Interview mit Nick Knite
Der Papertoy Künstler Nick Knite, der zuletzt das Bastelbuch "Papierroboter" im h.f.ullmann Verlag herausgegeben hat, stand uns im Buchhexe-Interview Rede und Antwort.
Meistens lesen wir Bücher, aber manchmal gibt es auch Bücher, da wird die Buchhexe zur Bastelhexe. So war es z.B. bei dem Buch „Papiermonster“ des h.f.ullmann Verlags. Bei solch schaurig-lustigen Gestalten konnten wir nicht anders als zu Schere und Klebstoff zu greifen. Ein Monster, das Toastmonster Tongue Toastie, hat dann in unserem Hexenbüro den Toaster für sich entdeckt. Als wir das Foto auf Facebook posteten, bekamen wir einen Kommentar von seinem Erfinder, Nick Knite. Kurze Zeit später gesellte sich auch noch eine zweite seiner Schöpfungen, das Eismonster „Evil Icy“ zu uns – es war Hochsommer… Als im Herbst das von Nick Knite herausgegebene Papertoybuch „Papierroboter“ bei uns eintraf, fassten wir den Entschluss, mehr von diesem Papertoy-Künstler aus Essen zu erfahren, über das Basteln, die Szene und die neuesten Ideen.
„Und ganz ehrlich: Erwachsenwerden ist echt vollkommen überbewertet! ;)“
Buchhexe: In deiner Danksagung zu Papierroboter schreibst du etwas von Kindheit und Zwang zum Erwachsenwerden. Wie schwer ist es, in einer Welt, die immer wahnwitziger wird, sich seine eigene Version von Peter Pan und dem Nimmerland zu bewahren?
Nick Knite: Ich persönlich finde es gar nicht so schwer, ich mache es einfach! Man muss da, denke ich, nur die richtige Balance finden zwischen Alltag, Hektik, Tagesjob und eben dem, was Spaß macht und einen auch jung hält. Bei mir ist dies die Flucht in diese Welt der selbsterdachten Figuren und Charaktere. Und ganz ehrlich: Erwachsenwerden ist echt vollkommen überbewertet! ;)
Buchhexe: Was können Paper Toys bewirken? Worin liegt ihre Kraft und ihre Faszination?
Nick Knite: Ich denke, diese Frage kann nur jeder für sich selbst beantworten. Für mich sind sie zum Einen das oben genannte Festhalten am Kindsein, zum Anderen aber auch etwas, wo ich meine Kreativität ausleben kann. Ich liebe es, neue Formen zu kreieren und diese zum Leben zu erwecken. Das faszinierendste an den Papertoys ist für mich, dass wir durch sie quasi das Beamen erfunden haben. Was ich damit meine, ist, dass wir die Figur ja gestalten, bauen und dann in Form einer zweidimensionalen Datei überall in die Welt schicken können, dort benötigt man lediglich einen Drucker, ein Messer oder eine Schere, Klebe und etwas Zeit, und aus der Datei wird wieder eine Figur in 3D! Das ist für mich auch die schönste Belohnung meiner Arbeit, Bilder von meinen kleinen Kreaturen im Netz zu finden, die jemand irgendwo auf der Welt gebaut hat.
„Es ist mir sogar schon passiert, dass ich in einer Wolke die Inspiration zu einer neuen Form für eine Figur entdeckt habe…“
Buchhexe: Woher nimmst du deine Ideen für deine Kreationen? Wer oder was beeinflusst und inspiriert dich?
Nick Knite: Da gibt es sehr vieles und viele! Das Internet ist da vermutlich die wichtigste und unerschöpflichste Quelle, aber ebenso wahscheinlich ist es, beim Blick nach links und rechts etwas zu sehen, was mir eine Idee gibt. Es ist mir sogar schon passiert, dass ich in einer Wolke die Inspiration zu einer neuen Form für eine Figur entdeckt habe…
Ich liebe es, mit Formen zu spielen und zu sehen, wie man welche Formen umsetzen kann und es dennoch noch „bastelbar“ ist bzw. bleibt. Ich habe von Papertoy-Freunden schon gehört, dass man Figuren von mir sogar erkennt anhand der Form und Herangehensweise. Allerdings sehe ich es (noch) nicht so, als dass ich meinen Stil schon gefunden hätte, ich entwickle mich (hoffentlich) immer noch weiter. Freunde aus dem Buch wie 3eyedbear, ABZ, Matt Hawkins und Shin Tanaka haben schon einen unverkennbaren Stil für sich gefunden und sind sofort erkennbar – da möchte ich gern auch irgendwann ankommen.
Buchhexe: Du kennst viele Papertoy-Künstler auf der ganzen Welt. Gibt es kulturelle Eigenarten und Unterschiede in der Gestaltung und Umsetzung?
Nick Knite: Das finde ich eben das faszinierende an Papertoys, es ist eine globale Szene, wo man sich (dank des Internets) auch sehr gut vernetzen und austauschen kann. Auf jeden Fall gibt es kulturelle Unterschiede und verschiedene Herangehensweisen an das Medium Papertoys, meist jedoch bestimmt der persönliche Geschmack und Stil das, was am Ende für ein Toy entsteht. Wenn Du Dir das Buch anschaust, und wir haben von Japan bis Hawaii ja quasi den Globus einmal umspannt, sind schon sehr unterschiedliche Figuren und Ideen umgesetzt worden von den Künstlern. Allerdings denke ich nicht, dass man unbedingt anhand der Roboter sehen kann, wo welcher Künstler herkommt.
Aber Sal Azad zb. kommt aus Indonesien und hat schon häufig Figuren gestaltet, die klassische indonesische Themen umsetzten und Kostüme/Trachten trugen. Ich wiederum werde wohl nie eine Figur mit Lederhosen gestalten.. (;
„Hier bei uns in Deutschland steckt es tatsächlich noch in den Kinderschuhen, obwohl es auch hier immer mehr Anklang findet und wächst.“
Buchhexe: Wo ist die Papertoy Szene am größten? Wie sieht es in Deutschland aus?
Nick Knite: Ich glaube, dass die Szene noch immer in den USA am größten ist, aber auch in Asien gibt es sehr viele Künstler und auch Fans der Szene und aktive Bastler. Hier bei uns in Deutschland steckt es tatsächlich noch in den Kinderschuhen, obwohl es auch hier immer mehr Anklang findet und wächst. Allerdings eher im Bereich des Bastelns, nicht unbedingt des Gestaltens, da bin ich hier leider noch relativ allein unterwegs. Wir (das Urban Paper Collective) haben jetzt schon zum zweiten Mal in Arnsberg beim Kunstsommer eine Ausstellung und Workshop abgehalten und die Resonanz war überwältigend, viele Kinder und auch Erwachsene waren dort und haben sich für die Exponate begeistern können und auch fleißig mitgebastelt – das lässt mich für Deutschland auch noch hoffen! Vielleicht steuert unser Buch dabei ja auch wieder ein wenig zu dem Wachstum bei, das wäre doch toll!
Buchhexe: Man hat den Eindruck, dass Papertoy-Künstler hauptsächlich männlich sind. Entspricht dies auch deiner Wahrnehmung und wenn ja, woran könnte es liegen?
Nick Knite: Nein, nicht wirklich. Im Buch sind ja auch zwei weibliche Künstler mit dabei, ABZ und Dolly Oblong. Ich könnte Dir auch noch weitere Beispiele aufzählen von Künstlerinnen, die in der Szene auch sehr bekannt und fleißig dabei sind. Ich kann Deine Frage aber schon verstehen, es sind schon mehr Männer als Frauen, die aktiv sind – obwohl ich das jetzt für das Basteln nicht sagen möchte, da denke ich, wird sich das wirklich die Waage halten.
Buchhexe: Du dankst im Buch Monsieur Mercci und nennst ihn den „akkuratesten und besten Papertoy-Bastler“, den du kennst. Wer verbirgt sich hinter diesem Namen und was hat es damit auf sich?
Nick Knite: Merrci ist auch ein Papertoy-Künstler aus dem UP-Collective und ein Freund von mir aus Frankreich. Er hat als Fan und mit dem Basteln von Toys angefangen, aber inzwischen macht er unfassbar tolle eigene Kreationen. Ich habe ihm gedankt, weil er so nett war, mir einige der Figuren, die im Buch abgelichtet sind, aufgebaut und zugeschickt hat. Er ist sehr geschickt und extrem sauber und akkurat, was das Aufbauen von Papertoys angeht und ich war ihm dankbar, dass er mir da etwas Arbeit abgenommen hat. Seine Werke findet ihr hier.
„Sie wollten gern ein eigenes Buch herausbringen und haben mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, dies in die Hand zu nehmen. Ich musste nicht lange überlegen!! :)“
Buchhexe: Wie bist du auf die Idee zum Buch gekommen? Wie lange dauerte es von der ersten Idee bis zum fertigen Buch?
Nick Knite: Etwa ein Jahr vor dem Erscheinen sind wir, das heißt der Verlag und ich, das Projekt „Papier Roboter“ angegangen. Die Idee entstand, nachdem Ullmann das „Papier Monster“-Buch von Castleforte, an dem ich ebenfalls beteiligt war, ins Deutsche übersetzt und herausgebracht hat. Sie wollten gern ein eigenes Buch herausbringen und haben mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, dies in die Hand zu nehmen. Ich musste nicht lange überlegen!! :) Danach habe ich meine Lieblings-Künstler kontaktiert und alle waren auch sofort gern bereit, bei dem tollen Projekt mitzumachen. Roboter gestalten, da hat keiner von ihnen lange überlegen müssen und gleich zugesagt!
Buchhexe: Hast du bereits neue Projekte? Was kann man von dir in der Zukunft noch erwarten?
Nick Knite: Ich arbeite ständig an neuen Ideen und Figuren. Gerade zu Halloween habe ich wieder eine meiner eigenen Figuren, das MBBY (eine Baby-Version meines MechaBunnies) als Mumie veröffentlicht. Ich habe auch für ein weiteres Buch-Projekt neue Figuren gestaltet, aber dazu gibt es noch kein Veröffentlichungs-Datum bislang. Und je nachdem, wie dieses Buch ankommt, wer weiß, vielleicht wird es ja einen zweiten Teil dazu geben irgendwann. Auf der Agenda stehen auch noch weitere tolle und interessante Dinge, über die ich aber jetzt noch nicht viel verraten kann und darf.. ;)
Schaut doch ab und zu mal auf meinem Blog oder bei facebook vorbei, da seid ihr dann immer auf dem Laufenden – keep folding!
Wir finden, das klingt nach einer aufregenden Zukunft und freuen uns auf weitere Kreationen und vielleicht sogar Bücher von Nick Knite! Die Buchhexe bedankt sich für die Zeit, die du dir für sie genommen hast und träumt heimlich davon, selber einmal ein Papertoy zu werden…