Das Haus der Schwestern
Zusammenfassung zu “Das Haus der Schwestern”
Barbara, eine erfolgreiche deutsche Anwältin, schenkt ihrem Mann Ralph, der ebenfalls Anwalt ist, wenngleich für Versicherungsrecht, eine Reise zu zweit nach Yorkshire, in das verschlafene Dörfchen Westhill. Der gemeinsame Urlaub in dem abgelegenen Haus ist ein Versuch, die auf Eis gelegte Ehe zu retten. Dass die beiden über die Weihnachtsfeiertage komplett einschneien, ist dabei nicht geplant. Kontakt mit der Außenwelt lässt sich nicht mehr herstellen, der Strom ist ausgefallen, und zu allem Übel ist auch kaum noch Essen im Haus. Die Hausbesitzerin Laura, die mit den Vermietungen das Haus unterhält, und während dieser Zeit zu ihrer Schwester reist, macht sich, als sie von dem Schneechaos erfährt, große Sorgen um ihre Mieter. Denn sie fürchtet, wie bei jeder anderen Vermietung auch, dass ihre Mieter etwas finden könnten, wonach sie selbst bereits seit Jahren verzweifelt sucht. Und tatsächlich – bei der Brennholzsuche im Schuppen stolpert Barbara über ein altes Manuskript, das sich als der Lebensbericht der nun schon verstorbenen vorherigen Hausbesitzerin Frances Gray entpuppt, den Barbara sofort zu lesen beginnt. Das Leben der Frances Gray beginnt in einem anderen Jahrhundert. Sie wächst zusammen mit ihren Geschwistern George und Victoria in Westhill auf. Ihr Vater wurde von seinem Vater enterbt, weil er eine arme Irin – Frances Mutter Maureen heiratete – aus Liebe. Schon als Kind verbringt Frances viel Zeit mit John Leigh, dem Nachbarsjungen aus gutem Hause. Die zwei scheinen füreinander bestimmt. Doch als John Leigh ihr einen Heiratsantrag macht, lehnt die gerademal siebzehnjährige Frances ab – um dann zu ihrer Tante nach London zu ziehen. Hier gerät sie an Alice und in den Strudel der damals sehr aktiven Frauenbewegung. Im Haus der Tante lebt sie mit Phillip, einem selbstmordgefährdeten jungen Mann ihres Alters zusammen, der sich umwendend in sie verliebt. Bei einer Demonstration für die Rechte der Frauen, auf die Frances eher zufällig gerät, wird sie verhaftet, und verbringt eine schreckliche Zeit im Gefängnis. Ihr Vater bittet schließlich seinen Vater, Einfluss geltend zu machen, um Frances aus dem Gefängnis zu holen – und verzeiht ihr diesen Gang nach Canossa nie. In London kommt Frances nicht wieder zu Kräften, fängt aber dennoch eine Affäre mit dem labilen Phillip an. Schließlich überwältigt sie das Heimweh, und sie beschließt, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, in das heimische Westhill zurückzukehren. Hier erwartet sie ein Schock. Sie stolpert direkt in die Hochzeit ihrer Schwester Victoria mit John Leigh. Zudem nimmt Phillip sich in London aus enttäuschter Liebe das Leben. Frances flieht zurück nach London, zu Alice, die mit Frances Bruder George zusammenlebt. Der „Ernst des Lebens“ hat Frances nun eingeholt. Sie muss arbeiten, um für ihren Unterhalt zu sorgen. Der Erste Weltkrieg bricht aus. Frances Bruder George wird eingezogen. Als George schwer verwundet wird, gehen Francis und Alice nach Frankreich, um George zu pflegen. Doch dieser hat einen traumatischen Schock erlitten, von dem er sich nie wieder erholen wird. Als George nach England verlegt wird, beschließt Frances, sich auf die Suche nach John Leigh zu machen, der als vermisst gilt. Als sie John findet, der ebenfalls in ein Lazarett eingeliefert wurde, beginnen die beiden eine leidenschaftliche Affäre. Als Frances nach den Wirren des Krieges wieder nach Westhill zurückkehrt, erlebt sie den nächsten Schock. Ihre Mutter Maureen ist gerade bei der Geburt des vierten Kindes verstorben. Frances übernimmt die Verwaltung der Farm, da ihr Vater den Tod seiner Frau nicht verwinden kann. Irgendwann zerbricht auch Victorias Ehe, und die Schwester kehrt ebenfalls nach Westhill zurück. Westhill wird zum Haus der Schwestern. Bis der nächste Krieg auch dort seine Spuren hinterlässt. Welche das genau sind, und welche Geheimnisse das Haus der Schwestern der Anwältin Barbara offenbaren wird, möge der geneigte Leser selbst erkunden.
Wichtige Charaktere
- das deutsche Ehepaar Barbara und Ralph
- das Haus der Schwestern und seine Bewohner
- das Leben der Frances Gray und das ihrer Geschwister und Eltern
Zitate
„Natürlich kann man sich in die Tasche lügen und die eigene Geschichte umschreiben, aber dann stellt sich die Frage, warum man sie überhaupt schreibt.“
„’Du bist so ein entsetzlich guter Mensch, Laura. Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber das kann einen ganz fertig machen. Immer lieb. Immer nett. Immer freundlich, selbst wenn einer auf dir herumtrampelt. So warst du schon immer. Weißt du, wozu du die Leute ringsherum provozierst? Du bringst sie dazu, dich immer schlechter zu behandeln. Man wird nämlich ganz verrückt bei soviel Güte. Und man will einfach sehen, wie weit man gehen kann. …’“
„Später dachte sie, daß auf fatale Weise ihre Hormone durchgedreht haben mußten. Vielleicht war das normal nach eineinhalb Jahren völliger Enthaltsamkeit, obwohl sie die nie als negativ empfunden hatte. Sie war viel zu beschäftigt gewesen, um sich auch nur hin und wieder zu fragen, ob ihr Körper womöglich etwas vermißte. Irgendwie hatte Sex für sie immer etwas mit Disziplinlosigkeit zu tun gehabt. Es führte zu nichts, also konnte man es auch bleibenlassen und statt dessen an einem Plädoyer für den nächsten Tag feilen oder eine Akte durcharbeiten. Etwas musste ihr bisher entgangen sein.“
Persönliche Bewertung
Frauenpower - meisterhaft gezeichnetes psychologisches Drama, fast ein ganzes Jahrhundert umfassend.
Die Handlung dieses psychologisch-historischen Romans umfasst fast mehr als ein Jahrhundert. Zeitraum des Manuskripts sind die Jahre von 1907 bis 1980, über die Jahrtausendwende hinaus wird die Geschichte von den Protagonisten Laura, Barbara und Ralph geführt. So erfährt der Leser viel über die Schrecken der zwei Kriege, aber auch vieles über Normalität, Alltäglichkeit, Schönheit und Wirrnis des menschlichen Lebens. Dabei ist die Sprache – oberflächlich betrachtet – recht einfach gehalten, man stolpert beim Lesen nicht über komplexe Sachverhalte. Und doch sind sowohl der historische Background als auch die Einbettung und Charakterisierung der Personen in ihre Zeit, meisterhaft und recht detailliert ausgestaltet. Und genau darin liegt das Können der Autorin Charlotte Link. Mit scheinbar leichter Hand entführt sie in andere, längst vergangene Zeiten, entblättert Charaktere und ihre Konflikte und offenbart dabei immer ein großes Mitgefühl. Als Kritikpunkt könnte bei diesem konkreten Fall die Geschichte von Laura und Ralph genannt werden, die im Vergleich zur Lebensgeschichte von Frances Gray etwas kurz gerät. Und ob das Buch als Thriller enden musste, bleibe ebenfalls dahingestellt. Daher auch nur vier Sterne.
- ISBN10
- 3442375347
- ISBN13
- 9783442375349
- Dt. Erstveröffentlichung
- 1999
- Taschenbuchausgabe
- 599 Seiten