Die Medlevinger
Zusammenfassung zu “Die Medlevinger”
Im Land der Medlevinger lernen schon die Kinder in der Schule die Sagen von den Menschen, von der Welt „oben“. Als sein Vater Vedur, der verrückte Erfinder, dessen Erfindungen nie funktionieren, plötzlich verschwunden ist, macht sich Nis zusammen mit seiner Freundin Moa auf die Suche. Und stellt fest: In Vedurs Werkstatt ist der Zugang zur Menschenwelt versteckt! Diese Welt ist groß und beängstigend, und voller Erfindungen, wie sie Vedur den Medlevingern vorführen wollte. Hier funktionieren sie allerdings.
Nis und Moa treffen auf Johannes, in dessen Hof der Zugang zur Menschenwelt endet, und bitten ihn um seine Hilfe. Der kann kaum glauben, dass es eine Welt voller kleiner Menschen mit magischen Kräften geben soll. Dass Moa eine L-Fee ist und Nis an seinem dreizehnten Geburtstag eine Fibel bekommen hat, die ihm – laut der Sagen – in der Menschenwelt, zusammen mit seinem geheimen Wort, eine geheime Kraft verleiht. Johannes verspricht den beiden zu helfen und sie machen sich auf die Suche nach dem Nachfahren Kains – dem Menschen, dessen Goldgier schuld daran ist, dass Menschen und Medlevinger nicht mehr zusammen wohnen. Im dringenden Verdacht steht Thomas, der Vater von Nis‘ bester Freundin Line und ein langjähriger Freund seiner Mutter…
Wichtige Charaktere
- Johannes Ritter
- seine Mutter Britta Ritter
- seine beste Freundin Line Maggewie
- Lines Vater Thomas Maggewie
- der Nachbar Herr Idelung
- der Lehrer Herr Kraidling
- der Nachbar Herr Pokaschinksi
- das Meerschweinchen Pollily
- Kevin, Sascha und Patrick
- Nis und seine Eltern Munna und Vedur
- Moa, Thoril und sein Vater Antak
- der König der Medlevinger
Zitate
„Nis war still. Er wunderte sich, dass er niemals darüber nachgedacht hatte. Natürlich hatte Moa recht. Warum war ihr vom ersten Tag an vorherbestimmt, was sie werden würde? Auch wenn natürlich die L-Feen höher geachtet wurden als jeder andere im Land, der König vielleicht ausgenommen. Aber wenn sie nun etwas ganz anderes tun wollte? Bäckerin werden oder Müllerin, Tischlerin oder Bäuerin? So eine Gabe war ja schön und gut, aber wenn man sie vielleicht gar nicht wollte? Mitbestimmen wenigstens sollte man auch als L-Fee wohl noch dürfen.“
„So lange die Medlevinger denken konnten, war das Tor zum Palast niemals verschlossen gewesen. Wozu auch? Wenn jemand seinen König besuchen wollte, wäre es schließlich unsinnig gewesen, wenn er erst lange hätte läuten müssen. Und wenn der König dann noch jedes Mal extra hätte zum Tor laufen sollen – oder seine kleine, runde Frau –, um es zu öffnen! Was für ein Unfug.“
„’Und?‘, fragte sie. ‚Wie seh ich aus?‘
Johannes fand, dass sie aussah wie immer. So viel änderten gezupfte Brauen und Wimperntusche und Make-up und Lippenstift schließlich auch nicht. Aber das sagte er lieber nicht.“
Persönliche Bewertung
Ein packendes, tiefgründiges Fantasymärchen
„Die Medlevinger“ ist eine Fantasygeschichte, ein Märchen, ein Krimi und eine Abenteuergeschichte zugleich. Einfühlsam und einfallsreich erzählt Kirsten Boie die Geschichte von zwei Völkern – den Menschen und den Medlevingern – und ihren Gegensätzen. Einfache Bedürfnisse, Zusammengehörigkeitsgefühl und Naivität treffen auf Erfindergeist, Berechnung und Schnelllebigkeit. Kirsten Boie zeigt wunderbar, dass beide Extreme ihre Vor- und Nachteile haben und dass auch in einem Volk nicht alle Menschen gleich sind: In der Menschenwelt gibt es hilfsbereite und selbstlose Bewohner, genauso wie es in der Welt der Medlevinger Bewohner gibt, die einen der ihren hinter vorgehaltener Hand auslachen, nur weil seine vielgepriesenen Erfindungen nicht funktionieren.
Die Geschichte weist zwar einige Züge auf, die aus Märchen oder Fantasygeschichten bekannt sind, weicht jedoch von den verbreiteten Klischees ab. Der König der Medlevinger und seine Frau werden zwar mit „Majestät“ angesprochen, sind jedoch erfreulich volksverbunden, die Tür ihres Palastes steht immer offen, sie werden von jedem geduzt und behandeln ihr Volk als ebenbürtig. Der unbeholfene und wenig redegewandte König ist dabei einer der humorvollsten und wunderbarsten Charaktere des Buches.
Kirsten Boie erzählt nicht nur eine äußerst spannende und aufregende Geschichte, sie regt ihre Leser auch zum Nachdenken an: Da gibt es die L-Fee (nicht „Elfe“ – woher das Wort kommt, lernt der Leser natürlich auch im Buch!) Moa, die ihren vorbestimmten Weg hinterfragt. Johannes‘ Mutter ist eine alleinerziehende und noch recht junge Mutter, die wegen ihrer frühen Schwangerschaft ihre Schule nachholen muss und keine Ausbildung beenden konnte. Line wird dagegen nur von ihrem (arbeitslosen und damit chronischen geldlosen) Vater erzogen. Die beiden modernen Kleinfamilien weichen von der Klischee-Bilderbuchfamilie mit zwei Elternteilen ab und greifen reale Probleme auf. Ebenso aktuell ist das Thema Mobbing, das Kirsten Boie einfühlsam und überzeugend in ihre Geschichte einbaut. Sie zeigt nicht nur, wie sich Gewaltszenen mitten am Tag sogar in recht belebten Gegenden abspielen können (weil niemand genau hinsieht, niemand sich das Wohl der anderen interessiert), sondern auch, warum bestimmte Kinder andere mobben und verprügeln. Damit haben „Die Medlevinger“ alles, was einen guten Roman ausmacht: Eine spannungsvolle Geschichte, interessante Charaktere, eine verborgene und faszinierende Welt und ganz reale alltägliche Probleme, mit denen sich die Leser identifizieren können und die zum Nachdenken anregen. Und das Ganze in einer ansprechenden bildhaften Sprache, die die Geschichte der Medlevinger zum Leben erweckt.
Fazit
Eine großartige Abenteuergeschichte – phantasievoll, modern, packend und anspruchsvoll!
- ISBN10
- 3789131555
- ISBN13
- 9783789131554
- Gebundene Ausgabe
- 432 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 10 Jahren