Kulturgeschichte der deutschen Küche
Zusammenfassung zu “Kulturgeschichte der deutschen Küche”
Der Kulinaristik- und Gastrosophieexperte Dr. phil. Peter Peter, sowohl Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik, als auch Dozent an Gastrosophischen Universitäten in Pollenzo und Salzburg, lädt ein, zu einem historischen Streifzug durch die Welt der deutschen Küche. Und entdeckt dabei allerhand, was schon fast in Vergessenheit geraten wäre, wie beispielsweise die Kochbücher des Humanismus, in denen wahrhafte Leckereien verzeichnet sind und wo Biberschwänze und Mandelmilch zu den Standardgerichten gehörten, die jeder Hausfrau geläufig waren. Die gut recherchierte und unterhaltsam geschriebene deutsche Koch- und Küchengeschichte beginnt bei der recht simplen Kost der Germanen. Eine zentrale Rolle spielten bei den diesen nachweislich das Bier und das Met. Die Römer, die schon auf die Kost der Germanen herabsahen, verwunderte vor allem, dass diese das einzige Volk waren, das die Kunst beherrschte, sich einsam zu betrinken. Nach dem Streifzug durch die recht rabiat verzehrte germanische Kost geht es in großen Schritten weiter in die Zeit von Hildegard von Bingen. Serviert werden hier neben Dinkel, Kräutern, Theologie und der Klosterdiät vor allem Fisch – denn die Kirche hatte es vor lauter Fasten nicht mehr so mit dem Fleisch. Auf das frühe Mittelalter folgte die Zeit der Stadtgründungen und der Hanse. Die Mahlzeiten werden wieder deftiger. Es gibt Hausbücher und Hansespezereien. Die „Kunst, Kuchen und Torten zu fertigen“ wurde entdeckt. Irgendwann entdeckte Gutenberg den Buchdruck, es kam die Zeit des Humanismus und es wurden Kochbücher gedruckt, die von da an oft in der Form von Haushaltsbüchern in keinem gut sortierten Hausstand fehlen durften. Ausführlich besprochen werden unter dem „Stichwort Luthers Tischgespräche und ihre Folgen“, die Auswirkungen, die die Reformation auf deutsche Tischsitten und Esskultur hatte. Gleich darauf geht es weiter zu den „barocken Exzessen“, die als Reaktion auf die reformatorische Esskultur vielleicht sogar angemessen waren, und auf jeden Fall die Speisekarten in deutschen Landen zu bereichern wussten. Serviert werden in diesem Kapitel reichlich „Schwedentrunk und Riesenstollen“, aber auch köstliche Würste und Schinken. Ein ganzes weiteres Kapitel widmet sich der deutschen Sauferei, die von Kultur des Trinkens wohl eher doch noch sehr weit entfernt ist. Differenzierter ging es im weiteren Zeitverlauf in deutschen Küchen zu. Es kamen die großen Entdeckungen wie Kaffee, Tee und Schokolade auf den Tisch. Es entstand eine eigenständige „Kultur der Hausfrauenrezepte“. Nicht zu kurz kommt in einer Geschichte der deutschen Kulinaristik natürlich die „spartanische Küche“, die in Zeiten entstand, als pure Not erfinderisch machen musste. Gemeint sind hier die Küche des Deutschen Reiches und die Küche zwischen, während und kurz nach den Weltkriegen. Beendet wird diese esskulturhistorische Küchenzeitreise mit Betrachtungen über die neuerdings hochgeschätzten Regionalküchen, mit der Vorstellung der aktuellen „Gourmetszene“ und mit einem Ausflug in die Rezeption der deutschen Kochkunst in den Küchen Welt. Denn obwohl die deutsche Küche einen wahrhaften schlechten Ruf hat, so hat sie doch Akzente gesetzt, sogar „Leibspeisen amerikanischer Streetfoods wie Hamburger, Hotdogs, Bagels und Pretzel gehen (nachweislich) …auf deutsche Immigranten zurück.“.
Zitate
„Auch wenn längst ein Revival regionaler Gerichte eingesetzt hat, steht es mit dem Image der deutschen Küche nicht zum besten. Zu fettig und schwer, zu sparsam und unfrisch haben jahrzehntelang gutbürgerliche Gaststätten aufgekocht und mit blumigen Begriffen wie Winzersteak, Zigeunerschnitzel oder Bürgermeistertopf mangelnde Identität schönzureden versucht.“
„Saufen bedeutet auch raufen und fluchen. Die deutsche Geschichte, und vor allem die deutsche Kirchengeschichte, liest sich wie ein Sisyphuskampf gegen Alkoholmissbrauch. Offensichtlich setzten die frischgebackenen Christen ihre altgermanischen Metgelage nun einfach zu Ehren der Heiligen fort.“
„Berlins kulinarische Gabe an die Nation besteht weit eher aus vergröberter, oft durch treffenden Sprachulk schmackhaft gemachte Budikenkost: Schnell- und Armeleuteküche im Geist von Happenpappen und Hoppelpoppel.“
Auszug aus den Rezepten
Fenea – Gotischer Graupenbrei
Gedämpfter Biber
Biersuppe
Krause Jäger Schnitten
Persönliche Bewertung
Spannende, unterhaltsam geschriebene, hervorragend recherchierte Geschichte der deutschen Esskultur
Ein Buch, das man gelesen haben sollte. Dem Autor Peter Peter gelingt es, die deutsche Ess- und Küchengeschichte sowie Esskultur im Wandel der Jahrtausende unterhaltsam und anschaulich darzubieten. Bereitwillig folgt der Leser den amüsant dargebotenen Anekdoten, und bemerkt dabei kaum, dass die meisten vorgetragenen Fakten und Thesen sehr gut untermauert und dokumentiert sind. Wie in einem Historienroman reihen sich die alten Germanen, Hildegard von Bingen, die fantasievollen Mönche, denen immer noch etwas einfiel, um zur Fastenzeit Fleisch auf den Tisch zaubern, die deutsch Hausfrau, die die reine Not zwang, erfinderisch zu werden, sowie der heutige Gourmet- und Fernsehkoch aneinander und entblättern dabei eine kulinarische Vielfalt, die dem Leser an mancher Stelle das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt, ob der Köstlichkeiten, die da gerade geköchelt werden. Nur leider – waren auch die Rezepte lecker – die eigentliche Esskultur war in deutschen Landen wohl immer ein wenig zu sehr von der Sauferei dominiert, das mag ihre Entwicklung gehemmt haben – und das ist gleichzeitig das zentrale Merkmal, das deutsche Küche von anderen – beispielsweise der südeuropäischen oder der französischen unterscheidet. Aber genau darauf hackt der Gastrosoph Peter Peter nicht herum, er geht sogar elegant darüber hinweg. Und in dem Peter Peter auf den Vergleich mit anderen Küchen verzichtet, die vielleicht nicht leckererer kochen, aber Essen seit jeher als Genuss verstehen (siehe die alten Römer), gelingt es ihm, seiner Intention zu folgen und eine eindrucksvolle, spannende Geschichte der deutschen Küche zu verfassen.
- ISBN10
- 3406572243
- ISBN13
- 9783406572241
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2009
- Gebundene Ausgabe
- 254 Seiten