Die Kosmonauten

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Verlag
Goldmann Verlag

Zusammenfassung zu “Die Kosmonauten”

Am dritten Oktober 1989 lernen sie sich kennen: die Kunsthistorikerin Rosalie und Georg, der sich gerade aus seinem Leben befreit. Sie werden zu Georg & Rosalie und ziehen nach Berlin, um ihrer Liebe den Rahmen von Freiheit, Unbestimmtheit und Umbruch zu geben. Schnell findet man die beiden im „Obst und Gemüse“ bei Kaffee und Croissant, dabei die gegenüberliegende Kaufhausruine betrachtend. Auf ausgedehnten Spaziergängen, später Radtouren erkunden sie das Ostberlin – wie es sich kurz nach dem Fall der Mauer zwei Zugezogenen präsentiert, die frei von allen Zwängen sind, beispielsweise der Notwendigkeit Geld zu verdienen. Eine Welt in der Würfelschnecken und Telefonzellen vor dem Reichstag eine wichtige Rolle spielen.

Rosalie gelingt es, neben dem Kunststück, einen Wohnberechtigungsschein zu ergattern, auch noch, den Sachbearbeiter im Wohnungsamt Mitte davon zu überzeugen, ihnen zu zweit eine Dreizimmerwohnung in der Krausnickstrasse zuzuweisen. Sehr zu Verwunderung und Unmut von Hausmeister Korkow, mit dem es im Verlauf der Geschichte dann auch etliche Reibungen gibt. Zum Leben der beiden stößt Franziska, ebenfalls Bewohnerin in der Krausnickstrasse, die die einzige Freundin von Rosalie wird. Später lernen Georg & Rosalie den Ostberliner Überlebenskünstler Leonard kennen, der ihr wichtigster Bezugspunkt wird. Mit Galeriebesitzer und  Wohnungsvermittler Edgar kommen die beiden häufig in Kontakt, es entsteht keine enge Beziehung, jedoch wird Edgar zum Sinnbild für den Wandel und die Kommerzialisierung von Kunst aus Berlin Mitte.

Während Berlin entdeckt wird, und sich ändert, schwebt der letzte sowjetische Kosmonaut in einer Sojus-Kapsel um die Erde, mit einer vereisten Backe, ohne Hoffnung auf Wiederkehr, denn die Sowjetunion, die ihn in das All geschossen hat, zerfällt gerade in ihre Bestandteile. Niemand ist für seine Rückkehr zuständig.

Nach vielen Monaten in Freiheit geht Georg & Rosalie das Geld aus. Sie entscheiden, wieder zu arbeiten. Georg wird Aushilfspfleger im Ostberliner Tierpark, Rosalie geht zu einer Werbeagentur. Georg taucht, während er Laub harkt und Raubtierkäfige ausmistet, tief in die reale ostdeutsche Welt ein, angeleitet vom Tierparkdirektor. Rosalie versucht erfolgreiche Stadtmarketingkampangen zu entwerfen – ihr Chef trägt eine grüne Brille. Die Zeit von Georg & Rosalie ist unwiederbringlich vorbei.

Wichtige Charaktere

  • Georg & Rosalie, ein Liebespaar
  • Leonard, ein Freund und passionierter „alte Damen-Versteher“ im Frotteebademantel
  • Kosmonaut Sergej Krikaljow, umkreist mit einer vereisten Backe die Erde ohne Hoffnung auf Wiederkehr
  • Rainer,  Architekt, der die Kaffeetasse am Henkel greift
  • Edgar, Impressario mit sehr schlechten Zähnen
  • Hausmeister Korkow, in brauner Kunstlederjacke
  • Freundin Franziska, mit dunkler Sexstimme
  • Pfarrer Henning, sehr blass
  • Eine Oryx-Antilope, die wie eine sehr häßliche Ziege aussieht und eine tragische Rolle spielt
  • der Tierparkdirektor, dem eine alte NVA-Pistole zum Verhängnis wird

Zitate

„Die Wohnung war ein Palast, aber der Kaiser dazu war schon lange nicht mehr hier gewesen, bloß der Hausmeister“

„Edgar war kein gewöhnlicher Maler, genau genommen malte er überhaupt nicht, er war irgend so eine Art Impressario, und Franziska arbeitete mit ihm zusammen in der Linienstraße.“;

„Es war schön, von Georg umarmt zu werden, aber die Frage der Zugehörigkeit blieb. Es würde sehr wichtig sein, nicht im Leerlauf zu treten. Das Flüchtige und Provisorische ihrer Existenz war anspruchsvoll, die Regeln konnten sich über Nacht ändern. Schon eine kleine Entscheidung beim Renovieren konnte ein Fehler sein.“

„Die ersten Fassaden verschwanden in der Dunkelheit von Nacht und Korruption, Menschen verloren ihre Wohnungen, und die neuen Herrn verzweifelten öffentlich, dass sie nicht auch noch die Mauern in den Köpfen einreißen konnten; die einzigen Mauern, die vor ihnen sicher waren. Schon waren die Helden der Arbeit und der Partei von den Straßenschildern geholt. Bald würden viele Ureinwohner dem Weg ins Exil folgen.“

Persönliche Bewertung

Traumhafte, fast schwerelose Erzählung, die das Berlin der frühen 90ziger Jahre wieder auferstehen lässt – unbedingt lesen!

4 von 5

Ein traumhaftes Buch! Fast schwerelose Sprache verbindet sich mit intensivster Einfühlungsgabe in die Zustände einer Stadt, die sich rasant wandelt. Herausragend die Beschreibung des Ostberliner Tierparks, Precht gelingt es, den Leser direkt dorthin zu beamen. Nicht nur in den Tierpark, die Liebesgeschichte lässt das Berlin der frühen Jahre wiederauferstehen, und bewahrt es damit vor dem Vergessen.

Fazit

Eine vom Berliner Herbst- und Winter durchzogene Liebesgeschichte, die zu einem großen Berlin-Roman wird, exzellent geschrieben – einfach großartige Literatur.

ISBN10
3442472210
ISBN13
9783442472215
Dt. Erstveröffentlichung
2009
Taschenbuchausgabe
413 Seiten