Effi Briest

Autoren
Verlag
Fischer Taschenbuch Verlag
Anspruch
5 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
4 von 5

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Zusammenfassung zu “Effi Briest”

Theodor Fontanes Roman erschien im Oktober 1895, wurde jedoch auf das Jahr 1896 datiert. Innerhalb kürzester Zeit erlangte das Buch Weltruhm – zwei Jahre zuvor wurde es als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitschrift veröffentlicht. Fontane äußerte über seine Geschichte einmal, er habe sie „träumerisch“ niedergeschrieben. Das Mädchen Effi Briest, eigentlich von Briest, sprüht vor Temperament. Sie wächst behütet, unbeschwert und in familiärer Geborgenheit auf. Neben ihrer kindlichen Art, sich an Unterhaltung und Vergnügungen zu erfreuen, fällt andererseits ihre Ängstlichkeit auf: Sie mag keine Gruselgeschichten und leidet immer wieder unter Alpträumen, auch während ihrer Ehe mit Baron von Instetten. Zu ihren Eltern hat Effi eine harmonische Beziehung, mit ihrem Vater führt sie oft vertrauliche Gespräche, die stets mit seinen Worten „das ist ein zu weites Feld“ enden. Als Baron von Instetten um Effis Hand anhält, sind ihre Eltern überaus froh über eine so gute Partie, ihre Mutter wittert für ihre Tochter einen steilen, gesellschaftlichen Aufstieg. Effi begleitet ihren Mann fortan häufig bei Besuchen zu für ihn wichtigen Geschäftspartnern, doch mit der Zeit langweilt sie sich, weil er sie auch viel alleine lässt. Schließlich leidet sie mehr und mehr unter Heimweh. Einen väterlichen Freund findet sie in dem Apotheker Alonzo Gieshübler, Trost gibt ihr auch ihr Hund Rollo. Als die gemeinsame Tochter Annie geboren wird, stellt sie ein Kindermädchen ein, das sie bei einem Spaziergang mit dem Hund kennen lernt. Als sie sich, innerlich vereinsamt, in eine Affäre stürzt, ist es noch nicht sicher, ob sie mit dem Lebemann Major Crampas dauerhaftes Glück findet.

Wichtige Charaktere

  • Effi von Briest, verheiratete von Instetten
  • Baron Geert von Instetten
  • Annie
  • Effis Eltern
  • Major Crampas
  • Roswitha, das Kindermädchen
  • Apotheker Alonzo Gieshübler

Interpretation

Fontanes bilderreiche Sprache und häufig zu findende Symbolik verdeutlichen an vielen Textstellen, wie scheinbar oberflächlichen, unwichtigen Dingen eine tiefere Bedeutung zukommt. Schon am Anfang des Romans zeigt Effis ausgelassenes Schaukeln die jugendliche Unbeschwertheit auf. Später, während der Monotonie des Alltags und der Einsamkeit in ihrer Ehe, wird der krasse Gegensatz zu jener freien Jugendzeit deutlich spürbar. Auch als Effi sich mit dem Wunsch nach einem Umzug nach Berlin durchsetzt, schildert Fontane diesen Neubeginn sehr eindrucksvoll, indem Effi mit dem Verlassen des gemeinsamen Wohnorts Kessin endgültig auch das alte Leben hinter sich lassen will. Die immer wiederkehrenden Momente der Angst Effis, wie zum Beispiel vor dem Bild eines Chinesen, zeigen die Vielschichtigkeit des Charakters von Effi. Als Kind ihrer Zeit steht der Chinese für etwas Fremdes, Bedrohliches, im Gegensatz zu ihrer überschaubaren Welt mit klar verteilten Rollen. Die Geschichten des Hausmädchens über einen Chinesen, der tatsächlich einmal im Hause Instetten gelebt und in dem Saal über Effis Schlafzimmer gestorben sein soll, geben Effis Ängsten neue Nahrung. In Fontanes Roman finden sich noch viele Beispiele seiner Einfühlungsgabe, in der äußere Gegebenheiten wie eine winterliche, öde Landschaft, innere Zerrissenheit und Einsamkeit widerspiegeln.

Zitate

„Effi trug ein blau- und weißgestreiftes, halb kittelartiges Leinwandkleid, dem erst ein fest zusammengezogener, bronzefarbener Ledergürtel die Taille gab; der Hals war frei, und über Schulter und Nacken fiel ein breiter Matrosenkragen. In allem, was sie tat, paarte sich Übermut und Grazie, während ihre lachenden braunen Augen eine große, natürliche Klugheit und viel Lebenslust und Herzensgüte verrieten. Man nannte sie die »Kleine«, was sie sich nur gefallen lassen mußte, weil die schöne, schlanke Mama noch um eine Handbreit höher war.“

„Hulda wollte noch ein paar Einschränkungen machen, aber Effi war schon den nächsten Kiesweg hinauf, links hin, rechts hin, bis sie mit einem Male verschwunden war. ‚Effi, das gilt nicht; wo bist du? Wir spielen nicht Versteck, wir spielen Anschlag‘, unter diesen und ähnlichen Vorwürfen eilten die Freundinnen ihr nach, weit über das Rondell und die beiden seitwärts stehenden Platanen hinaus, bis die Verschwundene mit einem Male aus ihrem Verstecke hervorbrach und mühelos, weil sie schon im Rücken ihrer Verfolger war, mit ‚eins, zwei, drei‘ den Freiplatz neben der Bank erreichte.“

Persönliche Bewertung

Ein brillantes Werk mit Tiefgang und Sensibilität

5 von 5

Theodor Fontane hat dieses Buch erst in hohem Alter geschrieben. Mit seinem Roman ist ihm eine sehr einfühlsame und zugleich spannende Geschichte gelungen. Literarisch wird das Werk dem Genre Gesellschaftsroman zugeordnet, mit vielschichtigen Handlungssträngen, die in einem engen zeitgenössischen Zusammenhang stehen. Fontanes Roman liest sich sehr flüssig – der Leser kann sich trotz zeitlicher Distanz zur Gegenwart und zu heutigen Problemen sehr gut in die Schwierigkeiten der Protagonistin Effi hineinversetzen. Auch wenn heute strenge Etikette längst keine Rolle mehr spielen und Effis Handlungsweise auf den ersten Blick unselbständig erscheint, kann der Leser ihr Verhalten dennoch im Kontext der damaligen Zeit begreifen. Effis Probleme sind zeitlos – auch wenn sich die äußeren Bedingungen von Frauen heute stark verändert haben, so sind die inneren Zerwürfnisse ähnlich oder gar gleich: Das Auseinanderleben in einer Ehe zwischen Partnern mit unterschiedlichen Interessen und Lebensauffassungen, Einsamkeit, Flucht in eine andere Beziehung, Eifersucht. Besonders deutlich werden die unterschiedlichen Anschauungen bei einem Ausritt von Effi, ihrem Mann und dem späteren Liebhaber Major Crampas: Während eines Disputs zwischen den beiden Männern wird die Widersprüchlichkeit zwischen von Instettens Rechtsauffassung und der lockeren Sichtweise Crampas‘, der auf Regeln pfeift, offenbar. Fontanes lebendige Sprache, die verschiedenen Charaktere und der fesselnde Ablauf des Geschehens, sowie die Entwicklung der Personen im Laufe der Handlung machen dieses Buch zu einem besonders lesenswerten Machwerk.

Fazit

Theodor Fontanes Roman „Effi Briest“ gehört zu den großen Meisterwerken der Literatur. Der Roman entstand vor dem Zeitalter der Emanzipation – einer Zeit, in der es für Frauen schwerer war, ein eigenständiges Leben zu führen. Umso beeindruckender ist es, wie Effi Briest im engen Käfig ihrer Zeit versucht, aus der Einsamkeit ihrer Ehe zu entfliehen und dem Leben dennoch einen Sinn abzugewinnen.

ISBN10
3596512085
ISBN13
9783596512089
Dt. Erstveröffentlichung
2012 (1896)
Taschenbuchausgabe
464 Seiten