Mein Jenseits

Autoren
Verlag
Berlin University Press
Anspruch
5 von 5
Humor
3 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
3 von 5

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Zusammenfassung zu “Mein Jenseits”

Augustin Feinlein, seinerseits langjähriger Chef des Psychiatrischen Krankenhauses Scherblingen, hat an seinem dreiundsechzigsten Geburtstag aufgehört die Jahre zu zählen und begonnen, sich sein eigenes Jenseits zu erschaffen, in dem der Glauben die Realität bestimmt. Sein Ziel: Messdiener zu werden. Wozu ihm allerdings das nötige Vorwissen fehlt. Mit an Bord: Feinleins Jugendliebe Eva Maria, die er schon in jungen Jahren erst an einen Grafen und dann an seinen Nebenbuhler und zukünftigen Nachfolger Dr. Bruderhofer verliert. Letzterer spannt dem empfindsam-vitalen Greis auf einem burlesken Silvesterball auch gleich noch die langjährige Sekretärin aus. Eva Maria hingegen schreibt Feinlein über Jahrzehnte hinweg Grußkarten. Als deren Text sich von einem „Ich werde dich immer lieben.“ hin zum schlichten „In Liebe bis bald“ wandelt, bekommt die Glaubenswelt des Augustin Feinlein feine Risse. Zwischen Liebessehnsüchten, Platzhirschgehabe, einer eleganten Greisenreise nach Rom, schimmert die Faszination des Hauptdarstellers für katholische Reliquien durch. Die dann auch dazu führt, dass der Chef der Psychiatrie schlussendlich als Patient in dieselbe eingeliefert wird.

Wichtige Charaktere

  • der älter gewordene Augustin Feinlein, Chef des Psychiatrischen Landeskrankenhauses Scherblingen

Zitate

„Der Wissende hat sein Wissen immer von einem anderen. Auf den kann er sich berufen. Der Glaubende, ob er glaubt oder nicht glaubt, er beruft sich auf sich selber. Ihm, schreibt er, tun die Wörter weh. Und schließt: Wir glauben mehr als wir wissen. Auch Eusebius. Adieu.“

„Eva Maria ist heiter. Ich bin sicher, dass sie die Gesellschaft an Bord jeden Abend zum Lachen bringt. Sie selber lacht kaum. Sie ist steinig. Heiter, steinig, also nicht weich, der Mund steht ein bisschen vor, sie könnte ein Knabe sein. Dieses Gesicht kann nicht älter werden, vor lauter schönster Gefasstheit.“

Persönliche Bewertung

Großartige Literatur. Sprachgewalt von vitaler Schönheit und leichter altersgreiser Melancholie.

5 von 5

Die kleine Novelle zeichnet sich zuerst durch eine mehr als verworrene Handlung aus. Die Sprachgewalt des 82-jährigen Walsers macht aus dem losen Gewirr der Fäden jedoch eine in sich stimmige Geschichte von nahezu mystischer Anziehungskraft. Mag die Leserin, wie es sich in diesem Falle auch verhält, so gar nicht an den literarisch aufbereiteten Problemen greiser, gutbürgerlicher Männer interessiert sein, so war sie doch völlig begeistert von der Intensität und Gewandtheit mit der hier aus Worten Bilder und Gedanken geformt werden. Es ist fast schon ein Sprüche-Büchlein zu den Themen Alter, Liebe, Glaube und Hoffnung. Die Novelle eröffnet eine Dimension deutscher Sprache, wie man sie selten zu lesen bekommt. Dafür nimmt man auch gerne die Probleme alter Männer in Kauf.

ISBN10
3940432776
ISBN13
9783940432773
Dt. Erstveröffentlichung
2010
Gebundene Ausgabe
119 Seiten