Die Insel des Magiers

Autoren
Übersetzer
Hans-Ulrich Möhring
Verlag
Klett-Cotta Verlag
Anspruch
5 von 5
Humor
4 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
5 von 5

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Zusammenfassung zu “Die Insel des Magiers”

Miranda ist die Königin von Neapel. Eines Nachts, nachdem sie ihre Kinder zu Bett geschickt hat, bekommt sie unerwartetem Besuch von einem „Wilden“. Es ist Kaliban, auf dessen Insel Miranda und ihr Vater Prospero damals in der Verbannung landeten und mehrere Jahre lebten. Miranda hat Kaliban längst vergessen, doch dieser dürstet nach Rache dafür, dass Miranda und vor allem ihr Vater ihn auf seiner eigenen Insel versklavten und sein Zuhause vergifteten. Da Prospero starb, bevor Kaliban ihn in die Finger bekommen konnte, sucht er nun seine Rachegelüste an dessen Tochter zu stillen.

Kaliban hat die Wache betäubt und weiß, dass bis zum Morgen niemand kommen wird. Er bedroht Miranda und zwingt sie dazu, ihm zuzuhören, Kalibans Geschichte aus seiner Sicht anzuhören. Er erzählt von seiner Geburt auf der Insel, von seiner Mutter Sycorax, der Hexe, der man die Zunge aus dem Mund brannte, weil sie eine Hexe war, und die man hochschwanger auf dem Meer aussetzte. Die wie durch ein Wunder überlebte und halbtot am Strand der Insel angeschwemmt wurde, wo sie ihren Sohn zur Welt brachte. Kaliban lernte keine andere Welt kennen als die kleine Insel mit ihren Kreaturen, der kleinen Hütte, der stummen und „verrückten“ Mutter, die ihn abwechselnd schlug und koste, und der Abwesenheit von Sprache und „Zivilisation“. Hier lernte Kaliban auch den Hass und die Rachegefühle kennen, als er eine wilde Sau in eine Falle lockte, weil sie ihn verletzt hatte, um ihre Jungen zu beschützen. Dann jedoch starb Sycorax, als sie an einer Fischgräte erstickte und Kalibans einzige Bezugsperson war verschwunden. Vor Trauer wurde er fast wahnsinnig, hielt sich jedoch am Leben.

Zwei Jahre später landen zwei weitere Menschen auf der Insel – Prospero und seine Tochter Miranda, die noch ein recht kleines Mädchen ist. Kaliban ist anfangs zurückhaltend, doch der listige Prospero gewinnt sein Vertrauen und macht sich Kalibans Liebe zu Miranda zunutze. Er bringt Kaliban die Sprache bei und lehrt ihn allerhand Wissen aus der Zivilisation. Bald schon jedoch ist Kaliban mehr ein Sklave als ein Familienmitglied – er muss das neue Haus fast alleine bauen und darf dennoch nur in einer kleinen Hütte daneben schlafen, er muss viel Arbeit verrichten, während sich der Gelehrte Prospero in seiner Kammer einschließt. Zum großen Konflikt kommt es, als Kaliban, der Miranda liebt, ihr versucht näherzukommen und diese ihn trotz ihres Einverständnisses aus Angst an ihren Vater verrät. Prospero bestraft Kaliban und behandelt ihn fortan noch schlechter, woran auch Mirandas heimliches Mitleid nichts ändern kann.

Als schließlich ein Schiff auf der Insel landet und Miranda und ihren Vater mitnimmt, wird Kaliban zurückgelassen. Er lebt noch etliche Jahre auf der Insel und sinnt nach einer Möglichkeit sich zu rächen. Schließlich gelingt die Flucht von der Insel und so steht er nun in Mirandas Schlafzimmer, um sie zu töten und damit Rache zu üben…

Wichtige Charaktere

  • Kaliban (Caliban im Original)
  • Kalibans Mutter Sycorax
  • Miranda
  • Mirandas Vater Prospero

Zitate

„Während so auf unserer Insel die Jahreszeiten einander ablösten, strebte ich danach, mich der Bemühungen deines Vaters würdig zu erweisen. So gierig, wie ich vorher die Fische genommen hatte, schnappte ich nach den Bildungsbrocken, die er mir hinwarf. Stundenlang sagte ich mir die Namen der Dinge um mich herum vor, ohne dabei zu merken, dass sich mir nur deswegen eine neue Welt auftat, weil mir vor lauter Namen, vor lauter Worten meine eigene Welt immer mehr entschwand.“

„Falls ich tatsächlich jemals ein Tier war – der Funke in mir empört sich gegen den Gedanken -, dann in jener Zeit. Bevor ihr auf meine Insel kamt, war ich keiner Sprache mächtig gewesen, aber ich hatte Hoffnung und Freude und schlichte Lebenslust gekannt; jetzt war das alles dahin. Ich verlor jeden Sinn für etwas anderes als viehische Plackerei, und meine Seele suhlte sich in dumpfem Elend. Ich war wahrhaftig der Lehmkloß.“

Persönliche Bewertung

Shakespeare's 'Sturm' poetisch und mitreißend neu erzählt

5 von 5

Tad Williams ist ein großartiger Erzähler, der vermag die Geschichte fesselnd neu zu erzählen. Während man als Leser am Anfang Mitleid mit Miranda empfindet und das „Ungeheuer“, das sie bedroht, als abstoßend und barbarisch wahrnimmt, kehrt sich dieses Bild im Laufe der Erzählung immer weiter um, bis sich der Abscheu vor allem auf Mirandas Vater bezieht. Die Zivilisation mit ihren Lügen und Nutzlosigkeiten wird derart in Frage gestellt, dass das „wilde“ aber vergleichsweise freie und unschuldige Leben auf der Insel so viel sympathischer und erstrebenswerter erscheint. Sowohl Kalibans Innenleben als auch die Wandlung der anderen Charaktere sind mitreißend beschrieben, die Krönung ist ein überraschendes Ende, das weder Happy End noch trauriges Ende ist.

Fazit

Ein umwerfendes Buch, das leider nicht mehr verlegt wird – großartig geschrieben und spannend bis zum Schluss.

Originaltitel
Caliban's Hour
ISBN10
3608935576
ISBN13
9783608935578
Dt. Erstveröffentlichung
1995
Gebundene Ausgabe
238 Seiten