Ein fabelhafter Lügner

Autoren
Verlag
Kiepenheuer & Witsch Verlag
Anspruch
4 von 5
Humor
5 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
4 von 5
Spannung
3 von 5

Bei Amazon ansehen

Zusammenfassung zu “Ein fabelhafter Lügner”

Joschi Molnàr, ein fabelhafter Geschichtenerzähler, der sich immer seine eigene Wahrheit erschuf, dabei Vater von fünf Kindern von fünf verschiedenen Frauen, wurde, für die er jeweils eine eigenständige Lebensgeschichte erschuf, wird einhundert Jahre alt. Natürlich ist er an diesem runden Geburtstag schon friedlich entschlummert. Aber zwei seiner noch lebenden Töchter, die rothaarige, lebendige Hannah, immer auf der Suche nach einem jüdischen Liebhaber, die nie schlafende, in der Badewanne tauchende, ihren Mann verlassen habende Marika, die zudem noch die Mutter von Joschis Enkeltochter Lily ist, beschließen, auch noch den letzten im Bunde, den Bruder Gabor, zu dem man bis jetzt Distanz einhielt, einzuladen, um Großvaters einhundertsten Geburtstag in Weimar oder vielmehr auf dem Ettersberg in Buchenwald zu verbringen. Denn in den meisten Versionen seiner Lebensgeschichten war Joschi ein Jude. Wenn auch kein Ganzer, dann aber zumindest ein Vaterjude. Und seine zweite Frau kam mit zweien seiner Kinder in Auschwitz um. Joschi selbst soll in Buchenwald inhaftiert gewesen sein. Also ein würdiger Ort, um den großen Geschichtenerzähler zu feiern. Eine denkwürdige Geburtstagsfeier, die zu einem befreienden Erlebnis für Joschis drei Kinder und die Enkeltochter Lily wird. Wenngleich dabei die Totenruhe gestört wird. Aber das ist schon wieder eine Frage der Betrachtungsweise – und vielleicht auch ein ganz andere Geschichte.

Wichtige Charaktere

  • Großvater Joschi
  • seine Tochter Hannah
  • sein Sohn Gabor
  • seine Tochter Marika
  • seine Enkeltochter Lily

Zitate

„Mein Magen zog sich zusammen und meine Füße sagten nein und verweigerten sich dieser Richtung, noch bevor mein Gehirn mir durchgab, um was für ein Gebäude es sich handeln musste. Ich setzte Krematorien in Gedanken ganz oben auf die Liste der Orte, an denen ich nicht gewesen sein muss, direkt vor Raumkapseln und Kernspintomographen.“

„Hebräische Schrift sieht aus, als hätte ein Künstler sie entworfen, und ein genervter Schriftgelehrter wäre hinterher noch mal drübergegangen und hätte sie auf das Allernötigste reduziert.“

„Aber am Ende ließ ich es bleiben und überlegte mir stattdessen, ob ich Badewannen und Raumkapseln in meinem Leben vielleicht doch noch ein Chance geben sollte. Außerdem hatte ich plötzlich unheimlich Lust, Hebräisch zu lernen.“

Persönliche Bewertung

Jüdische Familiengeschichte einmal anders erzählt

4 von 5

Ein charmant-lässiges Buch über Familie. Über jüdische oder nichtjüdische Familie. Was jedoch nicht ganz geklärt ist. Was aber auch egal ist, wenn die jüdische Vergangenheit Bestandteil der eigenen Identität geworden ist. Susann Pasztor, deren Erstlingsroman hier vorliegt, erzählt mit leichter Hand und jugendlicher Lässigkeit eine verwobene, verschrobene Familiensaga. Und beleuchtet dabei Vergangenheit anders, als wir es gewohnt sind. Lässig mit dem Judentum umgehen, sogar fabulieren darüber? Sich in der Opferrolle gut Noten gönnen? Das ist neu! Und dabei lässig, leicht, nahezu spielerisch erzählt. Hoffentlich bleibt es nicht bei diesem ersten Buch. Man wünscht sich mehr – immer vorausgesetzt die Autorin opfert ihren Erzählstil nicht bedeutungsschwerer Modernität.

ISBN10
346204219X
ISBN13
9783462042191
Dt. Erstveröffentlichung
2010
Gebundene Ausgabe
205 Seiten