Oona Crate – Das Rätsel des schwarzen Turms
Zusammenfassung zu “Oona Crate – Das Rätsel des schwarzen Turms”
Da die zwölfjährige Oona Crate von der Magie nichts mehr wissen möchte und fest entschlossen ist, nach vier Jahren Ausbildung ihre Stelle aufzugeben, sieht sich ihr Onkel gezwungen, in der New York Times die Stelle für einen neuen Zauberlehrling auszuschreiben. Es treffen nicht viele Bewerbungen ein, denn kaum jemand weiß, dass Post die Dark Street nur erreicht, wenn der Brief angezündet wird, nicht auf dem herkömmlichen Postweg. Oona hat ein schlechtes Gewissen ihrem Onkel gegenüber, doch die Magie ist Schuld daran, dass sie eine Waise ist, und so möchte Oona lieber Detektivin werden anstatt die Nachfolge ihres Onkels anzutreten. Ihr ständiger Begleiter ist der Rabe Deacon, ein sprechender magischer Rabe, der eine komplette Enzyklopädie inklusive „Who is Who“ der Dark Street in seinem Kopf gespeichert hat. Oona wohnt zusammen mit ihrem Onkel im Pendulum House in der Dark Street an der Drift, einem Ort zwischen den Welten an der Schwelle zum Feenland und zur Menschenwelt, deren Eisentor sich einmal pro Nacht für eine Minute in Richtung New York City öffnet. Seit die Bewohner der Dark Street sich weitgehend nicht mehr für Magie interessieren, ist es die Aufgabe des obersten Magiers, Oonas Onkels, für das Gleichgewicht in der Dark Street zu sorgen und darauf zu achten, dass das Portal zum Feenland geschlossen bleibt.
Noch bevor ein Nachfolger bestimmt ist, bekommt Oona ihren ersten Fall: Aus Madame Irees Boutique für feine Ladys wurden die Kleider für den Maskenball am nächsten Abend gestohlen. Sonderbar daran ist, dass die Tür des Ankleideraums, in dem die Kleider aufbewahrt wurden, fest verschlossen war und keine Einbruchspuren zu sehen sind. Oona lässt sich dazu hinreißen, der arroganten Tochter von Madame Iree zu versprechen, den Diebstahl bis zum Maskenball aufzuklären und die Kleider wiederzubringen. Während des Bewerbungsgesprächs mit den Anwärtern auf die Position des Zauberlehrlings geschieht das nächste Verbrechen: Oonas Onkel wird von einem magischen Dolch getroffen und verschwindet dabei spurlos. Ob er dabei getötet wurde oder was mit ihm passierte, weiß niemand, doch Oona verspricht sich und ihrem Onkel, den Fall aufzuklären und ihn zu finden und zurückzubringen, sollte er noch am Leben sein. Doch es steht nicht nur ihr und das Leben ihres Onkels auf dem Spiel, sondern auch die Zukunft der Dark Street …
Wichtige Charaktere
- Oona Crate
- der Rabe Deacon
- Oonas Onkel Alexander, der Zauberer
- die Zwillinge Isadora und Adler Iree
- Lamont John-Michael Arlington Fitch der Dritte
- Hector Grimsbee
- Sanora Crone
- Inspektor White
- Red Martin
- der Feendiener Samuligan
- der Anwalt Mr Ravensmith
Zitate
„Oona schüttelte den Kopf. Außer in der Dark Street gab es keinen Ort, wo die Straßenuhren nicht nur die Zeit anzeigten, sondern auch Witze erzählten — noch dazu ziemlich schlechte.“
„Trotz seiner ungepflegten, überwucherten Beete war der Garten im Innenhof des Pendulum Hauses Oonas Lieblingsort, an den sie sich zurückzog, wenn sie in Ruhe nachdenken wollte. Von allen Seiten umgeben von den hohen Mauern des großen Herrenhauses, bot er ihr die Ruhe und Abgeschiedenheit, die sie suchte. Nach all den betrüblichen Ereignissen des Abends hatte sie sich danach gesehnt, seine beruhigende Luft zu atmen und über die kleinen Rasenstücke mit den Seufzergräsern zu schlendern, die wie traurige Mädchen unter dem Sternenhimmel vor sich hin seufzten, vorbei an den Weidenblumen, deren Blütenblätter je nach bevorstehender Wetterlage die Blätter wechselten. Der Garten war ein verschwiegener Ort und nur den Bewohnern des Hauses bekannt. Für Oona war es der beste Platz auf der Welt, um ihre Gedanken über die Hügel und Täler der endlosen Mysterien wandern zu lassen, die ihren Geist beschäftigten.“
Links
Song zum Buch von Shawn T. Odyssey
Persönliche Bewertung
Hinreißende Geschichte, die unbedingt nach einer Fortsetzung verlangt
Odyssee erzählt eine zauberhafte Geschichte mit sehr gelungenen Beschreibungen von Charakteren und Szenerien. Besonders hervorzuheben sind die erfrischenden Charaktere zum Schmunzeln und ins Herz schließen: Oona als sympathischer Hauptcharakter und unperfekte Heldin, ihr Begleiter, der Rabe Deacon als heimlicher Star der Geschichte, der charmante Adler Iree oder Samuligan, der etwas unheimliche, aber faszinierende Feendiener, der gegen seinen Willen durch einen Fluch zum Bediensteten von Pendulum Haus wurde. Ebenso interessant sind die Hexen, die niemals ihre Hüte absetzen und nur selten ihren Hügel verlassen – die Erklärung hierfür regt zum Nachdenken an und trägt zum Anspruch der Geschichte bei. In der Besetzung gibt es wenig eindeutiges „Gut“ und „Böse“, stattdessen sind die Täter weitgehend Charaktere, die nicht aus Bosheit, sondern aus Not und Unbedarftheit großen Schaden anrichten. Statt Schwarz-Weiß-Malerei werden Feigheit, Erpressung und Naivität, Angst und Eitelkeit thematisiert. Nebenbei geht es durch Oonas Person um so wichtige Lebensfragen wie darum, seinen eigenen Weg zu finden, unabhängig von Erwartungen – die in der Realität besonders durch Familie und das Umfeld entstehen können. Oona zeigt sich sehr mutig, als sie ihrer Leidenschaft folgt und sich später ihrer Angst und ihrem Trauma stellt. Denn auch darum geht es: Oona ist durch den Tod ihrer Familie traumatisiert und möchte der Magie abschwören, weil diese so viel Leid über sie gebracht hat. Neben der Spannung und Fantasie findet sich in diesem Buch allerhand subtiler Tiefsinn.
Insgesamt ist die Welt, die Odyssey in „Oona Crate“ erschafft, keine flache Fantasywelt, sondern weist für ein Buch mit dieser Zielgruppe (Leserinnen und Leser ab 10 Jahren) eine recht komplexe Tiefe auf, die viel Raum lässt für eine Vielzahl weiterer Abenteuer. Das Haus allein ist eine Kulisse, die zu weiteren Bänden anregt, das man in weiteren Abenteuern näher erkunden möchte, so aufregend sind die wenigen Räume, deren Geheimnisse im ersten Band enthüllt werden. Da gibt es die Kapitänskajüte mit Bullaugen und nautischen Instrumenten, die nicht nur durch die Einrichtung und Dekoration, sondern auch durch authentischen Salzwasser-Geruch und schwankende Fußböden die passende See-Atmosphäre schafft. Oder es gibt ein komplett rosarotes Zimmer, in dem alles Rosa aussieht. Wunderbar klischeefrei betont der Autor hier, dass Oona dieses Zimmer nicht mag: „Obwohl es mit Abstand das ungefährlichste Zimmer des Hauses war, konnte Oona es am wenigsten ausstehen.“ Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie sich Oona positiv von klischeebehafteten weiblichen Helden abhebt.
Ebenso märchenhaft wie die Geschichte selbst wirken die Namen der wichtigsten Orte: die Dark Street, das Nightshade Hotel, das Pendulum Haus. Was sehr offensichtlich und gewollt wirken könnte, erscheint in „Oona Crate“ stimmig und passend. Die Kulissen insgesamt sind bezaubernd und mögen für den einen oder anderen klischeehaft und bekannt wirken, schaffen jedoch eine wunderbare Atmosphäre: ein Zauberladen, ein altes Haus voller magischer Zimmer mit einem wilden Garten im Innenhof, das Tor zu einer anderen, magischen Welt. Odyssey beweist in seiner Geschichte mit vielen Kleinigkeiten Kreativität und Witz und macht dieses Buch damit so lesenswert und begeisternd: Zum Beispiel sind die Mitglieder der juristischen Magierallianz durch ihre Tätowierungen im Gesicht zu erkennen. Nach Vollendung jedes Studienzirkels wird ein neues Symbol eintätowiert, sodass anhand des Gesichtsschmucks der Ausbildungsstand abgelesen werden kann. Fantasievoll ist auch die Idee, magische Verträge in Notenschrift zu schreiben, statt langer Rechtsfloskeln gibt es also komplizierte Partituren.
Wer einen Krimi erwartet, wird von diesem Buch vielleicht enttäuscht sein. Zwar geht es auch darum, den Diebstahl und das Schicksal Oonas Onkels aufzuklären, doch für einen klassischen Krimi verlaufen die Ermittlungen recht geradlinig. Oona hängt zwar verschiedenen Theorien nach, doch kommt sie verhältnismäßig schnell auf die Lösung. Das tut dem Lesespaß jedoch keinen Abbruch, denn im Fokus stehen die magische Kulisse, die fantasievollen Charaktere und Oona selbst genauso wie die Lösung des Falls.
Die Geschichte ist mit dem Ende abgeschlossen, lässt jedoch offen, ob es eine Fortsetzung geben könnte. Man könnte sich „Das Rätsel des schwarzen Turms“ sehr gut als ersten Band einer Reihe vorstellen, in der Oona zusammen mit Deakon, Adler und ihrem Onkel auf magische Weise Fälle rund um die Dark Street löst. Die englische Website bestätigt diesen Eindruck inzwischen: Im Original gibt es schon einen zweiten Band, der hoffentlich bald ins Deutsche übersetzt erscheint.
Fazit
„Oona Crate“ ist ein bezauberndes, erfrischend gewaltloses und trotzdem spannungsvolles Buch voller faszinierender Charaktere und Kulissen, das genug Potenzial für eine märchenhafte Reihe fantasievoller und phantastischer Abenteuergeschichten bietet.
- Originaltitel
- The Wizard of Dark Street: an Oona Crate mystery
- ISBN10
- 3522183258
- ISBN13
- 9783522183253
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2012
- Gebundene Ausgabe
- 320 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 10 Jahren