Die fliegenden Bücher des Mister Morris Lessmore

In seiner hochwertigen Aufmachung ist dieses Buch das perfekte Geschenkbuch. Schon das Cover des Hardcoverbuchs mit seinem Titel in Golddruck und der nostalgischen Illustration verzaubern und stimmen wunderbar auf die poetische Geschichte ein. Ebenso stimmig sind der Vorsatz des Buches, die gewählte Schriftart und die Kompositionen aus Text und Bild. Hier wechseln sich ganzseitige Bilder und ganzseitige Textseiten mit doppelseitigen Bildern mit integriertem Text ab. Dabei unterscheiden sich jeweils die großen Bilder und die Elemente, die in die Textseiten integriert wurden und ein wenig an alte Cartoons erinnern. Das Buch ist in sehr warmen Farben gehalten, die die nostalgische Atmosphäre verstärken. Einige Illustrationen wirken fast wie klassische Gemälde der alten Meister.

Erzählt wird die Geschichte eines Außenseiters, der sein Glück und seine Lebensaufgabe in den Büchern findet. Bücher als Freunde, die durch bestimmte Lebensphasen begleiten – dieses Szenario kennt sicherlich jeder Buchliebhaber gut. Doch Morris liest nicht nur für sein Leben gern, er teilt die Geschichten auch mit anderen Menschen und sorgt dafür, dass in Vergessenheit geratene Bücher wieder ein Publikum finden. Ein kleiner Star der Geschichte ist das Buch, das Morris zum Haus geleitet, in dessen Inneren stets die Seite mit dem Bild von Humpty-Dumpty aufgeschlagen ist – der jeweils mit zur Situation passender Mimik abgebildet ist. Sehr stimmungsvoll ist auch eingefangen, wie sich Morris in den Geschichten eines Buches verliert – auch ein Zustand, den jeder Buchfreund kennt. Und schließlich haucht er den bis dahin schwarz-weiß dargestellten Menschen neue Freude und neuen Lebensmut ein, indem er Bücher mit ihnen teilt und ihnen damit zu neuer Farbe in ihrem Leben verhilft.

Kritiker könnten dieses Buch als Plädoyer für die Realitätsflucht verstehen, als Beschönigung eines Lebens, in dem die Bücher die echten zwischenmenschlichen Kontakte ersetzen. Doch so muss die Geschichte nicht gelesen werden. Vielmehr wird Morris zu einem Bewahrer der Geschichten, der diese mit anderen Menschen teilt, einer Art besonderer Buchhändler oder Bibliothekar. Schließlich zieht er sich nicht allein in seine Bücher zurück, sondern macht seinen Mitmenschen eine Freude, verbessert ihr Leben ein Stück. Und genau diese Macht haben Bücher: Sie können das Leben verändern, sie können Begleiter sein und Gesellschaft. Diesen Gedanken haben William Joyce und Joe Bluhm mit diesem Buch vortrefflich eingefangen.