Lob der Disziplin
Eine Streitschrift
Zusammenfassung zu “Lob der Disziplin”
Der Autor, seinerseits Vater, Erzieher, Lehrer und dreißig Jahre Leiter des Internats der Schule Schloss Salem, zieht in diesem Buch die pädagogische Quintessenz seines Lebens. Er will die Erkenntnisse berichten, die er aus seinem Leiden an der deutschen Erziehungskultur gewonnen hat. Und so seziert er sie erst einmal, die Auswüchse der deutschen Erziehungskultur, die in den Augen des Autors, immer noch sehr anders als die der Nachbarn ist und sich vor allem grundlegend von der englischen (Elite-)Erziehung unterscheidet. Disziplin und Autorität sind hierzulande in Verruf geraten. Sie haben in der Erziehung einem individualistischen Laissez-Faire-Ansatz Platz gemacht, es mangelt an Autorität der Erziehenden gegenüber den zu Erziehenden– sehr zum Schaden von Letzteren. Bueb versteht sein Buch als Streitschrift, auf Neudeutsch also als Diskussionsgrundlage und er liefert reichlich Zündstoff. Gefragt ist zunächst einmal überhaupt wieder Mut zur konsequenten Erziehung. Das setzt natürlich feste Wertmaßstäbe voraus. Eltern müssen sich wieder als jemanden begreifen, der Macht ausübt. Und das tun sie, weil sie ihre Kinder lieben. Wo Macht ist, ist Missbrauch nicht weit, aber darum sind ja auch die Wertmaßstäbe so grundlegend. Endlich wieder begreifen, dass Selbstdisziplin nur aus erlernter Disziplin entstehen kann. Und Heranwachsenden diese Disziplin nahezubringen, ist nun mal der Job und die Verantwortung der Erziehenden. Gleiches gilt für die Ordnung beziehungsweise ihr Gegenstück, die Unordnung. Ordnung ist heilsam, Chaos hingegen – um sich herum verteilt – erzeugt auch wieder Chaos, in der Seele und bei der Arbeit sowieso. Wo es um Macht, Disziplin und Ordnung geht, sind auch die Strafen nicht weit – sie gehören dazu. Aber, obwohl das scheinbar nicht zusammen gehört, so passt es doch, wenn man Bernhard Bueb aufmerksam gefolgt ist: Ein Mensch gedeiht nur dort, wo er auch spielen kann! Am Ende seines Buches appelliert der Humanist und Pädagoge alter Schule an die Eltern und Erzieher, den Mut aufzubringen, die Spannung, die sich zwischen den Polen Freiheit und Zwang in der Erziehung aufspannt, auszuhalten – zum Wohle ihrer Kinder.
Zitate
„Meiner Meinung nach ist das Problem von Zwang und Freiheit nicht eines der größten, sondern das größte Problem der Erziehung. Täglich haben Mütter, Väter, Lehrer und Erzieher die Spannung auszuhalten, Kindern und Jugendlichen Unterordnung, Gehorsam und Disziplin abzuverlangen und sie gleichzeitig in die Selbstständigkeit, zur Selbstdisziplin und zur Freiheit zu führen. Diese Spannung zu akzeptieren und jungen Menschen vorzuleben macht die Meisterschaft in der Erziehung aus und gehört zu den beglückenden Erfahrungen von Erziehenden. Das Wechselspiel von Zwang und Freiheit begleitet die Menschen ihr ganzes Leben. Denn Freiheit ist kein Zustand, den ein Mensch erreicht, sie ist eine täglich neu errungene Tugend. Junge Menschen erkennen sehr wohl, ob sich ein Erwachsener dieser Spannung stellt oder ihr ausweicht, indem er sie einseitig zugunsten des Zwangs oder des Laisser-faire löst. Sie nicht auszuhalten und sogar an ihr zu scheitern gehört zu den Leiden der Erziehenden.“
Persönliche Bewertung
Ausgewogene, klassisch aufgebaute Streitschrift zu Fragen der Erziehung, die ganz klar den Horizont erweitert.
Wie viel ist über dieses Buch geschimpft worden! Fast wurde, dem im Jahr 1938 in Britisch-Ostafrika geborenen Autor, vorgeworfen, wieder preußische Kadettenanstalten, in denen Zucht und Ordnung herrscht, in Deutschland einführen zu wollen. Nun ja, ganz abgeneigt wäre Herr Bueb dem vielleicht nicht, wenn denn in diesen „Kadettenanstalten“ auch gewährleistet wäre, dass zwischen den Polen Zwang und Freiheit ein Mittelmaß gefunden werden würde, dass der Entwicklung der jugendlichen Persönlichkeit in höchstem Maße förderlich wäre. Buebs Liebe und Besorgnis um die jungen Menschen, die ihm anvertraut wurden, fand in den vernichtenden Kritiken selten Erwähnung. Dabei scheint sie beim Lesen seines Buches aus jeder Zeile durch. Diese Streitschrift ist nicht einfach eine Forderung nach mehr Disziplin in der Erziehung. Eigentlich ist es eher eine Aufforderung an die Erziehenden, ihren Job mal im historischen Kontext zu betrachten. Denn oft sind die Erfahrungen, die die Geschichte lehrt, ein recht guter Lehrmeister.
Fazit
In der Summe liegt hier ein sehr ausgewogenes Buch vor, das sicher zu Unrecht diffamiert wurde. Besonders angetan war die Rezensentin von dem klassischen Aufbau und der klaren Sprache dieser Streitschrift. Unbedingte Leseempfehlung, da hier der Horizont erweitert wird – nicht nur der von Erziehenden.
- ISBN10
- 3471795421
- ISBN13
- 9783471795422
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2006
- Gebundene Ausgabe
- 173 Seiten