Der Ozean am Ende der Straße

Autoren
Übersetzer
Hannes Riffel
Verlag
Eichborn Verlag
Anspruch
5 von 5
Humor
3 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
4 von 5

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Zusammenfassung zu “Der Ozean am Ende der Straße”

Ein Mann besucht den Ort, an dem er seine Kindheit verbrachte. Zwar ist sein früheres Zuhause längst abgerissen worden, doch die alte Farm am Ende der Straße gibt es noch immer. Hier setzt er sich an an einen Ententeich, der von seiner Kindheitsfreundin Lettie immer als Ozean bezeichnet wurde, und erinnert sich an einige höchst mysteriöse Ereignisse in seiner Kindheit.

Als der Mann etwa sieben Jahre alt war, kam der Opalschürfer, ein Untermieter seiner Eltern, auf beunruhigende Weise ums Leben. Bei diesem Anlass lernt der Junge das Mädchen Lettie kennen, das zusammen mit seiner Mutter und Großmutter in der Farm am Ende der Straße wohnt. Lettie zeigt ihm den „Ozean“, einen Teich mit Fischen hinter der Farm.Kurz darauf beginnen die Merkwürdigkeiten im Leben des siebenjährigen Jungen: Er wacht mit einem Schilling in seinem Hals auf, an dem er fast erstickt. Als er Lettie davon erzählt, drückt diese sich äußerst rätselhaft aus, erzählt ihm, die Ereignisse hätten mit etwas zu tun, das der tote Opalschürfer ausgelöst habe. Irgendetwas bringt das Leben der Menschen durcheinander, beschert ihnen in ihren Träumen und in der Realität Geld.

Um sich des Problems anzunehmen, nimmt Lettie den Jungen mit, durch den Wald und in eine andere Welt, in der sie auf eine geheimnisvolle Kreatur treffen, die aus Gewebe zu bestehen scheint. Dort scheint es Lettie zwar zu gelingen, die Kreatur zu bannen, doch gelangt bei ihrem Rückweg mit ihnen gemeinsam etwas in ihre Welt. Etwas, das dafür sorgt, dass die Eltern des Jungen eine bedrohliche Haushälterin einstellen und die Probleme erst ihren Anfang nehmen…

Wichtige Charaktere

  • ein Junge
  • seine Schwester
  • seine Eltern
  • Lettie Hempstock
  • Letties Mutter Ginnie
  • Letties Großmutter, die alte Mrs. Hempstock
  • Ursula Monkton
  • der Opalschürfer
  • die Putzer oder Hungervögel

Zitate

„‚Ich bin das alles leid‘, sagte das graue Ding, und die zerschlissene Leinwand schüttelte sich verdrießlich. ‚Etwas kam zu mir und hat mich um Hilfe gebeten, um Liebe angefleht. Es hat mir erklärt, wie ich seinesgleichen glücklich machen kann. Schlichte Geschöpfe sind sie, und alle wollen sie Geld, nur Geld, nichts weiter. Kleine Zeichen der Anerkennung für ihre Arbeit. Wenn es mich darum gebeten hätte, hätte ich ihnen Weisheit gegeben und Frieden, ewigen Frieden …'“

„Ich mochte Mythen. Das waren keine Geschichten für Erwachsene, aber es waren auch keine Kindergeschichten. Sie waren besser. Denn sie waren.
Geschichten für Erwachsene waren immer so wirr, und es dauerte ewig, bis sie in die Gänge kamen. Sie gaben mir das Gefühl, dass Erwachsene irgendwelche Geheimnisse hüteten, mythische Geheimnisse, wie die Freimaurer. Warum lasen Erwachsene nicht gern von Narnia, von einsamen Inseln und Schmugglern und gefährlichen Feen?“

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Leseprobe beim Verlag

Persönliche Bewertung

Ein poetisch-gruseliges Erwachsenen-Märchen

4 von 5

Im Vergleich zu Neil Gaimans bisherigen Romanen erscheint „Der Ozean am Ende der Straße“ vergleichsweise kurz, eher wie eine sehr lange Kurzgeschichte als wie ein vollständiger komplexer Roman. Es ist eine sehr düstere und unheimliche Geschichte, die das empfohlene Lesealter ab 16 Jahren rechtfertigt. Gleichzeitig ist sie voller Poesie und märchenhafter Figuren und Atmosphären. An so manchen phantastisch-kreativen Ideen erkennt man das Talent Neil Gaimans. Beispielsweise wird die Realität von den Hempstocks beeinflusst, indem ein Stück herausgeschnitten und die verbleibenden Ränder penibel zusammengenäht werden. Inhaltlich erzählt Neil Gaiman in seinem surrealen Märchen von Freundschaft und dem Vertrauen in Freunde und in die eigenen Fähigkeiten, davon, für andere Opfer zu bringen. Er vermengt Realität mit magischen Ereignissen und einem Schuss Mythologie, bleibt jedoch an einigen Stellen Erklärungen oder Vertiefungen schuldig, die das Geschehen besser begreifbar machen würden..

Interessant ist, dass der Junge, seine Schwester und seine Eltern im Buch nicht mit Namen genannt werden. Es liegt nahe, dass Gaiman eigene Kindheitserlebnisse verarbeitet, doch könnte jeder der Protagonist, der Ich-Erzähler der Geschichte sein. Erzählt wird aus der Sicht des Jungen, der als einziger bemerkt, dass die neue Haushälterin nicht das ist, was sie vorgibt. Dabei ist kein Charakter der Geschichte wirklich böse. Das Wesen, als das sich Ursula Monkton entpuppt ist zum Beispiel nur bestrebt, jedem das zu geben, was er sich wünscht, auch wenn es damit so einigen Schaden anrichtet. Auch die unheimlichen Hungervögel folgen nur ihrer Natur, nachdem sie einmal gerufen wurden.

So poetisch und stellenweise tiefgründig Neil Gaimans Geschichte ist, erscheint sie gleichzeitig mitunter verwirrend, lässt viel Raum für Spekulationen und Interpretation. Dies beginnt schon bei den märchenhaft-rätselhaften Charakteren. Lettie, ihre Mutter und Großmutter scheinen nicht von dieser Welt, genau erfährt man jedoch nie, was und wer sie eigentlich sind. Hüter? Hexen? Göttinnen? Andere namenlose magische Wesen? Ebenso unklar wie viele Aspekte der Geschichte erscheint das offene Ende, das jeder Leser und jede Leserin selbst weiterdenken und sich erklären muss.

Fazit

Die poetische Sprache des Autors und die besondere Atmosphäre der Geschichte trösten darüber hinweg, dass die Handlung teilweise verwirrend wirkt. Ein lesenswertes Gruselmärchen für Erwachsene mit fantasievollen Elementen, jedoch nicht eines der stärksten Bücher von Neil Gaiman.

Originaltitel
The Ocean at the end of the lane
ISBN10
3847905791
ISBN13
9783847905790
Dt. Erstveröffentlichung
2014
Gebundene Ausgabe
240 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 16 Jahren