Schauergeschichten aus dem Schlund des Tunnels

Autoren
Illustrator
David Roberts
Übersetzer
Beatrice Howeg
Verlag
Bloomsbury K & J

Zusammenfassung zu “Schauergeschichten aus dem Schlund des Tunnels”

Die Ferien sind zu Ende und der Junge Robert Harper fährt mit dem Zug zurück ins Internat. Vor seiner Abreise warnt ihn seine etwas abergläubische Stiefmutter vor der Reise, erzählt von einem Unglück und einem mysteriösen Kuss. Robert lässt sich nicht beeindrucken und sitzt schon bald zusammen mit verschiedenen Reisenden in einem Abteil. Ihm gegenüber sitzt eine noch recht junge hübsche Dame, die ganz in weiß gekleidet ist. Robert schläft ein, und als er plötzlich wieder erwacht, stellt er fest, dass der Zug in einer Felsenschlucht direkt vor einem Tunnel steht und außer ihm nur die Dame in Weiß noch wach ist.

Um die Zeit zu überbrücken erzählt ihm die geheimnisvolle Dame verschiedene schaurige Geschichten, die ein seltsames Grauen in Robert wecken und ihn vermuten lassen, dass etwas Ungreifbares hinter den Erzählungen steckt. Die Dame erzählt ihm von einem Gewächshaus mit einer mörderischen Pflanze, von einer Insel mit einem unheimlichen Geheimnis, von einer Gouvernante, die sich einem düsteren Geheimnis um ihre Schützlinge gegenübersieht, von „kleinen Menschen“, von einem Ort, deren Bewohner sich auf scheinbar abergläubische Weise einem „buckligen Stein“ verbunden fühlen, von einem unheimlichen Puppentheater, von einem geheimnisvollen Riss in der Wand und ähnlichen unheimlichen Dingen, die sich Robert allzu lebhaft vorstellen kann…

Wichtige Charaktere

  • Robert Harper
  • Roberts Stiefmutter
  • die Dame in Weiß
  • die anderen Reisenden: ein Bischof, ein Landwirt, ein Major und ein Arzt

Zitate

„Das Licht in der Schneise zwischen den Felswänden hatte sich ein wenig verändert. Es schien, als wären die Felsen jetzt noch höher und steiler als zuvor. Alles war still wie auf dem Bild: nicht ein Blatt bewegte sich, kein Vogel war zu sehen. Nicht einmal eine Biene oder ein Schmetterling flog durch die Luft.
Ich drückte das Gesicht gegen die Scheibe und versuchte, das Gleis hinunterzusehen, aber ich konnte nichts erkennen. Die Luft in unserem Abteil war verbraucht, und ich stand auf, um das Fenster zu öffnen und ein wenig Luft hereinzulassen. Auch dachte ich, so besser sehen zu können, aber der Riegel klemmte, und bei dem Versuch, ihn aufzubekommen, quetschte ich mir den Daumen. Die Frau in Weiß lächelte mich die ganze Zeit an, als beobachtete sie einen Fisch im Aquarium.“

„Schwester Veronica fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, um sich die Schweißtropfen wegzuwischen, die sich dort gesammelt hatten. Sie atmete tief durch die Nase ein und aus, ihre Nasenflügel weiteten sich. Dann nahm sie Haltung an und lächelte ihr strahlend weißes Lächeln, ein Lächeln, von dem die Mutter Oberin gesagt hatte, es könnte selbst die dunkelsten aller Stunden erhellen.
‚Du kannst so viel rufen und schreien wie du willst, du dummes Kind‘, sagte sie. ‚Diese alten Mauern sind furchtbar dick, und wir sind ein ganzes Stück von der Stadt entfernt. Niemand wird dich hören, und selbst wenn, würde sich niemand darum kümmern.'“

„Roland drehte sich um und rannte los, aber die Fliegen waren schneller als seine Gedanken. Sie flogen ihm ins Gesicht, erstickten ihn, wickelten sich ihm um Mund und Nase wie ein lebendiger Schal.“

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Persönliche Bewertung

Intelligent erzählte und eindrucksvoll geschriebene Gruselgeschichten voller Biss und Witz

5 von 5

Chris Priestley ist der Meister der Schauergeschichten. Genau so sollten Gruselbücher für (ältere) Kinder geschrieben werden: Ohne voyeuristische Blutrünstigkeit oder stumpfe Gewalt, ohne Verherrlichung des Grauens. Stattdessen mischt Chris Priestley britischen bissigen Humor mit intelligenten Geschichten, die nicht auf actionreiche Schocker setzen. Vielmehr baut sich der Schrecken unterschwellig auf und nimmt stetig zu, bis jede Geschichte in einem gewissermaßen offenen aber trostlosen unheimlichen Ende gipfelt. Zu jungen Lesern ist aus diesem Grund eher abzuraten, Kinder ab 12 sollten jedoch ihren Spaß an den Schauergeschichten haben.

Das Konzept der Schauergeschichten ist aus den ersten beiden Bänden bekannt: Der Ich-Erzähler erlebt selbst eine mysteriöse und zunehmend beängstigende Geschichte, in dessen Zentrum eine zwielichtige Person die verschiedenen Schauergeschichten erzählt, denen die Bücher ihre Namen verdanken. Man könnte annehmen, spätestens beim dritten Band wäre das Muster bekannt und würde beginnen zu langweilen. Weit gefehlt! Auch hier fesselt die Geschichte von vorn bis hinten. Zwar sind einige Enden durchaus vorhersehbar, die Geschichten bleiben dennoch spannend und sorgen für den angenehmen Gänsehaut-Effekt mit ihren drastischen, aber nicht plumpen Enden. Für den nötigen Anspruch sorgen gesellschaftskritische Anspielungen und Priestleys bissiger Humor, der sich über Erziehung, Kleinbürgerlichkeit, Etikette und andere Phänomene lustig macht. Seine spitze Zunge und sein grandioser Schreibstil – von Beatrice Howeg eindrucksvoll ins deutsche übertragen – sorgen für ein nachhaltiges und hochvergnügliches Leseerlebnis.

Fazit

Dritter Band einer umwerfenden Reihe, die verschiedene Gruselgeschichten auf unnachahmlich charmante und faszinierend-unheimliche Weise zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügt, an dem auch die gelungenen Illustrationen einen nicht geringen Anteil haben. Ein Buch, das man nicht nur einmal lesen sollte!

Originaltitel
Tales of Terror from the Tunnel's Mouth
ISBN10
3827055024
ISBN13
9783827055026
Dt. Erstveröffentlichung
2012
Gebundene Ausgabe
248 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 12 Jahren