Themen anregt und damit hoffentlich einen Beitrag zu einer toleranteren und kritischeren Gesellschaft leisten kann.

ISBN10
3401067982
ISBN13
9783401067988
Dt. Erstveröffentlichung
2012
Gebundene Ausgabe
304 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 11 Jahren