So soll er sterben

Autoren
Übersetzer
Claus Varrelmann
Heike Steffen
Verlag
Goldmann Verlag

Zusammenfassung zu “So soll er sterben”

In Knoxland, einer heruntergekommen Edinburgher Plattenbausiedlung ist ein Mord geschehen – und der Tote ist eindeutig dunkelhäutig. Gibt es einen rassistischen Hintergrund? Denn in der berüchtigten Sozialbauten-Siedlung liebt man die Einwanderer und Asylanten gar nicht: Sie sollen wieder dahin verschwinden, wo sie hergekommen sind. DI John Rebus, der mittlerweile zusammen mit Shiobhan Clarke in das Revier nach Gayfield Square versetzt wurde, beginnt zu ermitteln. Und findet keine Spur. Unterdessen untersucht Siobhan den Fall von Skeletten, die im Keller eines Pubs im Rotlichtbezirk gefunden wurden. Und sucht daneben, quasi halbprivat, nach einem Mädchen, die die Schwester eines Vergewaltigungsopfers ist. Über viele Stolpersteine hinweg gelingt es Rebus, die Identität des Mordopfers herauszufinden. Es handelt sich um einen Kurden, der, als sein Leben bedroht war – er war Journalist, aus seiner Heimat geflohen ist. Zusammen mit seiner Familie. Die sitzt in Whitemire in West Lothian ein, einem Abschiebegefängnis. Das, wie sich später herausstellt, einer der größten Arbeitgeber in der strukturschwachen Gegend ist. Auch Shiobhan kommt mit ihren Ermittlungen weiter – und entdeckt, dass die Skelete gar nicht echt sind. Langsam laufen die verschiedenen Fälle zusammen – Rebus und Siobhan treffen immer wieder aufeinander. Alle Spuren führen in die Edinburgher Unterwelt, geradewegs zum organisierten Verbrechen. Irgendwann begreift Rebus, dass er auf Spuren von Menschenhandel in großem Ausmaß gestoßen ist – auf der einen Seite. Auf der anderen Seite erfährt Rebus am Beispiel von sowohl Whitemire, aber auch in der schlichten Einfachheit, mit der der Menschenhandel funktioniert, dass irgendetwas nicht so stimmt mit der Einwanderungspolitik. Denn niemand will die Fremden haben. Auch der ermordete Kurde war auf die Spuren des Menschenhandels gestoßen: dass bedeutete dann auch seinen Tod. Nur, wer profitiert von dem Menschenhandel? Denn das wäre ja wohl logischerweise der Täter – oder zumindest der Auftraggeber. Nur eines sei hier verraten – ein guter Bekannter von Rebus taucht am Ende wieder auf. Und DI Rebus gelingt es zumindest noch, einen Deal auszuhandeln, der zwar die Welt nicht ändern wird, aber immerhin das Leben von einigen wenigen Menschen. Und eines sei noch verraten – natürlich beschränkt die Handlung sich nicht auf den hier erzählten Plot: Es gibt noch etliche Handlungsstränge mehr – es gibt zwischenmenschliche Töne, es gibt Leid, es geht um Arbeitsplätze, um Schundblätter, und, und, und …denn die Realität ist komplex – und Rankin versucht sie einzufangen. Das muss man erst mal aushalten.

Wichtige Charaktere

  • DI John Rebus
  • Siobhan Clarke

Zitate

„Er führte sie in das Gefängnis hinein. Denn in Rebus Augen war es nichts anderes als das, ungeachtet der gestelzten offiziellen Bezeichnung. Traynor erläuterte die Sicherheitsvorkehrungen. Wenn sie normale Besucher gewesen, hätte man ihre Fingerabdrücke genommen, sie fotografiert und mit einem Metalldetektor abgetastet. Das Personal an dem vorüber kamen, trug blaue Uniformen und einen Schlüsselbund an einer Kette. So wie in einem Gefängnis. Traynor war Anfang dreißig. Der dunkelblaue Anzug wirkte maßgeschneidert. Sein dunkles Haar trug er links gescheitelt. Es war ziemlich lang, sodass er es sich gelegentlich aus den Augen streichen musste.“

„Er hatte seine Plattensammlung durchgesehen und Alben herausgekramt, die seit Jahren ungespielt im Schrank lagen: Montrose, Blue Oyster Cult, Rush, Alex Harvey … Keines hatte länger als ein paar Songs auf dem Plattenteller gelegen, bis er zu Goat`s Head Soup gekommen war. Eine wahre Soundsuppe, jede Menge Ideen in einen Topf gerührt, doch nur die Hälfte der Zutaten trug zu einer Geschmacksverbesserung bei. Trotzdem besser – melancholischer -, als er es in Erinnerung hatte. Auf einigen Liedern war Ian Stewart zu hören. Der arme Stu, er war unweit von Rebus in Fife aufgewachsen und später ein vollwertiges Mitglied der Stones gewesen, bis der Manager beschieden hatte, dass er nicht das richtige Image besaß. Die Band hatte ihn nur noch für Studienaufnahmen und Tourneen engagiert. Stu, der nicht aufgegeben hatte, obwohl sein Gesicht nicht erwünscht war. Rebus konnte gut nachempfinden, wie sich das anfühlte.“

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Leseprobe
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Persönliche Bewertung

Kein Pageturner, dafür ein grandioses, extrem düsteres Gesellschaftspanorama, das dem Leser schnell eigene Vorurteile vor die Augen führt.

5 von 5

„So soll er sterben“ ist der fünfzehnte Krimi mit DI John Rebus. Mit dieser Krimi-Serie hat Ian Rankin sich zu Großbritanniens führendem Krimi-Autor hochgeschrieben und ist auch von den internationalen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Seine Romane haben fast alle Preise abgeräumt, die man für Krimis so bekommen kann: Von der englischen Königin wurde Rankin für seine Verdienste um die Literatur der „Order of the British Empire“ verlieren. So viel zum Autor. Von dessen Verdiensten sich dann auch etliches im Buch spiegelt. „Fleshmarket Street“ (der deutsche Titel geht gar nicht!) ist definitiv kein typischer Krimi oder gar Thriller. Das Buch ist ein Epos über die Verwerfungen unserer Zeit und deswegen auf jeden Fall irgendwie deprimierend. Denn es gibt keine Lösungen für die im Roman angesprochenen Probleme wie beispielsweise den Umgang mit Asylbewerbern, soziale Verwerfungen, schlechte Bildungssysteme, Perspektivlosigkeit. Das sind allesamt chronische Probleme – und Rankin macht sie mit aller Macht deutlich. Dabei bietet er auch keine Lösung – aber er bezieht für sich selbst, beziehungsweise für DI John Rebus, ganz deutlich Stellung. Und führt dabei dem Leser das eine oder andere Mal ziemlich deutlich vor Augen, wie schnell man dazu neigt, selbst das eine oder andere Vorurteil zu pflegen, die eine oder andere schlecht zusammengeschusterte politische Problemlösung als gegeben hinzunehmen, anstatt zu hinterfragen. Das ist eine Menge Stoff für Krimi. Und so ist das Durchhaltevermögen des Lesers denn auch gefragt. Wer Spannung aus diesem Buch ziehen will, muss die Bereitschaft mitbringen, sich für die brennenden Fragen unserer Realität zumindest zu interessieren. Und er muss hinschauen wollen, und es aushalten, wenn Rebus sich auf den Weg durch das nächtliche Edinburgh macht und plötzlich die Parallelwelt der Illegalen entdeckt. Irgendetwas läuft schrecklich falsch – nicht nur in Schottland. Nur, wer übernimmt die Verantwortung dafür? Ian Rankin gibt eine klare Antwort: Da wo klare gesetzliche (und menschliche) Regeln fehlen, ist es immer und überall das organisierte Verbrechen, das in die Lücke springt. Ob der Leser sich derart real komplexen Stoff, der nur notdürftig auf Krimi getrimmt ist, zutraut, muss ihm selbst überlassen bleiben. Die Rezensentin kann nur anmerken, dass dieser Roman seine Spannung aus den skizzierten (gesellschaftlichen) Problemen zieht. Und wer sich damit nicht auseinandersetzen mag, wird das Buch wohl als quälend langweilig empfinden.

Fazit

Grandioses, extrem düsteres Gesellschaftspanorama, das dem Leser die eigenen Vorurteile vor die Augen führt. Definitiv kein Pageturner! Die Spannung resultiert aus ganz realen Problemen – Einwanderung, organisiertes Verbrechen, marode Sozialsysteme, Abschiebehaft, etc.

Originaltitel
Fleshmarket Close
ISBN10
3442464404
ISBN13
9783442464401
Dt. Erstveröffentlichung
2005
Taschenbuchausgabe
592 Seiten