Gier
Ein Unterhaltungsroman
Zusammenfassung zu “Gier”
Der Landgendarm Kurt Janisch ist ein tüchtiger Polizist, Familienvater und Häuslebesitzer in einem. Doch er will mehr. Zusammen (mit seinem Sohn) umtreibt ihn die „Gier“ nach mehr Besitz, wobei er es vor allem auf Häusle abgesehen. Eines, in dem dann auch noch „die Alte“ wohnt, reicht ihm längst nicht. Mittel zum Zweck ist ihm seine sexuelle Potenz. Die Reihe herum beglückt er Damen in seinem Revier – sorgsam ausgewählt, nach möglichem Besitz, den sie möglicherweise zu vererben hätten. Als ihm das nicht ausreicht – mit seiner Angetrauten hat er sich natürlich mühsam auseinander gelebt – beginnt er sich mit der 16-jährigen Gabi herumzutreiben. Als diese ihm im Wege zu sein scheint, wird sie ausgelöscht, von genau dem Gendarmen, der dann auch die Ermittlungen zu leiten hat. Nur eine ahnt, wer der Täter war, Janischs langjährige Geliebte, die Witwe Gerti, die sich dann bequemerweise auch noch das Leben nimmt. Am Ende war alles nur ein Unfall.
Wichtige Charaktere
- Landgendarm Kurt Janisch
- der Sohn des Gendarmen
- die langjährige Freundin des Gendarmen die Witwe Gerti
- die 16-jährige Gabi
Zitate
„Das man einer alten Frau die Windeln wechseln muß, davon hat Gott nicht gesprochen. Deswegen hat die junge Frau ja einen so harten Schädel, die Meinungen der Kirche sind ja überhaupt das Festeste, was es gibt. Da kann die Alte ruhig bis zum Abend in ihrer eigenen Scheiße liegen bleiben, oder gleich bis sie rostet, wir gehen jetzt in die Abendmesse, bis zum Bettgehn muß sie durchhalten die Alte, nicht die Kirche, die hält schon viel länger stand und braucht keine Windeln. Denn sie nimmt und nimmt und gibt niemals her, was sie einmal hat. Von ihr haben wir es vielleicht gelernt, nein, das haben wir schon vorher gekonnt.“
„Es kann grundsätzlich alles mit Frauen gemacht werden, als hätten sie was angestellt und wollten bestraft werden. Und was mit ihnen noch nie gemacht worden ist, das machen dafür umso lieber. Das geht den Männern ungefähr so gegen den Strich, wie sich ans Klavier setzen und nicht spielen können. …Bei Frau kommt ja nicht einmal das Selbstverständliche von selbst, es muß ihnen erst erklärt und gezeigt werden, nachdem sie mit einem hartem Griff an die Brüste und Geschlecht überrumpelt worden sein werden.“
Persönliche Bewertung
Elfriede Jelinek versprüht ihren gnadenlos humorfreien Hass auf die Welt
Was sich in der Inhaltsangabe vielleicht als ein „unterhaltsamer“ Kriminalroman darstellt, entpuppt sich, wenn man beginnt, die Buchstaben zwischen den Buchdeckeln aneinanderzureihen, als etwas ganz anderes. Auch geht es in diesem Buch nicht hauptsächlich um die menschliche Gier, wie es der Titel verspricht, es geht um Hass. Um den Hass der Autorin Elfriede Jelinek auf diese Welt, in der wir alle leben und um den verachtungsvollen Hass auf das Leben in ihrer Heimat Österreich im ganz besonderen. Dieser wird – sprachlich oft monumental daherkommend – geradezu herausgeschrien. Jeder bekommt sein Fett ab: Die Männer, dominiert von ihren sexuellen Allmachtsfantasien genauso wie die sich denselben dümmlich-dreisten Männern schamlos verschämt dahingebenden Frauen. Und es geht weiter: Kirche ist ganz böse, was im Kosovo und Balkan passiert, ist Ausfluss der aller menschlicher Untiefen, der Umgang mit den Alten spottet jeder Beschreibung, da man sie am besten mit Maiglöckchenwurzel umbringt. Diese Aufzählung ließe sich fast beliebig fortsetzen. Immerhin ist das Buch ein 460-Seiten Epos. Es gibt nichts auf dieser Welt, das tröstlich ist. So wird der Roman von der ersten Seite an zu einer ganz persönlichen Abrechnung der Autorin mit ihrer Heimat und ihren ureigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen. Und Jelinek macht sich dabei nicht einmal die Mühe, ihre Sprache in ein lesbares Format zu bringen, sie schludert sie auf arrogante Weise dahin. Natürlich blitzen in Wortfetzen auf, die die schriftstellerische Größe der Autorin zeigen. Aber am Ende bleibt einfach, als Eindruck der sich dem Leser richtiggehend einbrennt, die Arroganz mit der Elfriede Jelinek ihre Sicht auf die Welt dem Leser vor den Latz knallt. Diese Art wirkt schon fast unverschämt, und Scham war ja auch nie das Thema der Jelinek, und es artet fast in Masochismus aus, sich durch dieses Buch durchzuquälen – das mag vielleicht anders sein, wenn man Bewohner der Steiermark ist und dazu verurteilt, in der von Jelinek beschriebenen Welt zu leben. Nur, falls man zu diesen unglücklichen Menschen gehört, vergrößert die Lektüre dieses Buches das Elend ja nur ins Unermessliche. Aber es war ja nur Unfall – mit diesem Satz endet das Buch – Gleiches kann man vielleicht zu diesem „Unterhaltungsroman“ sagen, der nichts weniger tut, als zu unterhalten. Und das wäre schon fast ein Kompliment – denn eigentlich ist das Werk eine Beleidigung für den Leser. Nur, dass gehört eben auch zur Freiheit des Schriftstellers.
Fazit: Vorsicht! Mit unglaublicher Arroganz durchzogen von monumentalen Sprachfetzen versprüht Elfriede Jelinek ihren gnadenlos humorfreien Hass auf die Welt und ihre Heimat Österreich im Besonderen.
- ISBN10
- 349923131X
- ISBN13
- 9783499231315
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2002
- Taschenbuchausgabe
- 464 Seiten