Billard um halb zehn
Zusammenfassung zu “Billard um halb zehn”
„Billard um halb zehn“ ist ein Roman, der die Familie Fähmel über mehrere Generationen hinweg bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts betrachtet. Ausgangspunkt ist der bevorstehende 80. Geburtstag von Heinrich Fähmel. Im Laufe der Vorbereitungen zum Fest wird die Familie immer wieder von Ereignissen aus der Vergangenheit eingeholt. Eine Leidenschaft des Robert Fähmel ist hierbei das Billard spielen zwischen halb zehn und elf mit einem Angestellten des „Hotel Heinrich“. Diese Eigenheit war auch namensgebend für den Titel des Romans. Während des Spielens tauschen sich die beiden Männer immer wieder über Geschehnisse aus ihrer Vergangenheit aus. Entscheidend bei all den Erinnerungen ist hierbei die einst unter Heinrich Fähmel erbaute Abtei St. Anton. Diese Abtei war der erste große Auftrag, den der junge Architekt damals unter seinem Namen ausführen durfte.
Der Leser erfährt, dass in den letzten Stunden des Zweiten Weltkrieges jene Abtei noch gesprengt werden sollte. Ausgerechnet Robert Fähmel, Heinrichs Sohn, musste diese Sprengung vornehmen. Der Vater hat niemals etwas davon erfahren. Doch Roberts Sohn, Joseph Fähmel, wird ebenfalls Architekt. Er kümmert sich um den Wiederaufbau der Abtei St. Anton. Plötzlich entdeckt er Hinweise, die darauf deuten, dass einst sein Vater diese Sprengung veranlasst hat. Joseph gerät in einen inneren Konflikt, an dessen Ende er sich entscheiden muss: Führt er seine Arbeit an der Abtei fort und stellt sich damit auf die Seite seines Großvaters? Oder beendet er sein Leben als Architekt und lässt die Abtei zerstört, womit er sich auf die Seite seines Vaters stellen würde?
Wichtige Charaktere
- Heinrich Fähmel, Architekt
- Robert Fähmel, Sohn
- Joseph Fähmel, Enkel
Persönliche Bewertung
Ein Roman über brutale Büffel (die Masse) und schwache Lämmer (das Individuum)
Wie der Großteil seiner Werke gehört auch „Billard um halb zehn“ zur Nachkriegsliteratur. Der Roman schildert die Jahre zwischen 1907 und 1958 – jene Zeit, die vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg liegt. Anhand der Familie Fähmel zeigt der Autor auf, wie sich Täter und Opfer, Erbauer und Zerstörer innerhalb der gleichen Familie bewegen können. Die Konflikte sind demnach vorprogrammiert. Während Heinrich Fähmel einst eine Abtei erbaute, sprengte sie später sein Sohn Robert am Ende des Zweiten Weltkrieges unter dem Druck eines Generals. Joseph, Heinrichs Enkel, will nach dem Krieg die Abtei neu errichten. Wer von den Männern wird am Ende das Sagen haben? Anschaulich berichtet der Roman von dem Konflikt, in welchem sich Joseph Fähmel befindet: Baut er die Kirche seines Großvaters wieder auf? Schweigt er über das Wissen der Zerstörung durch seinen (damals fremd gesteuerten) Vater?
Heinrich Böll benutzt für diesen Konflikt die etwas verklausuliert wirkenden Worte „Sakrament des Büffels“ und „Sakrament des Lammes“. Beim Büffel soll es sich laut seiner Einschätzung also um die träge, nicht selbständig denkende Masse handeln. Die Lämmer wären dann die freien, eigenständig handelnden Individuen. Der Bezug zur Zeit des Faschismus mit seinem fanatischen Anhängertum ist unübersehbar. Die Sprache im Roman ist gewählt und hochliterarisch. Zuweilen verwirren jedoch die unzähligen inneren Monologe gepaart mit Rückblenden beim Lesen. Deshalb gibt es auch einen kleinen Abstrich bei der Spannung und beim Lesespaß. Dennoch lohnt sich die Lektüre auf jeden Fall. Schließlich wird der Mensch in allen Zeiten vor dem gleichen Problem stehen: Geselle ich mich lieber zu der Masse (der starke Büffel) oder bleibe ich ein autonomes Wesen (das zarte Lamm) mit meinen eigenen Vorstellungen und Wünschen?
Fazit
Trotz vieler Rückblenden und Zeitsprünge ist das Buch sehr zu empfehlen. Es zeigt auf, wie sehr die großen Ereignisse (Krieg) sich durch eine einzelne Familie ziehen und sie auch Jahre später noch belasten können. Heinrich Böll regt mit seinem Werk an, das eigene Handeln zu überprüfen. Bin ich noch ein eigenständig denkender Mensch (Lamm)? Oder gehöre ich bereits zur trägen, unüberlegt handelnden Masse (Büffel)?
- ISBN10
- 3462039105
- ISBN13
- 9783462039108
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2007 (1959)
- Gebundene Ausgabe
- 368 Seiten