Lockwood & Co. (1) – Die Seufzende Wendeltreppe
Zusammenfassung zu “Lockwood & Co. (1) – Die Seufzende Wendeltreppe”
Lucy Carlyle besitzt ausgeprägte übersinnliche Fähigkeiten, die es ihr ermöglichen, Geistererscheinungen zu hören. Damit sollten die Voraussetzungen ideal sein, um als Agentin Geisterwesen zu jagen und zu vernichten. Doch nach einem Unglücksfall, in dem Lucy nicht auf ihr Gefühl hört und der Agenturchef ihre Warnungen nicht ernstnimmt, sodass ihre Kollegen ums Leben kommen, beschließt sie zu fliehen und in London ein neues Leben zu beginnen. Nachdem keine der großen renommierten Agenturen sie annimmt, bewirbt sie sich schließlich bei Lockwood & Co. Sie stellt schnell fest, dass es sich um keine gewöhnliche Agentur handelt, denn sie besteht nur aus zwei Jungen, erwachsene Berater (die wegen ihres Alters Geisterwesen nicht mehr wahrnehmen können und deshalb nicht mehr selbst auf Geisterjagd gehen können) fehlen vollkommen. Da ihr keine andere Wahl bleibt und ihr Anthony Lockwood sympathisch ist, tritt sie die Stelle an.
Als in einem Fall etwas schiefgeht und sie mit einer Leuchtbombe das Haus einer Klientin abbrennen, verlangt diese nicht nur eine horrende Summe Schadensersatz, sondern es ist ihnen auch die BEBÜP (die Behörde zur Erforschung und Bekämpfung Übersinnlicher Phänomene) auf den Fersen. Lockwood und seine beiden Kollegen Lucy und George brauchen dringend Aufträge, um ihren Ruf wieder herzustellen und Geld zu verdienen. Hinzu kommt, dass Lucy, bevor das Feuer ausbrach, eine Kette mitgehen ließ, die der spukenden Toten gehörte. Diese Kette gibt ihnen Hinweise auf die Identität des Mädchens und auf ihre grausame Ermordung. Lucy möchte ihren Mörder unbedingt finden und ihn seiner gerechten Strafe überführen. Doch zunächst wartet ein ungewöhnlicher und sehr gefährlicher Auftrag auf die drei Agenten, der sie zwar von ihren Schulden befreit, sie jedoch auch das Leben kosten kann…
Wichtige Charaktere
- Lucy Joan Carlyle
- Anthony Lockwood
- George Cubbins
- Annie Ward
- Hugo Blake
- John William Fairfax
- Inspektor Barnes
- Mrs Hope
Zitate
„Seit Marissa Fittes und Tom Rottwell in den ersten Jahren nach dem Auftauchen des Problems ihre bahnbrechenden Untersuchungen durchgeführt hatten, ist es für jeden Agenten das vordringlichste Ziel, die Quelle einer Heimsuchung ausfindig zu machen. Selbstverständlich bieten wir auch andere Leistungen an. Wir statten Häuser mit Schutzvorrichtungen aus und geben Klienten Ratschläge, wie sie für ihre leibliche Sicherheit sorgen können. Wir platzieren Salzfallen in Vorgärten, umwickeln Türklinken mit Eisenblechstreifen, hängen Amulette über Babybetten und versorgen die Kunden mit Lavendel-Räucherstäbchen, Geisterlampen und Schutzartikeln des täglichen Gebrauchs. Aber das Kernstück unserer Arbeit ist immer das Gleiche: den Ort oder den Gegenstand ausfindig zu machen, der die Verbindung mit dem betreffenden ruhelosen Toten darstellt.“
„Er war ein kleiner Mann in einem dunklen, ziemlich zerknitterten Anzug. Seine braunen Schuhe waren abgewetzt und die Hosenbeine ein bisschen zu lang. Der braune Regenmantel reichte ihm bis zu den Knien, auf seinem Kopf saß eine braune Wildledermelone. Er hatte schüttere, strähnige Haare, aber dafür war sein Schnurrbart ein echtes Prachtexemplar, dicht und struppig wie eine noch nie benutzte Scheuerbürste. Sein Alter konnte ich schwer einschätzen. Er mochte erst um die fünfzig sein, aber mir erschien er uralt, nicht mehr weit davon entfernt, selbst zu einem Besucher zu werden. Er wirkte so verhärmt und trübsinnig, als hätte man ihm unter Vollnarkose alle Lebensfreude abgesaugt. Die dicken, schweren Tränensäcke unter seinen Augen zeugten davon. Die Augen selbst jedoch waren wach und lebhaft.“
Trailer zum Buch
Links
Persönliche Bewertung
Brillant erzählte Geister(jäger)geschichte der besonderen Art
Eine Geschichte um Geisterjäger? Was nach einem abgegriffenen Thema klingt, setzt Jonathan Stroud äußerst kreativ, scharfsinnig und unterhaltsam um. Von flacher klischeehafter Geistergeschichte keine Spur, stattdessen erwartet den Leser Spannung und Humor auf über 400 Seiten. Die Kulisse der Handlung ist eine Gesellschaft, die der unseren ähnlich ist, jedoch durch Geistererscheinungen geprägt wird. Diese Erscheinungen bettet Stroud in einen geschichtlichen Zusammenhang ein und unterfüttert sie mit ebenso amüsanten wie originellen Einzelheiten: Da droht die Geistersieche, wenn Menschen von Geistern berührt werden, als deren Gegenmittel eine Adrenalinspritze eingesetzt wird. Im Kampf gegen die „Besucher“ und zur Neutralisierung ihrer Quelle werden „Plomben“ verschiedener Größe aus Eisen und Silber eingesetzt, immer abhängig von der Stärke des Geistes: Die Agenten haben die Wahl zwischen Dosen, Rohren, Nägeln, Netzen, Armbändern und Ketten. Die Regierung hingegen „löst“ das Problem der Heimsuchungen durch Geisterlampen, die jedoch wenig helfen und vor allem ein Ziel zuverlässig erfüllen: Die Bevölkerung zu beruhigen und ihnen zu zeigen, dass gegen die Bedrohung etwas unternommen wird. Parallelen zu unserer Gesellschaft drängen sich hier geradezu auf…
Erzählt wird „Lockwood“ durch eine Ich-Erzählerin, und so erlebt der Leser die Geschichte durch die Augen von Lucy, einem eigenwilligen, mutigen und temperamentvollen Mädchen, das wunderbar von seinen beiden Kollegen ergänzt wird. Während Anthony Lockwood stets stolz und stilvoll erscheint, ja ihn eine gewisse mysteriöse Aura umgibt, ist George der bequeme und ironische, unterschätze kluge Kopf des Teams, dem die Spontaneität und die mangelnde Vorbereitung seiner beiden Kollegen ein Graus ist. Diese drei so unterschiedlichen aber alle auf ihre Art sympathischen oder zumindest faszinierenden Hauptfiguren sind es, die maßgeblich für den Charme des Buches verantwortlich sind. An der geballten Ladung an Situationskomik, an erheiternden Dialogen und nicht unproblematischen zwischenmenschlichen Beziehungen liegt es, dass man sich sehr gut weitere Bände um die drei Agenten vorstellen kann. Dieser Band endet mit einer überraschenden Auflösung im gefährlichen Spukhaus und lässt auf Folgebände hoffen, in denen vielleicht das Geheimnis um Anthony Lockwoods Eltern geklärt und weitere Typen von Geistern und Geisterbekämpfungen vorgestellt werden.
Doch nicht nur der Inhalt des Buches überzeugt, auch die Aufmachung unterstützt die Lesefreude: Ein echter Hingucker sind die Vignetten zu Beginn der Kapitel – leider findet sich im Buch jedoch keine Angabe über den Namen des talentierten Künstlers. Unabhängig davon, wer sie geschaffen hat, passen sie hervorragend zur geheimnisvoll-düsteren Atmosphäre der Geschichte.
Fazit
Geschichten um Geister und Geisterjäger gibt es viele, man müsste also meinen, dass es in diesem Genre nichts Neues mehr geben könne. Jonathan Stroud gelingt es jedoch grandios, eine düstere Atmosphäre zu schaffen und gleichzeitig seine Geschichte mit so viel Witz und eigenwilligen Charakteren auszustatten, dass man die Agentur Lockwood & Co. gern weit über die mehr als 400 Seiten des Buchs hinaus begleiten möchte. Umso erfreulicher, dass dies der erste Band ist und man so auf Fortsetzungen hoffen darf. Ein toller Erzähler!
- Originaltitel
- Lockwood & Co #1
- ISBN10
- 3570156176
- ISBN13
- 9783570156179
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013
- Gebundene Ausgabe
- 432 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 12 Jahren