Ashby House

Autoren
Verlag
Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv)
Anspruch
5 von 5
Humor
5 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
4 von 5

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Zusammenfassung zu “Ashby House”

Lucille Shalott gehört zu den berühmtesten Fotografinnen der Welt, ihre Starportraits sind legendär und sie bewegt sich unter den Reichen und Schönen. Doch dann wird sie durch einen tragischen Unfall, verschuldet durch ihre Schwester Laura, an den Rollstuhl gefesselt. Die beiden Schwestern entziehen sich der Presse und beziehen ein altes Haus im englischen Cornwall. In dem kleinen Ort Land’s End fühlen sie sich vor Paparazzis und neugierigen Blicken sicher. Laura gefällt das alte Haus nicht, das Lucille erstanden hat, schon beim Einzug beschleicht sie ein ungutes Gefühl. Das anstrengende Verhältnis der beiden Schwestern, eine sprichwörtliche Hassliebe voller kleiner Gemeinheiten und Schikanen, tut sein Übriges, um die ersten Tage in Ashby House zu erschweren.

Der Butler Steerpike und die Köchin Rose Marsh unterstützen die beiden Schwestern, doch davon abgesehen sind sie von der Außenwelt weitgehend abgeschottet. Zusammen mit Steerpike beginnt Laura das Haus zu erkunden. Warum das zweite Stockwerk gesperrt ist, erschließt sich ihr nicht sofort. Doch als sich während ihrer, mit Hilfe einer Kamera von Lucille verfolgten, Expedition mysteriöse und durch naturwissenschaftliche Gesetze nicht zu erklärende Dinge ereignen, beginnt Laura zu ahnen, dass mehr hinter dem Haus steckt als vermutet.

Eines Nachts verschwindet Lucille spurlos, und Laura und Steerpike sind sich sicher, dass sie von Ashby House verschlungen wurde. Gleichzeitig ahnt Laura ein düsteres Geheimnis in der Geschichte des Hauses und der Geschwister Ashby, die hier vor vielen Jahrzehnten wohnten. Auch scheint Lucille das Haus nicht rein zufällig ausgewählt zu haben. Sie arbeitet an einem neuen Projekt, dessen Spur sie nach Ashby House führte. Die Lage spitzt sich zu, als die Presse erfährt, dass sich die berühmte Fotografin in Cornwall aufhält, und schließlich auch noch der berühmte Hollywoodstar Stephen Steed Lucille unangemeldet besucht. Wie soll Laura das Verschwinden ihrer Schwester erklären und wie soll sie Lucille wiederfinden?

Wichtige Charaktere

  • Lucille und Laura Shalott
  • Steerpike
  • Hector Slasher
  • der Hund Mowgli
  • Stephen Steed
  • Lotte Herbst
  • Rose Marsh
  • Kathy Claighbourne
  • Jeraldine Dvorak
  • Lucy Gray
  • Deborah und Sebastian Branwell Ashby

Zitate

„Die gesamte britische Fernsehwelt strahlte Sondersendungen über die Schwestern Shalott aus. Um nicht immer wieder dieselben Aufnahmen eines hermetisch abgeriegelten Hauses und seiner Belagerung erst durch die Presse, dann durch das Militär präsentieren zu müssen, hatten sich britische Journalisten auf den Weg in die Welt gemacht, um Stimmungsbilder einzufangen. In Ermangelung kompetenter Zeugen wurden Filmhistoriker, Fan-Clubs, Männer und Frauen auf der Straße zu den Ereignissen befragt. Diese Beiträge folgten dem weltweit gültigen boulevardjournalistischen Gesetz: ‚Hast du keine Informationen aus erster Hand, dann frage die zweite, dritte und vierte, was sie davon hält.'“

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Persönliche Bewertung

Eine mitreißende Gruselgeschichte und eine ironisch-satirische Gesellschaftskritik zugleich

5 von 5

„Ashby House“ ist auf den ersten Blick ein Roman, der eine Gruselgeschichte erzählt, doch das Buch ist weitaus vielschichter als das: Neben der eigentlichen Geschichte geht es um die Beziehung zwischen den beiden Schwestern, um eine interessante psychologische Studie. Gleichzeitig findet sich auch eine bissig-kritische Gesellschaftsatire, die die Welt der „Reichen und Schönen“, aber auch die Pressepraktiken aufs Korn nimmt. Das Buch selbst versteht sich ausdrücklich ein wenig als Soap Opera, und dieser Ansatz ist definitiv gelungen.

In einer echten Seifenoper dürfen natürlich Dramen nicht fehlen, und die gibt es in „Ashby House“ genug. Auf den Mund gefallen ist keine der beiden Schwestern, und so gibt es filmreife Sprüche am laufenden Band, die in der Tat aus einer Fernsehserie stammen könnten. Eine weitere essenzielle Zutat: der schöne, reservierte und etwas geheimnisvolle Butler Steerpike, der für den obligatorischen Anteil an Seifenopern-Erotik sorgt. Schließlich sind natürlich auch die beiden Sex-Szenen Pflichtprogramm – erfreulich ausgewogen und einer modernen Soap würdig konzentriert sich die Geschichte hier nicht auf heterosexuelle Körperlichkeit: Als Kontrast zu seiner distanzierten Art und zum Unmut der schönen Laura, deren Hoffnungen jäh zerstört werden, hat Steerpike den ersten sexuellen Auftritt, zusammen mit seinem jungen Lover. Dass Laura das Geschehen verfolgt und davon nicht unberührt bleibt, passt gut zum Ton der Geschichte, denn klischeehaft hätte es ein Mann sein müssen, der sich am Liebespiel zweier Frauen erfreut. Die Rollenklischees werden hier verkehrt und damit hat diese Szene – auch wenn sie auf den ersten Blick nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun hat – durchaus auch ihre Berechtigung in der Geschichte.

Die beiden Schwestern, der Butler, aber auch die Hollywood-Star und Lauras Schwarm Hector sind interessant und tiefsinnig charakterisiert. Der Fokus liegt klar auf Laura, doch eine Sympathieträgerin ist sie kaum. Dass die Geschichte dennoch funktioniert und sich der Mangel an wirklich sympathischen Charakteren (einzig Steerpike lässt sich durch die gesamte Geschichte kaum etwas zuschulden kommen, das seinen Sympathiefaktor beeinträchtigen würde) nicht negativ bemerkbar macht, liegt an der interessanten psychologischen und soziologischen Studie, die herausgekommen ist. Das Ganze spielt sich vor dem Hintergrund einer fesselnden und spannungsvollen Geschichte ab. Einziger Faktor, der Lesespaß und Spannung für einige Leser etwas zu dämpfen vermag, sind des Autors versiertes Wissen und Begeisterung für Filme und Schauspieler. Wer sich in der Welt Hollywoods nicht auskennt und mit dem Großteil der Namen nichts anzufangen weiß, wird sich in einigen Passagen etwas langweilen. Davon abgesehen ist die Satire auf die oberflächliche Gesellschaft der oberen Schichten hervorragend gelungen und zeigt, dass es keinen Grund gibt, Berühmtheiten zu beneiden, denn sie zahlen in den meisten Fällen einen hohen Preis für ihr luxuriöses Leben.

Fazit

Ein sehr gelungener Debütroman eines vielversprechenden Autors, der erstaunlicherweise erst 2012 verlegt wurde. Sprachlich ausdrucksvoll, vielschichtig und fesselnd erzählt.

ISBN10
3423213515
ISBN13
9783423213516
Dt. Erstveröffentlichung
2012
Taschenbuchausgabe
320 Seiten