Die Leiden des jungen Werthers
Zusammenfassung zu “Die Leiden des jungen Werthers”
Werther, keine 20 Jahre alt, ist ein junger Mann und ist sehr unsicher, was er vom Leben erwarten soll. Er ist seiner gewohnten Umgebung entflohen und in einer Erbschaftssache seiner Mutter unterwegs. Werther liebt die Natur und beginnt das Zeichnen. Er lernt in einer dörflichen Idylle Charlotte (Lotte) kennen, die Tochter des Amtmanns. Charlotte ist jedoch bereits an Albert vergeben. Werther begleitet Lotte zu einem Ball und verliebt sich in sie. Bei einem plötzlichen Gewitter fühlen sich beide als Seelenverwandte. Von nun an sehen sie sich beinahe täglich. Besonders begeistert Werther Lottes Verhältnis zu ihren acht jüngeren Geschwistern, um die sie sich liebevoll kümmert.
Als der Verlobte Albert von seiner Geschäftsreise zurückkehrt, erkennt Werther seinen hoffnungslosen Zustand. Er verlässt die Stadt. Später kehrt er zurück – enttäuscht vom kleinlichen und geschäftstüchtigen Gebaren der Leute. Lotte ist inzwischen mit Albert verheiratet. Werther bemerkt, dass Lotte es genießt, mit ihm Zeit zu verbringen. Schließlich ist er das ganze Gegenteil von ihrem bodenständigen, korrekten Ehemann. Werther glaubt, dass Lotte unglücklich in ihrer Ehe ist. Er besucht sie, als Albert wieder auf Geschäftsreise ist. An diesem Abend sprudelt es aus ihm heraus, er kniet vor ihr nieder und gesteht Lotte seine Liebe. Doch Lotte reagiert anders als erwartet. Sie flüchtet in ein anderes Zimmer. Diese Reaktion lässt Werther gänzlich verzweifeln. Er verfasst einen Abschiedsbrief und nimmt sich von Albert zwei Pistolen. Dann erschießt er sich um Mitternacht vor Heiligabend.
Wichtige Charaktere
- Werther, ein junger Mann
- Wilhelm, Werthers Brieffreund und Vertrauter
- Charlotte, 19-jährige Tochter des Amtmanns und Angebetete von Werther
- Albert, Charlottes Verlobter
Interpretation
Das Buch stellt zur damaligen Zeit eine Revolution dar. Vorherige Romane hatten stets die Adligkeit sowie Helden und ihre Abenteuer zum Thema. Erstmals widmet sich ein Schriftsteller der Gefühlswelt eines Heranwachsenden. „Werther“ ist ein Briefroman. Diese persönliche Form unterstützt hervorragend die Innigkeit und Emotionalität der mit sich ringenden Hauptfigur. Die Worte sind ergreifend gewählt, viele Seufzer, Ausrufe und Beschreibungen zeigen den aufgewühlten Seelenzustand Werthers. Der Leser kann unmittelbar mitempfinden. Dadurch wird eine hohe Identifikation beim Leser erreicht. Das war nicht immer positiv. Der Grund: Viele junge Menschen eiferten der Romanfigur Werther nach und wählten verzweifelt den Freitod. Goethe hat daraufhin seinen Roman noch einmal überarbeitet und den Selbstmord weniger attraktiv dargestellt. Dem lebendigen, sensiblen, schwärmerischen Werther hat der Autor eine Kontrastfigur entgegengestellt: Der bodenständige Albert, Lottes Verlobter und späterer Ehemann. Er scheint die engstirnige Gesellschaft zu verkörpern, die keine individuellen Regungen zulässt. Diese Problematik beschäftigt auch heute noch viele junge Menschen, die sich ihren Platz in der Welt erst suchen müssen.
Als sich Werther erschießt, liegt ein aufgeschlagenes Buch auf dem Tisch. Es handelt sich um Lessings „Emilia Galotti“. Kein Zufall. Goethe will damit eine Parallele ziehen zur Hauptfigur Emilia Galotti, die ebenfalls an äußeren Zwängen zugrunde geht. Natürlich ist das Ende des Romans gewagt. Ganz gewiss wollte Goethe nicht, dass alle unglücklich Verliebten ihr Leben vorzeitig beenden. „Werther“ ist eine Hommage an das Leben, an die Liebe, an ein freies, ungezwungenes Leben fernab bürokratischer Einschränkungen und staatlicher Gewalt. Das Romanende wirkt überzeichnet, aber nur so konnte sich Goethe sicher sein, dass er genügend auf die Qualen seines Helden hingewiesen hat.
Zitate
„‚Unglücklicher! Bist du nicht ein Tor? Betrügst du dich nicht selbst? Was soll diese tobende, endlose Leidenschaft? Ich habe kein Gebet mehr als an sie; meiner Einbildungskraft erscheint keine andere Gestalt als die ihrige, und alles in der Welt um mich her sehe ich nur im Verhältnis mit ihr. Und das macht mir denn so manche glückliche Stunde – bis ich mich wieder von ihr losreißen muß! Ach Wilhelm! wozu mich mein Herz oft drängt!'“
„‚Ja, wohl bin ich nur ein Wandrer, ein Waller auf der Erde! Seid ihr denn mehr?'“
„‚In diesen Kleidern, Lotte, will ich begraben sein, du hast sie berührt, geheiligt; ich habe auch deinen Vater darum gebeten.'“
Persönliche Bewertung
Ein starkes Buch mit kraftvollen, poetischen Versen.
Johann Wolfgang von Goethe schrieb „Die Leiden des jungen Werthers“ 1774, mit 23 Jahren. Es war sein erster Roman. Noch heute, fast 240 Jahre später, besitzt der Text eine unglaubliche Wirkung auf den Leser. Eine aufwühlende, emotionale Sprache rührt zu Tränen und man möchte eingreifen, wenn dieser junge Mensch vor Verzweiflung sein Leben wegwirft. Es ist ein starkes Buch mit kraftvollen, poetischen Versen. Beim Lesen rührt das Buch die Seele an. „Die Leiden des jungen Werthers“ ist in vielen Bundesländern Pflichtlektüre in den höheren Schulklassen. Das ist auch gut so. Schließlich steht irgendwann jeder Jugendliche vor der ersten unglücklichen Liebe oder er fragt sich, was er überhaupt vom Leben erwartet. „Werther“ gibt keine zufriedenstellende Antwort darauf. Er hat mit seinem Selbstmord auch nicht die Lösung gewählt, die empfehlenswert ist. Das sollte jedem Leser bewusst sein. Aber Werther hat Mut gemacht, im Einklang mit der Natur zu leben (Dorfidylle, seine Naturzeichnungen), sein Herz zu öffnen (seinem Briefpartner Wilhelm) und berauscht von seinen Liebesgefühlen zu sein und sie auch zu genießen. Natürlich darf man als Leser nicht den Blick für die Realität verlieren, wie es bei Werther passiert ist. Vielleicht ist es sogar möglich, nach der Lektüre des Romans in sich hineinzuhorchen: Lebe ich mein eigenes Leben oder lasse ich mich zu sehr von anderen Personen lenken? Bin ich noch natürlich und echt oder bereits steif und engstirnig? Wenn dieses Nachdenken geschieht, dann hat Johann Wolfgang von Goethes Buch das Maximalste erreicht.
Fazit
„Die Leiden des jungen Werthers“ hat nichts von seiner Faszination eingebüßt. Noch immer befinden sich junge Menschen auf der Suche, noch immer wollen sie den eingefahrenen Alltagsgleisen entfliehen und ihr Leben selbstbestimmt und im Fluss behalten. Es ist genau das richtige Buch für Suchende, für Träumer und für all jene, die manchmal aufgrund der kühlen, abgeklärten Gesellschaft Trost suchen. Sehr lesenswert!
- ISBN10
- 3596512263
- ISBN13
- 9783596512263
- Dt. Erstveröffentlichung
- 1774
- Taschenbuchausgabe
- 174 Seiten