Der letzte Wille

Autoren
Übersetzer
Conny Lösch
Verlag
Heyne Verlag
Anspruch
5 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
5 von 5

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Zusammenfassung zu “Der letzte Wille”

Ein Journalist und Auslandskorrespondent wird nackt und durch einen Kopfschuss getötet auf einer Straße außerhalb Glasgows aufgefunden. Als nächste Angehörige hat er seine Exfreundin, die Journalistin Paddy Meehan, angegeben. Und so stehen mitten in der Nacht zwei Polizisten vor der Tür zu Paddys Wohnung, die sie mit ihrem Sohn und Untermieter/Liebhaber bewohnt. Paddy muss Terry identifizieren und beginnt, nach Gründen für seine Ermordung zu suchen. Liegt es an seinen verschiedenen Auslandseinsätzen in Krisengebieten und Diktaturen? Wer könnte ein Interesse daran haben, ihn zu töten? Kevin, Terrys Bekannter und Coautor ihres geplanten gemeinsamen Bildbandes, kann sich seinen Tod ebenfalls nicht erklären und glaubt sich selbst in Sicherheit. Paddy ist sich dessen jedoch nicht sicher, deuten doch verschiedene Spuren auf die IRA und einen politisch motivierten Täter aus Nordirland.

Paddy beginnt, ihren Verdacht zu äußern und obwohl sie niemand ernst nimmt und die offizielle Erklärung eine andere ist, verfolgt sie die Spuren weiter. Schnell wird jedoch klar, dass sie sich selbst damit in Gefahr begibt, denn sie wird bedroht und muss feststellen, dass die Polizei sie nicht unterstützen wird, sondern sie verwarnt. Als sie Kevin tot in seiner Wohnung findet, von einer Überdosis Kokain getötet, ist für Paddy klar, dass die Morde mit dem Bildband zu tun haben müssen, der erscheinen sollte. Und richtig: Auf einem Foto erkennt sie eine bekannte Persönlichkeit, doch was ist daran kompromittierend und steckt er tatsächlich hinter den Morden und dem Überfall auf Paddys Wohnung?

Wichtige Charaktere

  • Paddy Meehan
  • Terry Hewitt
  • Kevin Hatcher
  • Dub McKenzie
  • Paddys Sohn Peter
  • Martin McBree
  • Callum Ogilvy
  • George Burns
  • McVie
  • Merki
  • Bunty

Zitate

„Seine Nachbarn feierten eine Party. Damals zu seinen besten Säuferzeiten hatte Kevin montagabends regelmäßig Partys besucht und wusste, wie freudlos es dort zuging. Sie fanden statt, wenn die Kneipen bereits geschlossen hatten, dauerten bis zum kalten, feuchten Morgen und wurden von melancholischen Trinkern bevölkert, die auf billigen Alkohol aus waren und sich nur deshalb miteinander abgaben, weil sie sich gemeinsam zudröhnen wollten. Er erinnerte sich an Nächte, die zehn Stunden dauerten und in denen alle Gespräche ermüdend beiläufig verliefen. Frauen mit Koordinationsstörungen, die ihr gutes Aussehen längst an Wein und schlaflose Nächte verloren hatten, tanzten aufreizend miteinander, während sie von den Männern aus toten Augen angestarrt wurden. Die Musik diente als Mörtel, um die Löcher aus Schweigen zu stopfen. Dorthin wollte er nie wieder zurück. Doch heute Abend klangen die gelegentlichen Jubelrufe, die Gitarrenmusik und der durch die Wand dringende Trubel freundlich.“

„Wie er es gelernt hatte, blickte er auf die Straße vor sich, sah sich aber nicht um. Menschen, die dort sind, wo sie hingehören, verrenkten nicht die Köpfe wie verirrte Touristen. In vertrauter Umgebung sieht sich niemand um. Die Menschen gehen blindlings, gedankenverloren; die meisten verziehen sogar mürrisch das Gesicht.“

Alle Bände der Reihe

In der Stille der Nacht
Blinde Wut
Der letzte Wille

Persönliche Bewertung

Tiefgründiger Thriller vor politischem Hintergrund und trostloser Kulisse

5 von 5

Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern an Glasgow-Krimis von Denise Mina ermittelt diesmal nicht DS Alex Morrow, sondern die Journalistin bzw. Kolumnistin Paddy Meehan. Von einer richtigen Reihe kann man also nicht sprechen, was jedoch auch bedeutet, dass sich „Der letzte Wille“ problemlos ohne Kenntnis der ersten beiden Bände lesen lässt, da er in keinster Weise darauf aufbaut. Auffällig ist, dass Denise Mina als Protagonistinnen zwei Charaktere ausgewählt hat, die einige Gemeinsamkeiten aufweisen: Sowohl Alex als auch Paddy sind zwei toughe Frauen, die in eher ärmlichen Verhältnissen aufwuchsen (im Gegensatz zu Alex hatte Paddy jedoch keine familiäre Bekanntschaft mit dem Glasgower Verbrechermilieu). Nur in einem Punkt werden beide Frauen weich: angesichts des Kindes bzw. heranwachsenden Nachwuchses im Bauch zeigen die sonst so abgebrühten Frauen ihre sanfte Seite.

Auch in diesem Band zeigt sich Denise Minas Talent, genau zu beobachten und die menschlichen Eigenheiten, die Schwächen und Abgründe treffend wiederzugeben. Wirklich sympathische Charaktere sucht so mancher Leser sicherlich vergebens, lebensecht sind sie jedoch allemal. Der Autorin gelingt es, auch den Tätern ein menschliches Gesicht und nachvollziehbare Emotionen zu verleihen. Gut und Böse verwischen auch in dieser Geschichte, liegen manchmal auch im Auge des Betrachters.

Typisch für Denise Mina sind die bedrückenden Kulissen, das alltägliche Elend und das hässliche Gesicht Glasgows, das als Schauplatz für ihre Thriller dient. In diesem Band gesellen sich außerdem ein politischer Hintergrund und die blutigen Details des Nordirland-Konfliktes zu den Gewalttaten. Ohne vor drastischen Beschreibungen zurückzuschrecken, beschreibt Denise Mina unvorstellbare Grausamkeiten, doch niemals um ihrer selbst willen, aus Sensationslust, sondern sie erfüllen immer einen Zweck in der Geschichte. „Der letzte Wille“ ist damit nichts für Zartbesaitete, aber auch nichts für Freunde anspruchsloser Massenkiller-Romane. Denise Mina verbindet Gänsehaut und Grauen mit Anspruch und schafft damit eine überaus fesselnde Mischung.

Fazit

Politisch angehauchter und psychologisch fesselnder Thriller für alle, die anspruchsvolle Sprache, tiefgründigen schottischen Lokalkolorit und fesselnde Spannung schätzen.

Originaltitel
The Last Breath
ISBN10
3453434420
ISBN13
9783453434424
Dt. Erstveröffentlichung
2013
Taschenbuchausgabe
480 Seiten