Blinde Wut
Zusammenfassung zu “Blinde Wut”
Im Haus ihrer verstorbenen Mutter wird die junge Frau Sarah Erroll von zwei Jugendlichen brutal ermordet. Ihr Gesicht ist zur Unkenntlichkeit zertrümmert, doch die große Menge an Bargeld in der Küche haben die Täter nicht angerührt. Im Zuge der Ermittlungen trifft Alex Morrow eine alte Bekannte wieder: Kay ist inzwischen alleinerziehende Mutter von drei Kindern und hält sich mit einem Job als Haushaltshilfe über Wasser. Seit die alte Mrs. Erroll, Arbeitgeberin und Freundin von Kay, gestorben ist, ist das Leben nicht einfacher geworden. Da sie sich im Haus auskannte, geraten Kay und ihre jugendlichen Kinder unter Verdacht, während sich für Morrow Privatleben und Beruf auf beunruhigende Weise miteinander vermischen und sie gleichzeitig von ihren unrühmlichen Verwandtschaftsverhältnissen in Form ihres verbrecherischen Bruders mit seinem ebenso auf die schiefe Bahn geratenen Sohn heimgesucht wird.
Gleichzeitig wird ein Schüler der nahegelegenen Schule und einer der beiden Täter nach Hause gerufen, weil sein Vater sich das Leben genommen hat. Bei seiner Rückkehr wird Robert mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester Ella und der schwierigen familiären Situation konfrontiert. Trotz des Schocks angesichts des gewalttätigen Selbstmords ist die Familie erleichtert, dass der Vater für immer fort ist. Für Robert ist das Verhältnis zu seinem Vater eng verknüpft mit dem brutalen Mord an Sarah Erroll, und er muss sich nun erst recht seiner Angst und der Erinnerung an die Tat stellen…
Wichtige Charaktere
- DS Alex Morrow
- DS Bannerman
- Sarah Erroll
- Kay Murray und ihre Kinder
- Thomas Anderson
- Thomas‘ Vater Lars
- Thomas‘ Mutter Moira und seine Schwester Ella
- Nanny Mary
- Squeak
- MacKechnie
Zitate
„Danny sog Luft durch die Zähne und starrte auf den Granitschotter zu seinen Füßen. John war Dannys Sohn, er hatte ihn mit vierzehn bekommen. Die Mutter war achtzehn gewesen, ein Sexsymbol auf der South Side, eine Trophäe für einen jungen Rowdy. Alex erinnerte sich, dass sie in der Schule davon erfahren hatte und dabei seltsam stolz auf Danny gewesen war. Sie selbst war damals auch erst vierzehn gewesen, und dass jemand in ihrem Alter ein Baby bekommen wollte, war ihr lächerlich erwachsen erschienen. Allerdings sprach Johns Entwicklung nicht gerade für eine junge Elternschaft. Er war schnell und brutal groß geworden.“
„An den Kanten der Stufen war das Blut immer noch dunkel und klebrig, aber die Flecken an der Seite waren bereits schwarz eingetrocknet. Zwei verschiedene Paar Schuhe, das eine ein bisschen größer als das andere, beide zeigten jetzt zu ihr. Die kleineren Abdrücke befanden sich näher an dem schwarzen Loch, wo Sarahs Kopf gelegen hatte. Bedeutend näher. Die größeren Füße hatten weiter hinten auf der Stufe abseits von Sarah, Abdrücke hinterlassen.
Morrow trat einen Schritt zurück. Auf einer Stufe zeichnete sich nur der linke Fuß des kleineren Paars ab, die Person musste auf einem Bein und dicht neben Sarahs Kopf gestanden haben. Mit der anderen hatte sie getreten.“
Alle Bände der Reihe
In der Stille der Nacht
Blinde Wut
Der letzte Wille
Persönliche Bewertung
Bedrückende Kulissen und psychologisch-soziale Ursachensuche - ein Thriller für Anspruchsvolle
Im Gegensatz zum ersten Band von Denise Minas Thrillern um Alex Morrow beginnt dieser Nachfolger mit einem brutalen Mord – ganz so, wie man es vielleicht von einem Thriller erwarten würde. Zwei Jugendliche ermorden eine junge Frau, und das auf abscheuliche mitleidslose Weise – aber warum? Es geht hier also nicht um die klassische Suche nach dem Mörder; die Täter sind bekannt, das Motiv enthüllt sich jedoch erst nach und nach. Zudem bleibt unklar, wer von beiden Jugendlichen der Haupttäter ist, wer hat zugetreten und damit Sarah ermordet. Außerdem beobachtet der Leser Alex Morrow dabei, wie sie auf die Spur der Täter kommt.
Spannung ist also ausreichend vorhanden; ob sie die Erwartungen erfüllt, hängt jedoch ganz davon ab, ob der Leser sich von „Blinde Wut“ einen klassischen Thriller erwartet. Schon die sehr reißerische Überschrift „Du entkommst mir nicht“ im Klappentext dürfte einige Leser auf die falsche Fährte schicken. Denn Denise Mina ist keinesfalls eine blutrünstige Autorin, der solche reißerischen Aufmacher stünden. Ihre Thriller sind tiefgründiger und intelligenter, obwohl sie nichts beschönigt und bei der Beschreibung von Szenen und Gewalttaten auch vor abschreckender Deutlichkeit nicht zurückschreckt. Den Großteil der Geschichte macht jedoch die Charakterisierung der wichtigsten Figuren aus. Und davon gibt es einige: Kay, die beiden jugendlichen Täter, Morrow natürlich, Morrows Kollegen oder Kays Kinder durchleuchtet die Autorin sprachlich und psychologisch anspruchsvoll und erweckt sie damit zum Leben.
Sehr geschickt ist der Perspektivwechsel zwischen dem Opfer zu Beginn, später einem der beiden Täter sowie Kay und Alex. Denise Mina beleuchtet die verschiedenen Perspektiven und weckt damit trotz allen Abscheus für jeden einzelnen und seine Hintergründe Verständnis, zeigt auf, welche sozialen und psychologischen Ursachen zur Tat geführt haben. Auf tiefgründige Weise beleuchtet sie die kranken Beziehungen zwischen verschiedenen Charakteren, zum Beispiel Thomas, seiner Mutter und seiner Schwester. „Blinde Wut“ ist wirklich kein Wohlfühlbuch, zu erschreckend und deprimierend sind ausnahmslos alle Charaktere, zu hoffungs- und perspektivlos erscheinen viele Situationen. Ein Grundgefühl, das das Ende zwar abmildert, das es jedoch nicht vollständig aufzulösen vermag.
Fazit
Wer von einem Thriller einen brutalen Mord und grafische Details erwartet, wird mit diesem zweiten Band um Alex Morrow sicherlich eher warm werden als mit „In der Stille der Nacht“, doch auch für diesen Band gilt: Denise Mina setzt nicht auf plumpe Schocker, sondern auf bildreich erschaffene beklemmende Kulissen und bedrückende zwischenmenschliche Beziehungen. Psychologische und soziale Ursachensuche statt Massenmorde – ein Thriller für anspruchsvolle Leser und Leserinnen!
- Originaltitel
- The Wasp Season
- ISBN10
- 3453434919
- ISBN13
- 9783453434912
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2011
- Taschenbuchausgabe
- 528 Seiten