Der Golem

Autoren
Verlag
Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv)
Anspruch
5 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
5 von 5

Bei Amazon ansehen

Zusammenfassung zu “Der Golem”

Der österreichische Schriftsteller Gustav Meyrink, der seine Jugendzeit abwechselnd in München, Hamburg und Prag verbrachte, war zeitlebens von Prag fasziniert. Hier spielt sich auch die Romanhandlung ab, die aus der Perspektive eines anonym bleibenden Erzählers geschildert wird. Der Autor lässt seinen Erzähler in eine Traumwelt abgleiten, wobei dieser sich vorstellt, er sei der in Prag lebende Gemmenschneider Athanasius Pernath. Während des Traums betritt ein Mann das Zimmer, in welchem jener sich wie zu Hause fühlt – was der Ich-Erzähler in seinem Traum wie ein Beobachter wahrnimmt. Er ist sich sicher: Der unbekannte Besucher ist der Golem gewesen, von dem es heißt, er tauche alle 33 Jahre in Prag auf. Golem, eine fiktive Figur, ist die von einem Rabbi aus Lehm geschaffene, lebensgroße Figur, die für diesen als Diener fungieren soll. Die von Rabbi Löw geschaffene Kreatur erwächst zum Leben und verärgert seinen Schöpfer mit einem Wutausbruch, so dass er sie wieder verwirft, indem er ihr die Magie raubt. Aus diesem Ereignis heraus entstand die Namensgebung der Figur, Golem, was „der Unfertige“ bedeutet.

Im Traum des Erzählers spielt auch der einflussreiche Jude Aaron Wassertrum, Besitzer eines Trödelladens, eine große Rolle. Dieser eigenwillige Mann übt einen starken Einfluss auf das gesamte Judenviertel der Stadt aus – sein Misstrauen gegenüber den Mitmenschen ist enorm, einzig um seinen Sohn kümmert er sich aufopferungsvoll. Jener Sohn war ein praktizierender Augenarzt, der gesunden Patienten Operationen empfahl und sich dadurch an ihnen bereicherte. Nicht ahnend, dass sie einem Betrüger aufsaßen, rühmten sie ihn noch dafür. Doch ein gewisser Dr. Savioli ist dem Betrüger auf der Spur – da er selbst allerdings eine Geliebte hat, die Gräfin Angelina, hat Wassertrums Sohn seinerseits einen Trumpf gegen ihn in der Hand. Von nun an gerät auch Pernath in einen Strudel von Ereignissen und begegnet dabei Mirjam, der Tochter des Archivars Hillel, in die er sich schließlich verliebt.

Wichtige Charaktere

  • der Romanerzähler
  • Athanasius Pernath
  • Pernaths Freunde

Interpretation

Die Vermischung aus Traum und Wirklichkeit so zu schildern, dass sie den Leser von Anbeginn fesselt, ist dem Autor Meyrink hervorragend gelungen. Die Handlung ist spannend, da der angebliche Pernath immer wieder unfreiwillig in Verstrickungen und Intrigen gerät – wobei sich Träume und wahnhafte Vorstellungen miteinander vermischen. Die Hauptperson in Form des Ich-Erzählers versucht am Ende des Romans, Traum und wirkliches Erleben voneinander zu unterscheiden. Diese mystischen Elemente, vermischt mit spannenden und geheimnisvollen Ereignissen, finden literarische Parallelen in den Werken von Franz Kafka oder E.T.A. Hoffmann. Traum und Wirklichkeit sind dabei nicht nur für den Leser immer wieder undurchschaubar – auch die Rolle des Erzählers ist vom Autor so gestaltet, dass diesem immer häufiger der Sinn für die Realität abhanden kommt. Die Verschmelzung der beiden Personen – des Erzählers, den der Autor erschaffen hat, mit der des Pernath – ist Meyrink aufs Beste gelungen, da sich der Leser weder der Faszination noch den oft beklemmenden Ereignissen entziehen kann. Die Figur Pernath, einst Restaurierer von Antiquitäten – stets umgeben von Dingen aus früheren Zeiten, erhält alleine schon dadurch eine von beinahe greifbarer Mystik und Geheimnissen bestimmte Aura.

Alle Bände der Reihe

Das große Gänsehaut-Lesebuch
Das neue Gänsehaut-Lesebuch
Dracula
Das Bildnis des Dorian Gray
Die Insel des Dr.Moreau
Der Golem
Nachts unter der steinernen Brücke
Frankenstein

Zitate

Leseprobe (PDF) beim Verlag

Persönliche Bewertung

Ein faszinierendes Buch voller Mystik, Legenden und Traumwelten

5 von 5

Die Romanhandlung fasziniert den Leser von Anfang an, da der Autor es nicht dabei beließ, halb phantastische, halb wahre Gedankenwelten zu schildern, sondern er eine äußerst spannende Handlung aufbaute, in der Ehebruch, Mord, Betrug und Verleumdung das bis dahin ruhig verlaufende Leben des Erzählers durcheinander bringen. Meyrink verstand es fabelhaft, in die Mischung von mystischen Komponenten und Ereignissen, in die Pernath verwickelt wird, höchste Spannung aufzubauen. So, wie er verzweifelt von der Gräfin Angelina um Hilfe gebeten wird und ihr zur Seite zu stehen versucht, wird auch ihm im Gewirr der Begegnungen mit undurchschaubaren Figuren geholfen – so auch, als er einmal beim Anblick einer Prostituierten in Ohnmacht fällt.

Die Wendungen, die der Autor einbezieht, bringen neue Spannungsmomente in das Geschehen – so lässt sich der Leser mitreißen, als Pernath Mirjam begegnet und hofft hier auf ein glückliches Ende. Die künstlerisch gelungene Vermischung von Traumwelt und realen Augenblicken muss sprachlich so gestaltet sein, wenn der Leser davon fasziniert sein soll. Auch muss er den Handlungssträngen folgen können, was Meyrink hervorragend gelungen ist. Sein sprachliches Können begeistert auch rund hundert Jahre nach Erscheinen des Buches, das anfangs als Fortsetzungsroman in einer Zeitschrift veröffentlicht wurde. Dabei ist der Schauplatz, den Meyrink für seinen Roman wählte und selbst so gut kannte, mit der Stadt Prag und ihren historischen Bauten, engen Gassen und dem beklemmenden Ghetto, der ideale Ort für seine spannungsreiche Handlung.

Fazit

Meyrinks Roman fasziniert durch seine gekonnte Vermischung von Realität und Traumwelt, die der Autor sprachlich brillant verarbeitete. Der Leser lernt viel über die ganz eigene Welt der Judenghettos kennen, erfährt von Legenden aus jüdischer Erzähltradition und lässt sich mit hineinnehmen in eine exotisch anmutende, faszinierende Gedankenwelt. Daneben enthält der Roman zahlreiche spannende Ereignisse, Verwicklungen und Intrigen.

ISBN10
3423140747
ISBN13
9783423140744
Dt. Erstveröffentlichung
2012 (1915)
Taschenbuchausgabe
272 Seiten