Düsteres Verlangen

Die wahre Geschichte des jungen Victor Frankenstein

Autoren
Illustrator
Gerold Anrich
Übersetzer
Gerold Anrich
Verlag
Beltz und Gelberg
Anspruch
4 von 5
Humor
4 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
5 von 5

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Zusammenfassung zu “Düsteres Verlangen”

Victor und sein Bruder Konrad sind Zwillinge, die zusammen mit ihren Geschwistern, ihren Eltern und ihrer hübschen entfernten Cousine Elizabeth sowie einigen Bediensteten aufwachsen. Gelegentlich ist auch ihr Freund Henry mit von der Partie. Eines Tages entdecken die Kinder beim Spielen in den Tiefen des Schlosses die Bibliotheca Obscura, die Dunkle Bibliothek. Der Vater erklärt ihnen, dass ein Vorfahr sie anlegte und in ihr allerhand Bücher über Alchemie aufbewahrte. Da es seiner Meinung nach keine Hexerei gibt, die Bücher damit Unfug sind und der Zugang zur Bibliothek nicht ungefährlich ist, verbietet der Vater den Kindern, sie noch einmal aufzusuchen. Als Konrad an einem schweren Fieber erkrankt und die Ärzte ihm nicht helfen können, steht Victor vor einem Dilemma: Obwohl Konrads Krankheit ihm vermeintlich größere Chancen bei Elizabeth (die sich für Konrad entschieden hat) einräumt, fühlt sich Victor in der Pflicht, alles in seiner Macht stehende zu versuchen, um seinen Bruder zu retten.

In der Dunklen Bibliothek finden sie ein Buch von Paracelsus, das sie jedoch nicht übersetzen können. Von einem Hausmädchen erfährt er von einem Alchemisten, der vor vielen Jahren sehr angesehen und erfolgreich war, und beschließt zusammen mit Elizabeth, ihn aufzusuchen und um Rat zu bitten. Der unheimliche Julius Polidori staunt, dass die beiden Kinder noch ein Examplar des verloren geglaubten Buches von Paracelsus besitzen und verspricht, die Formel für das Elixier des Lebens zu übersetzen. Victor, Elizabeth und Henry beschaffen die geheimnisvollen Zutaten für das Elixier unter Einsatz ihres Lebens, bis die letzte Zutat fällig ist, die Victor ein unvorstellbar hohes Opfer abverlangt…

Wichtige Charaktere

  • Victor Frankenstein
  • sein Zwillingsbruder Konrad
  • ihre Eltern
  • ihre Cousine Elizabeth Lavenza
  • ihr Freund Henry Clerval
  • Maria
  • Dr. Lesage
  • Dr. Bartonne
  • Dr. Murnau
  • Julius Polidori und sein Luchs Krake

Zitate

„‚Ich habe immer noch die Hoffnung‘, meinte er ruhig, ‚dass die Franzosen eine friedliche Republik wie die unsere errichten werden, die davon ausgeht, dass alle Menschen gleich sind.‘
‚Und die Frauen ebenfalls‘, sagte Mutter und fügte dann streng hinzu: ‚Gleich den Männern, meine ich.‘
‚Ach‘, sagte Vater gutmütig schmunzelnd. ‚Auch das wird mit der Zeit kommen, mein Liebling.‘
‚Es würde schneller kommen‘, antwortete Mutter, ‚wenn die Erziehung der Mädchen nicht darauf ausgerichtet wäre, sie in demütige, schwachsinnige Wesen zu verwandeln, die ihre wahren Möglichkeiten verschleudern.'“

„‚Wenn ich mir bei völliger Dunkelheit einen Weg durch den Wald bahnen und auf einen Baum klettern soll, brauche ich dafür geeignete Kleidung. Und zwar keine Frauenkleidung. Ich brauche Hosen.‘
‚Hosen?‘, fragte ich erstaunt.
‚Du klingst überrascht.‘
‚Ich bin davon ausgegangen, dass nur Henry und ich auf den Baum klettern.‘
‚Oh.‘ Sie nickte demütig. ‚Ja, ich denke, das wäre wohl besser. Ich kann ja unten warten und im Schein der Laterne sticken…‘
‚Elizabeth…‘, sagte ich, als ich die aufflackernde Wut in ihrer Stime hörte.
‚…oder einfach von der neuesten Pariser Mode träumen.‘
‚Polidori hat gesagt, dass der Baum extrem hoch ist.‘
‚Ungefähr so hoch wie der, aus dem ich dich vor ein paar Jahren gerettet habe?'“

Alle Bände der Reihe

1. Düsteres Verlangen – Die wahre Geschichte des jungen Victor Frankenstein
2. Ein dunkler Wille – Das Schicksal der Brüder Frankenstein

Links

Leseprobe (PDF) beim Verlag

Persönliche Bewertung

Eine packende, unheimliche und intelligent erzählte Geschichte

5 von 5

Wer (wie die Rezensentin) mit Begeisterung Mary Shellys „Frankenstein“ gelesen hat, kann sich die Ansprüche vorstellen, die sich an ein Werk stellen, das auf einen solchen Klassiker aufbaut. Glücklicherweise werden die Erwartungen voll erfüllt: Der Autor greift die düstere Atmosphäre und den zwielichtigen widersprüchlichen Charakter des Victor Frankenstein auf und zeigt seine Fazination, die ihm die Macht über Leben und Tod beschert. Die Alchemie als geheimnisvolle, beängstigende aber dennoch faszinierende „Wissenschaft“ passt bestens in die Atmosphäre, genauso wie der exzentrische, etwas unheimliche und undurchschaubare Alchemist Polidori mit seinem Luchs.

Kenneth Oppel erzählt die Geschichte in Ich-Form aus Sicht des Victor Frankenstein. Der Leser gewinnt dadurch Einblicke in die Psyche und die widersprüchlichen Gedanken und Gefühle des Hauptcharakters und fühlt – zumindest teilweise – mit ihm. Viele Szenen wirken vor allem durch die Unmittelbarkeit des Ich-Erzählers besonders bedrohlich, ganz wie das von einer guten Gruselgeschichte zu erwarten ist. Doch „Düsteres Verlangen“ ist nicht nur das: Nebenbei erfährt der Leser geschichtliche Hintergründe durch die Einbeziehung der Frankenstein-Eltern, die dank ihrer modernen politischen Auffassung einmal in der Woche ihre Angestellten bekochen, anstatt sich von ihnen bedienen zu lassen. Auch der kritischen Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen trägt der Autor Sorge: So ist Elizabeth mindestens ebenso mutig wie ihre beiden Cousins und unerschrockener als der eher ängstliche Henry. Zudem reagiert sie mit Sarkasmus und Unwillen, versucht man sie in ihre traditionelle Rolle zurückzudrängen. Die Mutter merkt außerdem beim Abendessen an, was die Erziehung der (damaligen) Mädchen aus ihnen machte und wie sie ihrer Gleichberechtigung entgegenwirkte. Damit ist Kenneth Oppels Roman nicht nur äußerst spannend und gut geschrieben, er bietet auch den Anspruch, den man von einem wirklich guten Buch erwarten kann.

Fazit

Ein wunderbares Buch, großartig erzählt und bis zum Ende spannend und überraschend. Wer möchte, wird sich inspiriert fühlen, sich mit der Welt der Alchemisten, der politischen Situation oder der Rolle der Frau zur damaligen Zeit zu befassen. Alle anderen erfreuen sich einfach nur an einer packenden Gruselgeschichte voller Emotionen.

Originaltitel
This Dark Endeavour - The Apprenticeship of Victor Frankenstein
ISBN10
3407811217
ISBN13
9783407811219
Dt. Erstveröffentlichung
2012
Gebundene Ausgabe
384 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 12 Jahren