Léon und Louise
Zusammenfassung zu “Léon und Louise”
Im ersten Weltkrieg meldet sich der 17-jährige Leon zum freiwilligen Kriegsdienst. Es verschlägt ihn in einen kleinen französischen Ort, wo er bei der Bahn arbeitet. Dort verliebt er sich in die burschikose Louise. Nach einem zaghaften Näherkommen bei einem Ausflug ans Meer werden die beiden durch einen jähen Bombenangriff getrennt. Beide halten den anderen für tot.
Die Jahre vergehen. León heiratet Yvonne und gründet mit ihr eine Familie mit fünf Kindern. Er arbeitet als Chemiker bei der Polizei und führt ein ruhiges und eintöniges Leben in Paris, bis er in der U-Bahn Louise wiederentdeckt, die ebenfalls in Paris wohnt und bei der Banque de France arbeitet. Nach einer gemeinsamen Nacht beschließen die beiden, sich wegen Léons ehelichen Verpflichtungen nicht mehr wiederzusehen. Bald bricht der zweite Weltkrieg aus und die deutsche Wehrmacht besetzt Paris. Leóns Arbeitsstelle steht ab sofort unter dem Kommando des SS-Hauptsturmführers Knochen, gegen den sich León in begrenztem Rahmen widersetzt. Louise begleitet währenddessen das Gold der Banque de France, das per Schiff nach Afrika transportiert wird, um es vor den Deutschen zu schützen. Sie verlebt mehrere Jahre im Sudan und schreibt während dieser Zeit drei lange Briefe an Léon, in denen sie über das afrikanische Leben, ihre Sehnsucht nach ihm und ihren Liebhaber, den Funker Galiani, berichtet.
Nach Ende des zweiten Weltkriegs kehrt Louise nach Paris zurück, wo sie sogleich nach Léon sucht und dessen Frau Yvonne begegnet. Diese ist nach den vielen Gefahren und Entbehrungen des Krieges müde und möchte ihr restliches Leben in gemütlicher Harmonie verbringen. Sie gibt ihr stillschweigendes Einverständnis zur Fortführung der Liebesbeziehung zwischen Léon und Louise. Das Paar trifft sich regelmäßig in einem am Hafen liegenden Boot, erst nach Yvonnes Tod wagen sich beide hinaus aufs offene Meer. Die Beziehung hält bis zum Tode Léons. Während der Beerdigung im Familienkreis tritt Louise in die Kirche ein, küsst den Leichnam und legt ihm eine alte Fahrradklingel ihrer Jugendtage in den Sarg.
Wichtige Charaktere
- Léon Le Gall
- Louise Janvier
- Yvonne Le Gall
Zitate
„Léon stand erst mit einem Fuß im Wagen und mit dem anderen noch auf dem Trittbrett, als der Torpedo anfuhr und sich elegant in den Verkehrsstrom des Boulevard Saint-Germain einfügte. Während er sich auf die Sitzbank fallen ließ, öffnete er den Mund, um Louise zu grüßen, brachte dann aber keinen Ton über die Lippen, weil ihm ein schlichtes, alltägliches ‚Bonjour‘ oder ‚Salut‘ in dieser außergewöhnlichen Situation zu banal erschien.
Also war es Louise, die das Wort ergriff. ‚Wir werden jetzt keine Küsschen austauschen‘, sagte sie.’Wir werden einander nicht um den Hals fallen, einverstanden? Wir werden keine tränennassen Gesichtchen bekommen und sie einander gegenseitig abtrocknen, und wir werden keine Herzen in tausendjährige Linden schnitzen und uns nicht ewige Liebe schwören.‘
‚Wie du willst‘, sagte Léon.“
Trailer zum Buch
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Persönliche Bewertung
Leichte französische Liebesgeschichte vor dem Hintergrund zweier Weltkriege ohne tiefgreifende Gefühlsexplosionen
Dass das Prädikat „Spiegel Bestseller“ nicht unbedingt als Gütezeichen erster Klasse gelten darf, wurde mit Alex Capus Roman „Léon und Louise“ bestätigt. Denn auch wenn die Geschichte über das französische Liebespaar zweifelsohne nett und kurzweilig geschrieben ist, haftet ihr stets der seichte Atem munterer Belanglosigkeit an: Die Charaktere bleiben eindimensionale Geschöpfe, die Handlung treibt an der Oberfläche und lässt keinen Raum für tiefgreifende Gefühle.
Ganz sicher, die Idee eines vom Schicksal getrennten Liebespaares in den Wirren zweier Weltkriege bietet großes Potenzial – jedoch kann sich bei Capus „Léon und Louise“ die Liebesgeschichte, die im Übrigen innerhalb von 20 Jahren nicht mehr als zwei lustvolle Treffen aufweist, kaum glaubhaft entwickeln. Die Romanze gestaltet sich wie ein marginaler Schwelbrand, der nie die Chance erhält, zu einem Feuer zu entfachen – stets wird die Liebesgeschichte durch das Leben oder durch die bewusste Entscheidung der Protagonisten selbst verhindert. Die wahre Liebesgeschichte beschränkt sich auf Léon und dessen treuliebende Ehefrau Yvonne, die nur marginal skizziert wird und höchst klischeehaft die Rolle von Frau und Mutter bedient – während ihrem Gegenpart Louise die überzeichnete Rolle der unabhängigen, burschikosen Frau mitsamt selbstgeschnittenem Kurzhaarschnitt angedacht ist.
Durch bekannte Handlungsorte wie die pittoreske französische Küste, die allseits beliebte Metropole Paris und der exotischen Schaubühne Afrikas bemüht sich der Autor zwar, lebhafte Bilder beim Leser zu erzeugen. Die Verknüpfungen der chronologischen Handlungsstränge wirken jedoch oftmals einfallslos und bisweilen konstruiert. Auch der stets beschwingte Tenor des Erzählers – der sich als ein Enkel Léons vorstellt – versteht es leider nicht, den Leser mitzureißen. So lassen selbst die Bedrohung zweier Kriege und die angedeutete Gefahr der Nazis im besetzten Frankreich kaum Spannung aufkommen – viel mehr bleibt die Grundstimmung stets in wohlwollendem, jedoch monotonem Ton gehalten.
Kritik kann man auch an der Inkonsistenz von Anfang und Ende des Romans üben: Denn obwohl Léon und Louise schon vor dem Tod der Ehefrau eine – wenn auch verdeckte, so doch akzeptierte und allseits bekannte – Beziehung führen, sind die Angehörigen überrascht, dass Louise zur Beerdigung ihres Geliebten erscheint – der hermeneutische Zirkel schließt sich nicht. Auch ihr letztes Präsent, eine alte Fahrradklingel aus dem Jahre 1918, scheint mehr als fragwürdig: Soll die bestimmte Klingel tatsächlich über den Bombenangriff, die Flucht im zweiten Weltkrieg und alle übrigen Wirren des Lebens über Kontinente hinweg gerettet worden sein?
Fazit
Nett. Wer gerne mit den Protagonisten mitfiebert und die ein oder andere Träne vergießen mag – sei es aus Rührung oder Herzschmerz – dem ist „Léon und Louise“ nicht zu empfehlen. Wer nette Unterhaltung ohne all zu viel Aufregung, Höhen und Tiefen bevorzugt, ist mit der Geschichte gut bedient. Vor allem als Bettlektüre vor dem Schlafengehen eignet sich das Buch bestens, da es sich schnell und unkompliziert lesen lässt – und man es jederzeit ohne allzu heftiges Bedauern zuklappen kann. Und schließlich: Trotz seiner Schwächen sprüht der Roman von leichter Liebenswürdigkeit, die auf jeder Seite evident wird.
- ISBN10
- 3446236309
- ISBN13
- 9783446236301
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2011
- Gebundene Ausgabe
- 320 Seiten