Oliver Twist

Autoren
Übersetzer
Gustav Meyrink
Verlag
Fischer Taschenbuch Verlag
Anspruch
5 von 5
Humor
5 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
5 von 5

Bei Amazon ansehen

Zusammenfassung zu “Oliver Twist”

Der Roman des britischen Schriftstellers und Journalisten Charles Dickens, „Oliver Twist“, schildert das bewegende Schicksal eines Waisenjungen in der Zeit der Industriellen Revolution, Dickens selbst lebte von 1812 bis 1870. Bis zu seinem neunten Lebensjahr wächst Oliver in einem Armenhaus auf, danach wird er in die Lehre zu einem Bestatter namens Sowerberry geschickt und kommt damit vom Regen in die Traufe. Hier wird er nur schikaniert, besonders von der Ehefrau Sowerberrys und vom Gesellen Noah. Oliver wird weder gut mit Essen versorgt, noch erhält er ein eigenes Bett – vielmehr muss er unter einem Tisch inmitten der Särge schlafen. Als er sich mit Noah prügelt, weil dieser Olivers verstorbene Mutter beleidigt hat, läuft Oliver schließlich weg und schlägt sich bis nach London durch. Dort greift ihn der Hehler Fagin auf, der Kinder und Jugendliche zu Diebestouren anstiftet und sie gnadenlos ausbeutet. Nun ist Oliver in die Illegalität abgerutscht, aus der er sich selbst nicht befreien kann. Als er bei einer Diebestour erwischt wird, bei der er nicht beteiligt war, entkommen die anderen Kinder, doch Oliver wird festgehalten. Der Buchhändler Brownlow nimmt sich seiner an, indem er bezeugt, dass Oliver unschuldig ist. Mr. Brownlow nimmt den Jungen auf, er und die gutmütige Haushälterin Mrs. Bedwin kümmern sich rührend um ihn. Doch das Glück währt nicht lange, da Oliver von einem Botengang nicht zurückkommt, bei dem er von Fagins Bande aufgegriffen wird – der Hehler befürchtet, Oliver könne ihn und seine illegalen Geschäfte verraten. Wie Olivers weiteres Schicksal verläuft, schilderte Dickens eindrucksvoll und äußerst mitreißend.

Wichtige Charaktere

  • Oliver Twist
  • Buchhändler Mr. Brownlow
  • Fagin, der Hehler
  • Mrs. Maylie
  • Dr. Losberne

Interpretation

Charles Dickens‘ Roman zeigt die verheerenden, menschenunwürdigen Zustände der Armut im Industriellen Zeitalter in schonungsloser Offenheit. Zustände, wie es sie in der heutigen, westlichen Welt zum Glück nicht mehr gibt, dennoch hat der Roman nichts an Aktualität und Brisanz verloren, denn in vielen Ländern leben Kinder noch immer ohne Schutz, müssen die Arbeit von Erwachsenen verrichten und haben keinerlei Zukunftsperspektiven. Dickens lässt es jedoch nicht bei all der Düsternis bewenden – er zeigt anhand der Figuren des Buchhändlers, dessen Haushälterin, Mrs. Maylie und deren Nichte, wie diese wahre Nächstenliebe praktizieren. Ihnen liegt das Wohl des Kindes Oliver am Herzen, und nicht seine Arbeitskraft. Hier zeigt sich eine völlig gegensätzliche Welt voller Geborgenheit und Menschenliebe im Vergleich zu den Gesetzen der Straße – auch wenn Oliver noch in weitere Verstrickungen gerät. Charles Dickens zeigt sehr einfühlsam, was Kinder brauchen, und darin besteht die uneingeschränkte Aktualität des Buches: Bezugspersonen, die ihnen Liebe und Geborgenheit geben, die für ihre Gesundheit und ihr äußeres Wohlergehen sorgen und die ihnen Perspektiven zu einer freien Entfaltung geben. Dickens‘ Sozialkritik über das damalige, viktorianische England kommt schonungslos zum Ausdruck – dem Leser gehen die erschreckenden Schilderungen sehr nahe. Doch jeder kann sich zu Taten anspornen lassen und handeln wie jener Mr. Brownlow.

Zitate

„Als Oliver diesen ersten Beweis selbständiger Tätigkeit gab, bewegte sich eine Flickendecke, die nachlässig über eine eiserne Bettstelle geworfen war, und das bleiche Gesicht einer jungen Frau erhob sich matt von dem harten Kissen, und eine schwache Stimme hauchte mühsam die Worte: ‚Lassen Sie mich das Kind sehen; dann will ich gern sterben.'“

„Es war an Olivers neuntem Geburtstage.Während er diese Feier im Kohlenkeller zusammen mit zwei andern jungen Herrn beging, die sich gleich ihm von einer ordentlichen Tracht Prügel erholten,die ihnen zuteil geworden,weil sie sich erfrecht hatten, hungrig gewesen zu sein, wurde Mrs. Mann, die treffliche Pflegefrau, durch das plötzliche Erscheinen Mr. Bumbles,des Kirchspieldieners,der seine Schritte dem Gartenpförtchen zulenkte, in Schrecken gesetzt.“

Persönliche Bewertung

Ein aufrüttelndes und besonders lesenswertes Buch

5 von 5

Der Roman von Charles Dickens ist in Prosaform geschrieben und liest sich daher besonders flüssig. Die realistischen Schilderungen des Lebensumfelds im damaligen England, die schmutzigen Viertel und Elendsquartiere – all das ist dem Leser unglaublich nahe. Wie erlösend erscheinen da die wenigen Menschen, die es gut mit Oliver meinen und sich ernsthaft um ihn bemühen, wie Mrs. Maylie und ihre Nichte Rose. Oliver ist mit einem wachen Verstand ausgestattet und macht sich für sein Alter erstaunliche Gedanken, so fällt ihm bei einem Begräbnis, an dem er durch seine Anstellung bei Mr. Sowerberry teilnehmen muss, auf, wie unecht die Trauer mancher Angehöriger ist. Dickens‘ Roman hält außerdem viel Spannung bereit, da sich nach Olivers unfreiwilligem Weggang von Mr. Brownlow für den Leser zunächst undurchschaubare Verwicklungen auftun. Not und Armut hatte Charles Dickens als Kind selbst hautnah miterlebt, als sein Vater sich auf Grund steigender Kosten verschuldete. Dickens musste als Junge in einer Lagerhalle arbeiten, um mit für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen – diese frühen Erfahrungen schlugen sich zweifellos mit viel Empathie in seinem Werk nieder. Dickens spart auch nicht mit ironischen Kommentaren oder Charakterisierungen, wie sie besonders in der Figur des Gemeindedieners Mr. Bumble zum Ausdruck kommen. Dessen aufgesetzte Würde bringt den Leser oft zum Schmunzeln. Mr. Bumble erntet beim Leser keine Sympathie, da er sich permanent negativ über Oliver äußert und sich mal jähzornig, mal wichtigtuerisch gibt. Die unterschiedlichen Charaktere des Romans bringen reichlich Abwechslung und Vielfalt ins Geschehen.

Fazit

„Oliver Twist“ ist absolut lesenswert, auch 170 Jahren nach Erscheinen des Buches. Beeindruckend sind Charles Dickens‘ schonungslose Schilderungen des sozialen Elends im viktorianischen England und Olivers Schicksal, das dem Leser besonders zu Herzen geht.

Originaltitel
Oliver Twist or the parish boy's progress
ISBN10
3596900425
ISBN13
9783596900428
Dt. Erstveröffentlichung
2008
Taschenbuch:
432 Seiten