Die Straße der tausend Blüten
Zusammenfassung zu “Die Straße der tausend Blüten”
Die Handlung beginnt im Japan des Jahres 1936. Handlungsort ist Tokio. Die Hauptprotagonisten sind die beiden Brüder Hiroshi und Kenji, die bei ihren Großeltern aufwachsen, denn die Eltern der beiden kamen bei einem tragischen Unfall um das Leben. Doch die beiden erfahren großes Glück bei ihren Großeltern, denn diese geben ihnen Liebe und Weisheit mit auf den Weg und lassen sie von einer Zukunft träumen, die ihrem jeweiligen Charakter entspricht, aber auch fest in den Traditionen des traditionellen Japan verankert ist. Hiroshi fühlt sich zum Sumo-Ringen hingezogen, sein zarterer Bruder Kenji hingegen entdeckt eines Tages die Faszination, die in der Herstellung der traditionellen japanischen Masken für das No-Theater verborgen liegt. Hiroshi beginnt seine Ausbildung in einem bekannten Ringerstall und Kenji wird von Tanaka, einem der angesehensten Maskenschnitzer aufgenommen. Alles könnte bestens sein, doch dann beginnt der Krieg. Die Großeltern versuchen die Jungen auf das Land zu schicken, doch nur Kenji reist für eine Weile, und wird auf einem abgelegenen Feld fast von Bomben getötet. In Tokio regieren mittlerweile Hunger und der allgegenwärtige Bombenhagel. Die traditionellen Strukturen der japanischen Gesellschaft scheinen in der Auflösung begriffen. Doch alle Familienmitglieder überleben das Grauen und die Armut und den Hunger des Krieges – sogar den Feuersturm, der über Tokio hinwegbraust, und Hiroshis zukünftiger Frau die Mutter raubt und das kleine Mädchen tief traumatisiert durchleiden Großeltern und Brüder zusammen in dem selbst gebauten Bunker ihres Gärtchens. Nach der Kapitulation geht es irgendwann wieder aufwärts mit Japan. Tokio erholt sich von den Verheerungen des Feuersturmes und der Bombenteppiche. Selbst in „Die Straße der tausend Blüten“ kehrt das altgewohnte Leben zurück. Hiroshi wird einer der erfolgreichsten Ringer in der Geschichte Japans, auch Kenji macht seinen Weg. Nur mit der Liebe und der Ehe scheint es für die beiden Brüder einfach so richtig zu klappen. Das ist das Gebiet, auf dem beiden die Erfüllung verwehrt zu sein scheint. So endet dieses japanische Gesellschaftsdrama dann auch einem Punkt, an sich die Träume der Brüder fast erfüllt haben, aber eben nur fast. Nun müssen sie dem realen Nachkriegsleben und einer sich verändernden japanischen Gesellschaft in das Gesicht sehen. Wie das ausgeht, würde der Leser auch gerne irgendwann erfahren.
Wichtige Charaktere
- die Brüder Hiroshi und Kenji
- die Großeltern der Brüder
- die Frauen und Kinder der beiden Brüder
- die Stadt Tokio, das Sumo-Ringen, die No-Masken, und der Zweite Weltkrieg
Zitate
„Yoshwara wusste, dass er anders war. Er tat sich in der Schule hervor und fand großen Gefallen am Kunstunterricht. Er sah die Schönheit in den Dingen, die die meisten Jungen für selbstverständlich hielten – die Krümmung eines Astes, die verschiedenden Grüntöne des Grases, die Form und Beschaffenheit der Steine. Das Leben, das er sich erträumte, hatte mit schönen Dingen zu tun.“
„Der finstere Tag, an dem Hiroshi zum ersten Mal den Katsuyama-beya besucht hatte, lag nun schon über ein Jahr zurück. Als er sich dem Ringerstall näherte, spürte er, wie sich sein Magen verkrampfte, eine Erinnerung an die Traurigkeit, die er beim letzten Mal mit sich durch das Tor getragen hatte. Nachdem der Rauch vom Feuersturm endlich abgezogen war, schienen die Menschen in fassungslosem Schweigen den Atem anzuhalten, als Japan kapitulierte. Doch nach und nach fand das Leben wieder Einzug. Die ersten Anzeichen waren die Vögel, die zurückkehrten, zögerlich kreisten, bevor sie auf den verkohlten Überresten von Gebäuden oder Baumstümpfen landeten.“
„Aki verspürte einen kleinen Nadelstich der Eifersucht. Eigentlich sollte sie es sein, die da unten im Garten stand und die Arme ausbreitete, um ihre Tochter aufzufangen und sie an sich zu drücken. Aber Takara war auf diese Weise glücklich und gesund. Und sie getraute sich immer noch nicht. Takara konnte immer noch etwas zustoßen. Genau wie Takashi, der im Schlaf gestorben war, Todesschlaf, Tod.“
Persönliche Bewertung
Japanisches Gesellschaftsdrama über den Schock des Zweiten Weltkrieges. Poetisch wie die Zeit der Kirschblüte.
Ein in leichter und poetischer Sprache geschriebenes, wenngleich auch grundlegend einfach gestricktes Gesellschaftsdrama über den Schock, in den der Zweite Weltkrieg die japanische Gesellschaft versetzte. Von der ersten Seite an gelingt es Gail Tsukiyama, ihren Hauptfiguren Lebendigkeit einzuhauchen. Der Leser fiebert mit, ob es den beiden Jungen wohl gelingen wird, über die Verwerfungen der Zeit hinaus, ihren Zielen treu zu bleiben. Wahrhaft grandios geraten ist die Ausgestaltung der Kriegszeit. Hier wird die Autorin historisch sehr genau. Mit leichter Hand gelingt es ihr, Bilder zu zaubern, die umfassend beeindrucken. Die Beschreibung der Starre, des Schocks, und der Verwüstungen, die der Zweite Weltkrieg nicht nur äußerlich, sondern auch im Wertesystem der japanischen Gesellschaft hinterlassen hat, sind wohl das eigentliche Anliegen dieses Buches. Und vermögen direkt das Herz des Lesers anzurühren. Liest man diesen sprachlich an die Traumhaftigkeit der Kirschblütenzeit erinnernden Roman, kann auch ein Europäer verstehen, was der japanische Regierungssprecher überhaupt meinte, als er davon sprach, dass der Tsunami, das Erdbeben und die Atomkatastrophe des Jahres 2011 für die japanische Gesellschaft die größte Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg gewesen sei. Wer einen Teil der japanischen Mentalität verstehen will, ist gut beraten, dieses Buch zu lesen – und wird dabei auch noch auf das Angenehmste unterhalten.
- Originaltitel
- The Street of a Thousand Blossoms
- ISBN10
- 3426197898
- ISBN13
- 978 3426197899
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2009
- Gebundene Ausgabe
- 616 Seiten