Tim und die Antwort auf nichts
Dramatiker erzählen für Kinder
Zusammenfassung zu “Tim und die Antwort auf nichts”
Der neunjährige Tim besitz sehr viele Bücher, ganz genau 999, mit denen er seinen Wissensdurst stillt. Aus Angst die Fragen zu vergessen, die ihm weder seine Bücher noch Menschen beantworten können, vermerkt er sie auf kleinen gelben Zetteln. Als seine Eltern beide für vier Wochen verreisen müssen, der Vater nach Peking, die Mutter nach New York, bietet sich ihm eine ungeahnte Möglichkeit, mit seinen vielen unbeantworteten Fragen umzugehen. Denn da die Nachbarin Frau Krakengurk von nebenan zum Aufpassen nicht zur Verfügung steht, sie wird auf ihrer im Preisausschreiben gewonnenen Kykladen-Kreuzfahrt sein, muss Tim zu seiner Uroma, von deren Existenz er bisher gar nichts wusste. Damit beginnt eine Zeit, die Tim so schnell nicht vergessen wird. Nicht nur, dass er statt seinem Koffer voller Bücher aus Versehen den Koffer seiner Mutter mitnimmt – „Uri“, wie seine Uroma von ihm genannt werden will, ist nicht irgendeine Uroma und hat zudem noch drei sehr interessante Freunde. Gut, dass Tim wenigstens seinen Stapel gelber Zettel in der Jackentasche hat…
Wichtige Charaktere
- Tim
- seine Uroma „Uri“
- ihre Freunde Herr Pjotr, Herr Moll und Ina
Zitate
„Irgendwann schwirren Tim so viele dieser Fragen durch den Kopf, dass er anfängt, sie auf kleine gelbe Notizzettel zu schreiben. Er hat Angst, sie zu vergessen, bevor er die Antworten gefunden hat. Zahllos flattern diese Zettel in Tims Zimmer herum wie in Senf getauchte Flundern, die Fliegen üben.“
„‚Ein Mann der Kleider trägt?‘, fragt Tim interessiert. ‚Ja. Sie stehen ihm stets hervorragend!‘, antwortet Uri. ‚Wahrscheinlich wegen des Barts. Der geht ihm bis zum Bauchnabel‘, fährt sie vergnügt fort. ‚Er kommt heute zum Abendessen. Vielleicht hast du Glück und er tanzt ein bisschen. Herr Pjotr tanzt sensationell. Allerdings nur, wenn er gute Laune hat.'“
Alle Bände der Reihe Dramatiker erzählen für Kinder
Brombeeren für Mr. Mister
Tim und die Antwort auf nichts
Mucksmenschenstill
Trailer zum Buch
Persönliche Bewertung
Große Fragen für kleine Menschen locker-leicht in eine gute Geschichte gegossen
Jan Neumann erzählt in sieben Kapiteln klar strukturiert und ohne große Umschweife eine Geschichte über den Wissensdurst von Kindern. Mit einer bildhaften und humorvollen Sprache, kreativen Ideen und sehr interessanten Charakteren, schafft der Autor es fast immer modern und dem Zeitgeist entsprechend Geschlechterklisches zu brechen und selbst ernste Themen anzusprechen. Inhaltlich geht es um Themen wie zum Beispiel Liebe, Angst, Geschmack, Interesse und Tod. So fragt sich die Hauptperson Tim etwa, warum man sich in jemanden bestimmtes verliebt oder wo man ist, wenn man tod ist. Durch die Auswahl der Charaktere schafft es Neumann wunderbar konservative Geschlechtervorstellungen zu irritieren. Ein Stöckelschuhe und Kleider tragender alter Matrose, der sich auch schon mal in einen anderen Matrosen verliebt hat, ein muskulöser Polizist, der sich vor dem Tod und vor Gewitter fürchtet, eine Frau bei der Müllabfuhr und eine Uroma, die nicht kochen kann, führen zu diesem positiven Nebeneffekt der Handlung.
In einer luftig-lockeren Erzählweise wird selbst ein schwieriges Thema wie der Tod unaufgeregt kindgerecht erzählt. Zwar überrascht dieses Moment der Geschichte den Leser und er muss kurz innehalten, aber wie es passiert, ist überaus realistisch geschildert (jedem Kind oder Erwachsenen könnte so etwas passieren) und ergibt im nachhinein betrachtet dramaturgischen Sinn. Tim lernt eine wichtige, wenn auch schmerzhafte Lektion: Manche Dinge im Leben kann man einfach nicht verstehen. Schade eigentlich, dass man nicht mehr über die so interessanten Charaktere erfährt. Doch dies ist sicherlich der Konzeption des Buchs geschuldet. Der fürs Theater arbeitende Autor stellt hier eben das Thema des Buchs in den Vordergrund – die Charaktere dienen ihm dabei als Veranschaulichung des Inhalts. Die Rolle der Eltern lässt Neumann wohl auch aus diesem Grund unbeleuchtet, der Leser kann sich immerhin seinen Teil dazu denken.
Die Illustratorin des Buchs, Andrea Steffen, schafft es mit nur zwei Farben gekonnt, der Geschichte die passende Atmosphäre zu geben. Ihre flächigen, im Plakatstil gestalteten Bilder sind, ganz im Sinne der Geschichte, auf die wichtigsten Dinge fokussiert. Besonders intensiv wirken die Illustrationen, bei denen sie das Spiel mit Licht und Schatten besonders bravourös als Stilmittel einsetzt.
Punktabzüge gibt es, trotz des gelungenen Endes, für folgende Stelle im Buch: „Aber warum man so ist, wie man ist, das findest du in keinem Buch. Manche Menschen sind oft traurig, andere immer fröhlich, manche sind besonders mutig und manche ziehen eben Kleider an und tragen Stöckelschuhe.“ Die fatale Darstellung in einem Kinderbuch, dass Charaktereigenschaften quasi per Geburt angeboren und unabänderlich seien, ist leider entgegen des restlichen Buchs erzkonservativ. Es gibt durchaus Menschen, die sich im Laufe ihres Lebens ändern können und universitäre Fachrichtungen, die sich Soziologie und Psychologie nennen. Und die Vorliebe Kleider oder Stöckelschuhe zu tragen ist gesellschaftlich durchaus erklärbar. Wäre es nicht so, würden in Schottland Männer eben nicht Röcke tragen!
Fazit
Große Fragen für kleine Menschen werden von passenden Illustrationen begleitet in einer netten Geschichte erzählt. Der moderne und kritische Grundton wird leider durch einen Aussetzer nicht konsequent beibehalten.
- ISBN10
- 3939435465
- ISBN13
- 9783939435464
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2012
- Gebundene Ausgabe
- 64 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 8 Jahren