Große Erwartungen
Zusammenfassung zu “Große Erwartungen”
„Große Erwartungen“ ist das vorletzte Buch, das Charles Dickens schrieb. Er erzählt darin von dem jungen Philip Pirrip, der bei seiner Schwester und deren Mann lebt und von ihnen „Pip“ gerufen wird. Dickens‘ Roman wurde kapitelweise in der Zeitung abgedruckt, bei der er als Journalist arbeitete. „Große Erwartungen“ wurde ein beachtlicher Erfolg, und die Zeitung profitierte von hohen Auflagenzahlen. Charles Dickens erzählt hier von einem steilen, sozialen Aufstieg, den sein Protagonist Pip erlebt. Er ist Vollwaise und stammt aus einfachen, behüteten Verhältnissen. Schon früh träumt Pip von Reichtum und einem Leben als Gentleman – zur damaligen Zeit bedeutete dies, von Geld zu leben, das man selbst nicht erwirtschaftet hat. Diese großen Erwartungen hegt Pip – und erhält völlig unerwartet von einem anonymen Spender eine so bedeutende Geldsumme, dass er tatsächlich ein reicher Mann wird. Er verlässt sein Zuhause und fährt nach London. Die Menschen, denen Pip hier begegnet, schildert Dickens in gewohnter, großer Erzählkunst: Seine detaillierten Personenbeschreibungen sind oft gemischt mit eigenen Wahrnehmungen und phantasiereichen Darstellungen, die dem Leser die Personen beinahe plastisch vor dem inneren Auge erstehen lassen. Pips erste Eindrücke von London sind enttäuschend: Er empfindet die Stadt als schmutzig und eng, mit trostlosen Gebäuden. Pips unbekannter Gönner ermöglicht ihm eine gehobene Ausbildung. In London trifft er auf Herbert Pocket jr., der versucht, Pip von der jungen Estella fernzuhalten, in die Pip verliebt ist. Pocket erkennt Estellas wahren Charakter, wofür Pip jedoch blind ist. Dickens schildert sehr eindrucksvoll, wie Pips Schicksal weiter verläuft – welche Erfahrungen er mit seinem unerwarteten Reichtum macht, und ob Estella zu ihm passt oder nicht.
Wichtige Charaktere
- Philip Pirrip, Pip genannt
- Biddy, seine Schwester
- Joe, ihr Mann, ein Dorfschmied
- Estella
- Familie Pocket
Interpretation
Nicht zu Unrecht war Charles Dickens bereits zu Lebzeiten ein erfolgreicher Schriftsteller. Seine sozialkritischen Motive sind bis heute ungebrochen zeitgemäß: Seine Romanhelden schwanken zwischen Erfolg und Hoffnungslosigkeit, Armut und Hoffnung, Glück und Enttäuschung. Auch war Dickens selbst in seiner Geschäftstüchtigkeit, mit der er die Vermarktung seiner Romane vorantrieb, durchaus im heutigen Sinne modern. Dieses Erfolgsstreben kann auch als Leitmotiv seines Romans „Große Erwartungen“ gesehen werden, auch trägt der Roman autobiographische Züge. Dickens selbst arbeitete sich aus Armut hoch: Sein Vater konnte nicht mit Geld umgehen, und der Junge Charles musste zum Lebensunterhalt beitragen, indem er in einer Schuhwichsfabrik arbeitete. Auch Pip, ein Vollwaise, hat als Kind einen schweren Start, auch wenn er behütet bei Schwester und Schwager lebt. Eine folgenschwere Begegnung mit dem Häftling Magwitch beeinflusst Pips weiteres Leben, ohne dass der Leser dies zunächst ahnt. Als Magwitch mehrere hundert Seiten später im Roman wieder auftaucht, hat Pip bereits seinen märchenhaften Aufstieg zu Reichtum vollbracht. Die erneute Begegnung gibt dem Roman eine entscheidende Wendung, eine Art Katharsis. Zielstreben und Fleiß stehen auch heute für sozialen Aufstieg, dessen Schattenseiten Dickens nie aufzudecken vergaß.
Trailer zum Film
Links
Persönliche Bewertung
Dickens’ Roman ist ein eindrucksvolles Werk mit erstaunlicher Aktualität.
Charles Dickens beherrschte die Kunst, soziale Missstände aufzudecken, Schicksale und Charaktere lebendig zu schildern, auf beeindruckende Weise. Auch sein Roman „Große Erwartungen“ enthält zahlreiche Spannungsmomente, aber auch Komik. Nicht selten spielen wunderliche Charaktere eine Rolle, wie Miss Havisham, die ihre Wohnung in einem musealen Zustand hält, seit ihr Bräutigam sie vor vielen Jahren verließ. Die Enttäuschung darüber lebt Miss Havisham an ihrer Pflegetochter Estella aus – diese soll fortan Rache an allen Männern üben. Unheimlich wirkt diese Einflussnahme, ebenso wie die Figur des Häftlings Magwitch, über dessen wahre Bedeutung der Leser erst im Laufe des Romans erfährt. Dickens‘ literarisches Können, das Pips Erfahrungen bezüglich Estellas Charakter und den Schattenseiten des Reichtums darstellt, macht diesen Roman zu einem besonders empfehlenswerten Werk. Der Leser ist im Moment des Erkennens nicht minder erschüttert wie Pip selbst. Zusammen mit Pip wird der Leser auf falsche Fährten geführt, denn es erscheint anfangs glaubhaft, dass Miss Havisham die anonyme Gönnerin Pips sei. Auch die Rolle des Mr.Pumblechook gibt Rätsel auf. Dickens gibt seinen Lesern ein lebendiges Bild der damaligen Gesellschaft mit ihren verschiedenen, teilweise sehr schillernden Persönlichkeiten, das auf die heutige Zeit übertragbar ist. Dickens‘ Romanheld Pip verfügt außerdem über eine reichhaltige Phantasie, auch ist er häufig sehr selbstkritisch und fühlt sich schnell schuldig. Derart vielfältige Eigenschaften konnte Dickens seinen Lesern auf überragende Weise vermitteln. Der Mix aus Geheimnis, Spannung, Skurrilität, sowie aus menschlichen Einzelschicksalen – oft voller Tragödie und Tragikomik – machen diesen Roman zu einem gelungenen literarischen Werk.
Fazit
„Große Erwartungen“ von Charles Dickens ist einer der wenigen weltweit erschienenen Romane, der den heutigen Lesern die Aktualität der Anliegen, die Dickens am Herzen lagen, veranschaulicht. Der hohe literarische Anspruch dieses Werks lässt die Leser voll auf ihre Kosten kommen. Die sozialen Umstände Englands im 19.Jahrhundert werden auf beeindruckende Weise lebendig.
- Originaltitel
- Great Expectations
- ISBN10
- 3458357785
- ISBN13
- 9783458357780
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2011 (1864)
- Taschenbuchausgabe
- 740 Seiten