Tyrannenkinder

Plädoyer für mehr elterlichen Egoismus

Autoren
Verlag
Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo)

Zusammenfassung zu “Tyrannenkinder”

„Tyrannenkinder“ ist die überarbeitete Auflage eines schon 1994 unter dem Titel „Rettet die Liebe vor den Kindern“ erschienenen Buches. Erklärtes Ziel des Buches ist es, herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gibt, die Liebe noch zu retten, wenn man mit Kindern und einem geliebten Partner zusammenleben will. Dabei werden keine Zahlen und Statistiken präsentiert, sondern die Autorin sammelt Geschichten über Liebe und Kinder ein, und serviert diese zusammen mit einer Vielzahl von Zitaten zum Thema Liebe, Sex und Kinder. Inhaltlich nähert sich das Buch der Fragestellung, indem es versucht, den Prozess nachzuvollziehen, den ein Paar vom Kinderwunsch bis zur Trennung durchmacht. So berichtet das erste Kapitel vom Rausch der Hormone und von den Wunschbildern am Anfang einer jeden Beziehung. Kapitel zwei ist dann bei der Ursachenforschung (also warum es der Liebe nicht gelingt zu überleben) gelandet, die von der Autorin u. a. in Kinderkult und Kindheitskult verortet werden. Kapitel drei erzählt von den Mühen ein Kind zu bekommen, und davon, was beispielsweise ein unerfüllter Kinderwunsch mit der Beziehung der dann doch zumeist späten Eltern alles so anrichten kann. Den „Familienmythen“ die zumeist via Medien einen Zwang zum Glück suggerieren ist das vierte Kapitel gewidmet. Und räumt damit gleich gründlich auf – den die allzeit glückliche Familie in ihrer strahlend sauberen Wohnung gibt es wirklich nur in der Werbung. Dass Kinder eine echte Erotikbremse sind, ist nicht wirklich neu, aber der Autorin nichtsdestotrotz ein ganzes Kapitel wert. Auch die Kapitel sechs bis acht sind primär den diversen Zumutungen gewidmet, die Kinder für die Erwachsenwelt darstellen – frei nach der Devise „Kleine Monster – Ästhetische Zumutungen“. Weiter geht es mit der Frage, ob das Glück nicht doch eher in einer kinderlosen Beziehung zu suchen sein sollte oder ob vielleicht die neuen Väter beziehungsweise andere Familienkonzepte Abhilfe bei diesem Dilemma schaffen könnten. Kapitel elf bietet dann endlich einen Ausweg – es appelliert inbrünstig für ein „Mehr an elterlichem Egoismus“: Ein Mehr, dass sich auszahlt, denn die Rettung der Liebe ist wichtig, nicht für die elterliche Paarbeziehung sondern vor allem die Kinder!

Zitate

„‘Ich habe oft das Gefühl, dass man, auch in der Liebe, kompensiert, was scheinen will, weil man nicht diese Ruhe hat, mit Menschen zusammen zu sein und zu sagen, jetzt warten wir mal. Stattdessen puscht man eine Beziehung, Gedanken, ein künstlerisches Projekt. Man wartet nicht, was das Ding – called love – gebiert. Du brauchst eigentlich nur wach zu sein, es dir schön zu machen, es dem Gedanken schön zu machen, und dann entwickelt er sich von selbst. Die Liebe hat eine Eigenbewegung, eine Eigenläufigkeit, auch diese biologischen Systeme haben eine Eigendynamik.‘ ‘Und aufmerksam sein, wach bleiben…‘ ‘Ja, und Eros machen lassen‘, führt Simon seine Gedanken fort.“

„Auch Kinder brauchen elternfreie Zonen – Bereiche ihres Lebens, in denen sie geschützt sind vor elterlicher Deutungs- und Interpretationswut, vor dieser allumfassenden Psychologisierung und Pädagogisierung des Lebens. Einen Raum, in dem sie spielen und träumen können, ausprobieren, was sie mit sich und mit dem Leben anstellen wollen. Auch selbst erkunden können, was es mit Liebe und Sexualität auf sich hat, ohne dass wir Erwachsenen gleich mit der großen pseudoaufklärerischeren Entzauberung aufwarten. Darin sind doch unsere Bedürfnisse und die der Kinder durchaus kompatibel. Wir alle brauchen ‘Freiräume‘ für unsere Innen- und Außenwelten.“

Persönliche Bewertung

Ein weiteres Buch zum Thema Kindertyrannen, in dem recht unstrukturiert und deutlich verkompliziert verschiedensten Ansichten zum Thema Liebe und Kinder eingesammelt werden.

3 von 5

Noch ein Buch; das mit der Kombination von Tyrann und Kind verlockt und zudem verspricht, Ratschläge zu erteilen, wie sich elterliche Liebe mit ebendiesen kleinen Tyrannen vereinen lässt. Leider merkt man dem Buch schon sehr schnell an, dass es sich um die Neuauflage eines schon 1994 erschienen Buches handelt. Sowohl Sprache, als auch Herangehensweise, als auch viele der geschilderten Sichtweisen wirken irgendwie veraltet. Insgesamt ist der gesamte Tonfall leicht konfus, es scheint eine übersichtliche Struktur zu fehlen. Das mag beabsichtigt sein, ist aber für den Leser wenig hilfreich, der sich zwischen den vielfältigsten Ansichten verschiedenster Personen und dazwischen eingestreuten Zitaten schlichtweg verirrt und die Konzentration verliert. Dass dem Buch jedwede Wissenschaftlichkeit und empirische Grundlagenforschung fehlt, ergibt sich aus dem schon gesagten. Insgesamt also eine locker-leichte Sammlung von recht banalen Lebensweisheiten, die unstrukturiert aufgereiht wurde. Wohl kaum hilfreich im alltäglichen Zusammenleben mit den „kleinen Tyrannen“. Ein aufgeregtes, überflüssig erzählendes Buch, das leider auch in keiner Weise beeinflusst ist von jenem gesunden Maß an Pragmatismus, der sich im gemeinsam verbrachten Alltag mit den kleinen Tyrannen zumeist als so ausgesprochen hilfreich erweist.

ISBN10
3499626403
ISBN13
9783499626401
Dt. Erstveröffentlichung
1994
Taschenbuchausgabe
208 Seiten