Wunderlicht

Autoren
Illustrator
Brian Selznick
Übersetzer
Uwe-Michael Gutzschhahn
Verlag
cbj Verlag

Zusammenfassung zu “Wunderlicht”

Ben ist von Geburt an auf einem Ohr taub. Kurz nachdem er seine Mutter verloren hat, trifft ihn ein Blitz und er verliert auch auf dem anderen Ohr sein Gehör und muss sich als Gehörloser in der Welt zurechtfinden. Aus einer Sehnsucht heraus läuft er davon und macht sich allein auf den Weg nach New York, um seinen Vater zu suchen, von dem er nichts weiß außer seinem Vornamen. Sein einziger Anhaltspunkt sind eine Adresse und das Lesezeichen einer New Yorker Buchhandlung. Doch sein Vater ist unter der angegebenen Adresse unbekannt und auch die Buchhandlung hat inzwischen geschlossen. Im Naturkundemuseum lernt er Jamie kennen, der sich um ihn kümmert und ihm in einem geheimen Raum des Museums Unterschlupf gewährt. Zwar sind seine Versuche bisher fehlgeschlagen, doch Ben gibt nicht auf, seinen Vater zu suchen, und zumindest hat er in Jamie einen echten Freund gefunden, der ihn versteht und der Interesse an seiner kleinen Sammlung, seinem Museumskästchen voller persönlicher Gegenstände zeigt. Die Liebe zu Museen und Sammlungen verbindet die Jungen, doch Jamie zögert Ben zu helfen, denn er fürchtet, seinen einzigen Freund wieder zu verlieren…

Einige Jahrzehnte zuvor wächst Rose als einsames gehörloses Mädchen auf. Sie ist die Tochter eines Filmstars, die von einem Hauslehrer unterrichtet wird. Als sie davonläuft, um bei ihrer Mutter zu sein, zeigt diese wenig Verständnis für sie und möchte ihre Tochter zurück in ihr abgeriegeltes Zuhause schicken, wo sie als gehörloses Mädchen vor der Welt sicher ist. Doch Rose läuft davon und sucht Trost im Museum für Naturkunde, wo ihr Bruder Walter arbeitet. Walter nimmt sie bei sich auf. Viele Jahre später treffen sich Rose und Ben auf wundersame Weise…

Wichtige Charaktere

  • Ben Wilson
  • Bens Mutter Elaine und sein Vater Danny
  • Bens Onkel Steve und seine Tante Jenny
  • Bens Cousin Robby und seine Cousine Janet
  • Jamie
  • Rose Kincaid
  • Walter
  • Lillian Mayhew

Zitate

„In der folgenden Woche las Ben all die Bücher über Sterne, die seine Mom für ihn herausgesucht hatte. Schließlich überredete er sie, ihn sein Zimmer schwarz streichen zu lassen. In dem Haushaltswarenladen in der Stadt kaufte er einen Haufen Sterne, die im Dunkeln leuchten, und bedeckte mit ihnen Wände und Decke. Den Großen und den Kleinen Wagen mit dem Polarstern brachte er direkt über seinem Bett an. Seine Mom überraschte ihn noch mit einem alten Fernrohr, das sie mit Geld aus ihrer Notreserve bezahlt hatte. Er stellte das Fernrohr direkt neben seinem Fenster auf und schaute jeden Abend, bevor er ins Bett ging, hindurch. Einmal, als Billy zu ihm kam, schaute der das ganze Weltraum-Zeug an und sagte: ‚Ach, jetzt ist alles klar… du bist ein Alien.‘ Ben und Billy hatten gemeinsam darüber gelacht, doch jedes Mal, wenn er danach durch das Fernrohr blickte, musste er daran denken: Ich bin ein Alien.“

„Und er wünschte sich, dass er mit seiner Mom in der Bücherei wäre, wo alles sicher, nummeriert und alphabetisch geordnet war. Ben wünschte sich, dass auch die Welt alphabetisch geordnet wäre. Dann würde sich leicht alles finden lassen, wonach man suchte, zum Beispiel die Bedeutung seines Traumes oder sein Dad.“

„Ben verschlug es den Atem. Das Planetarium!
Jamie kam und setzte sich neben ihn, während sich der Himmel mit Sternschnuppen füllte. Der Projektor bewegte sich im Kreis, das Bild wechselte, und die Jungen fanden sich im Innern eines Meteoriten wieder, der über den Himmel jagte. Sie flogen zum Mond und schlugen zwischen Kratern auf. Einer nach dem andern schwebten die Planeten in ihr Blickfeld und bald verließen sie das Sonnensystem und starrten hinaus ins Universum, so wie die alten Götter. Ben dachte an die im Dunkeln leuchtenden Sterne in seinem Zimmer, an den Großen Wagen, den Spruch über die Sterne und an seine Mom. Die funkelnden Lichter über ihm tanzten und wirbelten umher und zeichneten endlose Muster auf die perfekte Deckenkuppel, als wären es Millionen elektrischer Leuchtkäfer, die sich in der Nacht zu Sternbildern fügten.“

„All diese Puzzlestücke, die ihn hierhergeführt hatten, dokumentierten nun seinen Weg, fast wie eine Schatzkarte – die von einem Buch, einer Schildkröte und einem Schrank in einer Ausstellung über Walter, Rose, Danny und Elaine bis am Ende zu Ben selbst führte.
Und natürlich hätte Ben den Weg niemals gefunden, wenn nicht Jamie gewesen wäre. Die Welt war voller Wunder.“

Englischer Trailer zum Buch

Persönliche Bewertung

Phantastisch! Brian Selznick beweist wieder einmal sein Ausnahmetalent als Autor und Zeichner

5 von 5

Nachdem Brian Selznick mit „Die Entdeckung des Hugo Cabret“ ein so brillianter Roman gelang, sind die Erwartungen an sein Nachfolgewerk entsprechend hoch. Im Video zum Buch und auch im Nachwort zur Geschichte wird deutlich, wie viel Recherchearbeit für die Entstehung nötig waren. Der Autor sagt selbst, er hoffe, dass seine Liebe für die Figuren und die Geschichte auf den Leser übergreifen. Kurz gesagt: Die Hoffnung erfüllt sich, Brian Selznicks Anliegen ist absolut gelungen!

„Wunderlicht“ ist ein ebenso dickes Buch wie Hugo Cabret und wirkt beim ersten Durchblättern wie ein Nachfolger: dezent eingerahmte, mittig ausgerichtete Textpassagen und ganzseitige Zeichnungen aus der Feder des Autors wechseln sich ab. Der große Unterschied: Während Brian Selznick die Geschichte des Hugo Cabret abwechselnd in Worten und Bildern erzählte – immer davon abhängig, welches Mittel für die jeweilige Szene geeigneter schien – erzählt „Wunderlicht“ zwei parallele Geschichten: Der Text erzählt von Bens Leben und seiner Reise nach New York. Die Bilder dagegen erzählen Roses Geschichte. So werden nebeneinander zwei Handlungen aus unterschiedlichen Zeiten erzählt, die sich zwar unabhängig voneinander entwickeln, aber dennoch durch Orte und Bilder miteinander verwoben sind. Als sich beide treffen und sich ihre Geschichten zu einer verknüpfen, erzählen Worte und Zeichnungen gemeinsam ihre Erlebnisse.

Brian Selznick ist zu Recht ein preisgekrönter Illustrator. Schon als Autor zeigt er ein unglaubliches Gespür für Situationen und Personen, die zu einem unkitschigen Märchen verwoben werden, in dem nicht alles heiter Sonnenschein ist, das aber trotzdem ein durchweg gutes Gefühl hinterlässt und es seinen Lesern erlaubt zu träumen und sich mitreißen zu lassen. Als Illustrator ist Brian Selznick ein Ausnahmetalent. Mit einer unwahrscheinlichen Liebe zum Detail und einem untrüglichen Gespür dafür, wie Zeichnungen stimmungsvoller Ausdruck verliehen wird, erwecken seine Illustrationen die Geschichte zum Leben. Die immense Vorarbeit, die in Form von Recherchen, Interviews und Vor-Ort-Besuchen der Geschichte vorwegging, sorgt dafür, dass alles stimmig und überzeugend wirkt.

Doch „Wunderlicht“ ist nicht „nur eine schöne Geschichte“. Sie bietet darüber hinaus erhebliches Potenzial, um sich mit der Geschichte der Gehörlosenkultur zu befassen und sich Gedanken darüber zu machen, was es bedeutet, nicht hören zu können, welche Hürden gehörlose Menschen im täglichen Leben nehmen müssen. Darüber hinaus geht es um Hoffnung, um Träume und ihre Verwirklichung, um Freundschaft und um Stärke. Neben ihrer traumhaften Poesie ist es auch ihre Tiefe, die diese Geschichte zu einem weiteren Meisterwerk macht.

Fazit

Ein Buch wie ein einziger phantastischer Traum, voller Poesie, Tiefsinn und einzigartiger Illustrationen, die an Ausdruckskraft ihresgleichen suchen. „Wunderlicht“ verzaubert, berührt und fesselt von Anfang bis Ende. Was könnte da besser passen als das Zitat von Oscar Wilde, das im Buch eine nicht unwesentliche Rolle spielt: „We are all in the gutter but some of us are looking at the stars.“ (auf deutsch: Wir liegen alle in der Gosse, aber einige von uns betrachten die Sterne.“)

Originaltitel
Wonderstruck
ISBN10
3570154580
ISBN13
9783570154588
Dt. Erstveröffentlichung
2012
Gebundene Ausgabe
640 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 10 Jahren