Hyddenworld (2) – Das Erwachen
Zusammenfassung zu “Hyddenworld (2) – Das Erwachen”
Als Katherine schwanger ist, kehrt Jack mit ihr zusammen in die Menschenwelt zurück, zu Arthur und Margaret nach Woolstone House, wo Katherine aufwuchs. Als ihre Tochter Judith zur Welt gekommen ist, bestätigt sich die Vermutung, dass sie die Schildmaid ist, die Trägerin der Edelsteine, denn sie wächst unverhältnismäßig schnell, in wenigen Tagen nur altert sie gleich mehrere Jahre. Katherine verspürt keinen Wunsch, nach Hyddenwelt zurückzukehren, ihr Zuhause ist die Menschenwelt, und auch Jack möchte seine Frau und Tochter nicht allein zurücklassen. Doch die Situation in Brum ist ernst, und so entschließt er sich doch, in die Hyddenwelt zu reisen, um seinen Freunden beizustehen.
Zur gleichen Zeit, zu der Judith geboren wird, findet Bedwyn Stort den Stein des Sommers und bringt ihn nach Brum, wo er ihn vor den Blicken und Begehrlichkeiten Neugieriger versteckt. Als er wieder aufbricht, um Jack nach Hyddenwelt zu bitten, lässt er den Stein in einem sicheren Versteck zurück, wo nur eine Vertrauensperson ihn finden kann. Doch es hat sich herumgesprochen, dass der Stein des Sommers gefunden wurde, und das weckt weit von Brum entfernt, finstere Diebespläne.
Slaeke Sinistral, der Kaiser von Hyddenworld, verlängert dank des Steins des Frühlings sein Leben. Doch der Stein fordert auch seinen Tribut, und so ist der Kaiser trotz eines Erwachens nach jahrelangem Schlaf am Ende. Der Stein des Sommers muss gefunden werden, um ihn zu retten, und das so schnell wie möglich. Also schickt Sinistral seinen Sohn Slew nach Brum, um den Stein zu finden, wenn nötig mit Gewalt und Blutvergießen. In Brum erschleicht sich Slew das Vertrauen des Bibliothekars Thwart, um in der Bibliothek nach Hinweisen auf das Versteck des Steines zu suchen. Slew bringt den Stein in seine Gewalt und hinterlässt ein bedeutendes Opfer, das sich ihm in den Weg zu stellen versuchte. Auf der Rückreise merkt er, dass das Tragen des Steines ihn verändert, doch er liefert ihn ohne Zwischenfälle beim Kaiser ab.
In Brum unterdessen findet eine Trauerfeier statt, zu der Jack als besonderer Gast dazukommt. Stort und Jack geben den trauernden und verunsicherten Hydden neue Hoffnung und brechen in einer kleinen Abordnung aus Jack, Stort, Barklice und General Feld auf, um den Stein zurückzuholen und den Toten zu rächen. So machen sie sich auf den Weg nach Bochum, in die Hauptstadt der Hydden…
Wichtige Charaktere
- Jack
- Katherine
- Judith
- Master Bedwyn Stort
- Imbolc
- Margaret und Arthur
- Slaeke Sinistral I.
- Niklas Blut
- Witold Slew
- Leetha
- Lord Festoon
- Master Brif
- Master Pike
- Master Barklice
- General Feld
- Bibliothekar Thwart
- Schwester Cluckett
Zitate
„‚Wer ist sie?‘, fragte sie.
‚Eine weise Frau, die viel erlebt und noch mehr gelernt hat‘, antwortete Jack.
‚Warum ist sie so traurig und gebeugt?‘
‚Weil sie einsam ist‘, sagte Katherine. ‚Der Weg zur Weisheit ist von allen der einsamste und schwierigste, wenn man ihn bis zum Ende geht.'“
„Doch jede Bibliothek hat ihre traurigen Leser, die ihren Tagesablauf nach den Öffnungs- und Schließzeiten ihrer Alma Mater ausrichten ud sonst so wenig im Leben haben, dass sie, um der Realität seiner Leere zu entfliehen, Zuflucht suchen bei Karteikarten, Bibliographien und einem tröstenden Pult, beim Forschen nach Quellen, beim Wiederentdecken von Vergessenem, an das zu erinnern sich nicht lohnt, und bei der Zuwendung zu Dingen, die so obskur sind, dass nur traurige Leser in anderen Bibliotheken irgendwo in Hyddenwelt wissen, wovon sie überhaupt sprechen. Ihre einzige Erholung von den Stunden zwischen staubigen Regalen besteht in dem bescheidenen täglichen Vergnügen eines kärglichen Mittagsmahls, das sie allein im Freien zu sich nehmen und bei dem sie die wirkliche Welt vorbeiziehen sehen. Danach begeben sie sich wieder an die Arbeit und auf den langen Weg eines Gelehrten zum Grab.“
„Lautlos wie eine Schlange, die sich durch die Dunkelheit wand, floss der River Rede schneller und schwoll an, als flussaufwärts das an der Außenwand der Staumauer herablaufende Rinnsal zu einem reißerischen Wasserfall wurde.
Dann ertönte ein donnerndes Rumpeln, gefolgt von einem Knall. Beton und Erde barsten. Die flechtenbedeckten Schlusssteine der Brüstung gerieten in Bewegung, die schmalen Lücken zwischen ihnen weiteten sich. Das Wasser, das sie gebändigt hatten und das nun nach Freiheit gierte, schüttelte brüllend seine Fesseln ab und trat seinen Amoklauf an.
Des Menschen Herrschaft über seine Welt begann zu bröckeln.“
Alle Bände der Hyddenworld-Reihe
1. Der Frühling
2. Das Erwachen
3. Die Ernte
4. Der Winter (erscheint Herbst 2015)
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Persönliche Bewertung
Klassischer Fantasyroman mit beeindruckenden Charakterstudien und Kulissen
Horwood präsentiert sich auch in diesem zweiten Band seiner „Hyddenworld“-Tetralogie als ausgezeichneter Geschichtenerzähler, der mit Hilfe seiner poetischen Sprache faszinierende fantastische Welten zum Leben erweckt. Die Handlung ist komplex und wechselt zwischen verschiedenen Orten und Charakteren. Zeitweise sind es drei verschiedene Handlungsstränge, die der Leser parallel verfolgen muss: Zum Beispiel Katherine und Jack mit Judith in Woolstone, der Kaiser in Bochum und Stort in Brum. Im Verlauf der Handlung verweben sich die Wege der Charaktere, treffen aufeinander und trennen sich wieder, bis die spannungsvolle Geschichte in einem recht offenen Ende gipfelt, das die Neugier und Ungeduld auf seinen Nachfolger weckt. Die wunderschöne Gestaltung des Buches mit reich verzierten Anfangsbuchstaben zu Kapitelbeginn, mit keltisch anmutende Kapitelüberschriften und dem prachtvollem Cover sind ein zusätzlicher Genuss.
In klassischer Fantasymanier gibt es bei William Horwood fast ausschließlich männliche Helden; die einzige Ausnahme könnte im kommenden Band die Schildmaid werden. In der recht traditionellen Gesellschaft der Hydden wirkt die Wahl dieser Helden stimmig, ist die Welt, die der Autor erschafft doch auch in anderen Punkten nicht gerade von Fortschritt geprägt: Beispiele hierfür sind die Monarchie (dem entgegen steht jedoch das unabhängige Brum), die meist kritiklose Ergebenheit und der militärische Gehorsam gegenüber Vorgesetzten und dem Kaiser, der Glaube an den „Spiegel“ und die „Wurd“, sozusagen an das Schicksal.
Nichtsdestotrotz spickt Horwood seine Handlung mit kleinen Weisheiten und Gedankenanstößen, die den Anspruch dieser Geschichte ausmachen. Ob sie die Worte des Erzählers sind oder die Hydden sie untereinander austauschen, Oberflächlichkeit kann man dem Autor nicht vorwerfen. Besonders wertvoll macht seine Erzählweise, dass er seine scharfsinnigen Gedanken in schöne Worte zu kleiden weiß: „Manchmal sind schöne Worte eben nicht genug. So auch in diesem Fall, in dem nur der unverfälschte Ausdruck wahrer Gefühle dem Augenblick etwas Wahrhaftiges und Denkwürdiges verleihen konnte.“ Ebenso interessant gestalten sich die einzelnen Beziehungen zwischen den verschiedenen Figuren, die zwischenmenschlichen Dramen und persönlichen Schicksalsschläge sowie die Charakterbeschreibungen, die Horwood einfließen lässt und die der Handlung Tiefe verleihen.
Neben den beeindruckenden Kulissen sind es vor allem die erfrischenden Charaktere, die Hydden, Reivers, Fyrt, die wilden Hunde und die Übriggebliebenen, die auch den zweiten Teil von „Hyddenworld“ so lesenswert machen: Sei es Stort als unperfekter Held oder Blut, der stets – auch im Angesicht des Kaisers – die Wahrheit sagt. Erfreulich ist, dass Horwood auf Schwarz-Weiß-Schemate bei seinen Charakteren verzichtet. Es gibt weder ein „gut“, noch ein „böse“. Die Beweggründe jedes Einzelnen werden durch den Perspektivwechsel verständlich. Dieses Buch ist anspruchsvoll erzählt, keine leichte Lektüre für Nebenbei, sondern eine Geschichte, die in ihrer Komplexität die volle Aufmerksamkeit ihrer Leser verlangt.
Der immer wieder durchklingende moralische Anspruch, den Horwood seiner Geschichte gibt, mag von einigen Lesern als platt empfunden werden, wenn sich die Erde, die Natur, gegen das gewaltsame Eingreifen des Menschen wehrt. Man mag es mitunter zu gewollt finden, doch im Anliegen sind die Hinweise auf den Raubbau des Menschen an Wäldern und einstmals blühenden Landschaften erfreulich und mögen den Einen oder Anderen zum Nach- und Umdenken bewegen, denn dieser Teil der Geschichte ist so real wie es die Menschenstadt Bochum ist.
Fazit
Horwood ist ein exzellenter Geschichtenerzähler, der die komplexe Handlung dieses zweiten Bandes durch kleine Weisheiten und überzeugende Charakterstudien seiner Figuren anreichert. Eine Reihe mit Anspruch, niveauvoll geschrieben und in ansprechender Aufmachung.
- Originaltitel
- Hyddenworld - Awakening
- ISBN10
- 360894639X
- ISBN13
- 9783608946390
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013
- Gebundene Ausgabe
- 461 Seiten