Mucksmenschenstill
Dramatiker erzählen für Kinder
Zusammenfassung zu “Mucksmenschenstill”
Die 18 Tage bis zu ihrem neunten Geburtstag sollen für die achtjährige Katharina-Marie, genannt „K“, ganz besondere Tage werden. Als sie eines Morgens aufwacht, ist alles anders als sonst. Sie ist die einzige im Haus, die wach ist. Weder ihre beiden Brüder noch ihre Eltern geben einen Ton von sich, sie schlafen noch in ihren Betten und „K“ schafft es nicht, sie aufzuwecken. Nachdem sie erfolglos versucht hat, ihre Oma anzurufen, probiert sie es bei Doktor Eisenhut. Vielleicht, so denkt sie, hat ihre Familie eine Krankheit befallen. Aber auch beim Doktor geht niemand ans Telefon. Es meldet sich nur der Anrufbeantworter, und gibt die Sprechzeiten der Praxis wieder, die eigentlich geöffnet haben müsste. Auch aus dem Radio erklingt nur ein greller Störton und draußen fehlt jeglicher Straßenlärm. Es zwitschern zwar ein paar Vögel und ein Hund ist in der Ferne zu hören, aber ansonsten ist es „mucksmenschenstill“. Dieser Herausforderung muss sich „K“ nun stellen…
Wichtige Charaktere
- Katharina Marie, genannt „K“
- Kater Herbert von Karajan, genannt „H“
- Kaninchen Max
- „K“s Familie
Zitate
„Wie Steine schliefen ihre Eltern, wie warme, weiche Steine. K hatte alles versucht, doch kein Gekitzel, kein Gerüttel, kein Geschrei machte sie wach. Oben bei den Brüdern sah es auch nicht besser aus. Als K sie wecken wollte, knurrten sie nur kurz und drehten sich zur anderen Seite. Und Großmutter ging nicht ans Telefon.“
„Sie hatten es gerade erst gekocht, das Erdbeermus. Ks Mutter, die Zwillinge und K waren vor ein paar Tagen auf dem Erdbeerfeld gewesen, hatten sich die Bäuche voll geschlagen und vier Körbe Erdbeeren mit nach Hause gebracht. Die Zwillinge hatten einen gemeinsam, K einen allein und ihre Mutter hatte zwei gefüllt.“
Alle Bände der Reihe Dramatiker erzählen für Kinder
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Mucksmenschenstill
Persönliche Bewertung
Eine Geschichte mit geisterhafter Stimmung und hoffnungsvollem Ende
Almut Baumgarten zeigt mit ihrer Geschichte um die achtjährige „K“ auf dramatische aber dennoch ruhige Weise, wie es wäre, wenn ein Kind der einzige Mensch auf der Welt wäre. Die anfängliche Angst der jungen Heldin wandelt sich in Mut und Aufbruchstimmung, wenn sie mit ihrem Rad auf menschenleeren Straßen in die Stadt fährt. Auch das „ohne Helm“-Fahren, das stundenlange DVD-Schauen oder das unentdeckte Naschen von den Erdbeeren der Nachbarin haben anfänglich ihren Reiz.
Doch schnell mischen sich auch erste Misstöne in die neue Melodie der vermeintlichen Freiheit. Es fällt ihr unvermeidbar auf, was alles nicht mehr in „unserer“ Gesellschaft funktioniert, wenn alle schlafen. Kein Fernsehprogramm, keine Müllabfuhr, schwindende Lebensmittelvorräte in den Supermärkten… Am drastischsten wäre hier wohl die Erwähnung des Betriebs von Atomkraftwerken und dessen mögliche Folgen zu nennen gewesen. Der Leser lernt, nicht alles für selbstverständlich zu nehmen. Gerade wenn „K“ mit einem Hammer bewaffnet loszieht, um sich Zugang zum Supermarkt, zur örtlichen Bibliothek oder zum Spielwarenladen zu verschaffen, merkt man, wie abhängig das eigene Leben von anderen ist.
Ebensoviel wie über den Wert der Gesellschaft erfährt man durch den personalen Erzähler über die Gefühlswelt des jungen Mädchens. Eben macht sie noch befreit einen Ausflug in die Stadt, um dann auf dem Rückweg einen Zusammenbruch zu erleiden, weil sie nicht an die Schwere des Rückwegs gedacht hat. Das Alleinsein macht „K“ immer trauriger und verzweifelter, sie weint und will irgendwann auch einschlafen und nicht mehr aufwachen, wie all die anderen. Sie will aufs Land oder ans Meer fliehen, weil sie die Einsamkeit nicht mehr erträgt. Doch schon auf dem Weg begreift sie, dass sie nicht so einfach davonlaufen kann. Das tapferes kleine Mädchen fühlt die Verantwortung für Kaninchen Max. „K“ liest Erwachsenenbücher und lernt so Suppe und andere Dinge zu kochen und erfährt, was ein Kaninchen zu essen braucht. Sie merkt auch, wie wichtig Rituale sind. Jeden Abend streicht sie ihren Eltern das Haar aus dem Gesicht, so wie diese es früher bei ihr getan haben.
Es gibt im Buch lediglich Absätze und die Großschreibung einiger Anfangsbuchstaben, aber keine Kapitel. Für den Lesefluss hätte man sich an einigen Stellen Überleitungen oder eine Einteilung in Kapitel gewünscht, da ohne diese einige Szenen manchmal recht abrupt enden und neue beginnen. Etwas unlogisch kommt der Handlungsstrang mit dem Kaninchen daher. Zwar versteht man die Absicht dahinter, die Ausführung ist aber etwas unglücklich. Ein frei lebendes Kaninchen – es deutet nichts auf ein entflohenes hin – bedarf zum Überleben nicht der Hilfe eines Menschen, der ihm einen Stall baut und ihm Futter gibt. Zudem wird zu Beginn der Geschichte in den ersten Sätzen auf das ferne Bellen eines traurigen Hundes hingewiesen. Hier hätte sich wunderbar eine logische Alternative zum Kaninchen angeboten, welche schon im Anfang der Geschichte angelegt ist.
Mit zweifarbigen, diesmal grün-schwarzen Illustrationen von Alexandra Junge bleibt die „Dramatiker erzählen für Kinder“-Reihe sich selbst treu. Junge schafft es mit ihrem plakativen Stil, der Geschichte eine ansprechende Hülle zu geben. Die Farbe passt einerseits bestens zur geisterhaften Stimmung der leeren Straßen und andererseits zur Zuversicht, die die junge Protagonistin immer wieder an den Tag legt. Zwar passt das Grün nicht immer zum Inhalt der Geschichte, wie z.B. bei der hellblauen Krawatte des Vaters, Grün symbolisiert als Farbe jedoch die Hoffnung. So ist der Baum mit schwarzer Wolke zu Beginn des Buchs am Ende von auffliegenden Vögeln und einer hellgrünen Wolke umgeben.
Fazit
Eine betont unaufgeregte, aber dennoch dramatische Geschichte um einen anstehenden Geburtstag herum konstruiert, mit kleinen Ungereimtheiten. Kinder werden nach dem Lesen dieses Buches das nächste Mal etwas länger darüber nachdenken, ob sie ihre Eltern wirklich nie mehr wieder sehen wollen.
- ISBN10
- 3939435503
- ISBN13
- 9783939435501
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2012
- Gebundene Ausgabe
- 64 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 8 Jahren