Das siebte Kreuz

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Aufbau Verlag
Anspruch
5 von 5
Lesespaß
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Schreibstil
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Spannung
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Zusammenfassung zu “Das siebte Kreuz”

Anna Seghers Roman „Das siebte Kreuz“ handelt von der spektakulären Flucht sieben Gefangener aus einem Konzentrationslager während des Nazi-Regimes. Im Mittelpunkt steht der deutsche Häftling Georg Heisler, der wegen politischem Andersdenken inhaftiert wurde. Zusammen mit sechs weiteren Flüchtlingen versucht er vom KZ Westhofen bei Worms bis ins sichere Exil im Ausland zu gelangen. Seine Etappen führen über Mainz und Frankfurt, wo er verzweifelt auf die Hilfe von Freunden hofft. Körperlich geschwächt und unsicher, wem er vertrauen kann, halten Instinkt und Glück ihn während der sieben Tage dauernden Flucht am Leben. Die Gefahr, von den Nazis aufgegriffen zu werden, ist stets allgegenwärtig: Neben Hundestaffeln, Straßenkontrollen, dem Aushang von Steckbriefen, Beschattung von Freunden und Einschüchterung von Angehörigen, werden auch die Mitgefangenen durch Folter nach möglichem Mitwissen ausgehorcht und für die Flucht der anderen bestraft. Trotz der harten Bestrafung sehen die Häftlinge des Konzentrationslagers die Flucht der Sieben als Hoffnungsschimmer und Motivation, sich nicht durch die Diktatur brechen zu lassen.

Bestrebt, die Flüchtlinge innerhalb Wochenfrist eingefangen zu haben, geraten alle Personen aus dem früheren Umfeld der Häftlinge in den Fokus der Nazis: Die Flüchtigen werden zur Gefahr für jeden, der mit ihnen in Zusammenhang gebracht wird. Zufällig in die Flucht involvierte Personen sind ebenso betroffen wie Freunde und Familienangehörige. Ein jeder muss sich selbst die Frage stellen: Inwieweit möchte ich das Risiko auf mich nehmen, zu helfen? Wie groß ist die Gefahr, das eigene Leben und das der Angehörigen durch die Hilfe zu zerstören? Und: Wie kann ich Hilfsverweigerung und Verrat aus Selbstschutz mit meinem Gewissen vereinbaren? Der ehemalige Freund aus Jugendtagen, Paul Röder, nimmt den Flüchtigen Georg Heisler schließlich auf und stellt über gefährliche Umwege die Verbindung zu organisierten Regimegegnern her, die als kommunistische Fluchthelfer im Untergrund tätig sind. Wird eines der sieben im Konzentrationslager aufgestellten Kreuze am Ende leer bleiben?

Wichtige Charaktere

  • Georg Heisler
  • Paul Röder
  • Wallau
  • Fahrenberg
  • Franz Marnet
  • Elli Heisler

Zitate

„Georg war inzwischen zum Rossmarkt gekommen. Er lief und lief, obwohl ihm die Sohlen brannten. Er durfte sich nicht von den Menschen absondern, er durfte sich nirgendwo niedersetzen. Er verfluchte die Stadt.
Ehe er das Für und Wider zu Ende erwogen hatte, stand er in einer Nebengasse der Schillerstraße. Hier war er früher noch nie gewesen. Er entschloss sich fast plötzlich, Bellonis Angebot zu nutzen. Wallaus Stimme riet ihm dazu. Jetzt erschien ihm der kleine Artist mit seinem ernsten Gesicht nicht mehr undurchsichtig. Undurchsichtig waren die Menschen, die an ihm vorbeigingen. Wie vertraut war die Hölle gewesen, mit dieser Stadt verglichen!“

Persönliche Bewertung

Fesselnde Fluchtgeschichte im Dritten Reich in überragender Sprache erzählt

5 von 5

Anna Seghers „Das siebte Kreuz – ein Roman aus Hitlerdeutschland“ gehört zu recht zum klassischen Kanon der deutschen Exilliteratur. Es spiegelt die äußeren Umstände und zwischenmenschlichen Beziehungen unter dem strengen Regime der NS-Diktatur glaubhaft wider und zeigt ein realistisches Abbild Hitler-Deutschlands. Die Autorin lässt durch ihre Protagonisten und Randfiguren einen Querschnitt der Gesellschaft des Dritten Reichs entstehen und zeigt auf, wie sich die unterschiedlichen Charaktere mit der Nazi-Herrschaft arrangieren oder individuelle Strategien entwickeln, um im Großen oder Kleinen dagegen aufzubegehren. Auch die Zustände im Konzentrationslager und die Anspannung der Peiniger werden überzeugend wiedergegeben, ohne dass die einzelnen Figuren mit einer Gut/Böse-Schablone dargestellt werden. So sind alle Protagonisten mittels realistischer Charakterskizzen beschrieben, die ihre jeweiligen Handlungen und Intentionen umso glaubwürdiger erscheinen lassen.

Anna Seghers vermittelt in bemerkenswerter Weise, dass ein jeder in den Fokus der Nazis rücken konnte – und die Drangsalierung nicht nur Minderheiten und Randgruppen betraf. Der Flüchtige Georg Heisler könnte Jedermann sein, er stammt aus einer gewöhnlichen deutschen Arbeiterfamilie, sein jüngster Bruder gehört selbst der SS an. Inhaftiert wurde er wegen laut geäußertem, regimekritischem Gedankengut. Seine Fahndung macht umso deutlicher, dass keiner sich der Gewaltherrschaft der Nazis entziehen kann: Ein jeder, der zufällig mit Georg in Kontakt gekommen ist oder zu früherer Zeit mit ihm verkehrte, steht unter Generalverdacht, dem Flüchtigen Hilfe zu leisten, und wird daher beschattet, bedroht, eingeschüchtert oder gar inhaftiert. So wird beispielsweise der Liebhaber von Elli, Georgs verlassener Ehefrau, bewusstlos geschlagen, da er mit dem Flüchtigen verwechselt wird. Die Beziehung zerbricht.

Überzeugend ist auch die Sprache, die Anna Seghers in „Das siebte Kreuz“ verwendet. Durch ihren kühlen Sprachstil mit einfachem Satzbau und nüchterner Wortwahl sorgt sie für eine realistische Atmosphäre. Daneben lebt der Roman durch einen ständigen Wechsel der Erzählperspektiven und bemerkenswerte Übergänge der Handlungsstränge: Diese bewusst gewählten sprachlichen Mittel lassen den Leser die Gefahren der Flucht intensiv miterleben und sorgen für einen ebenso spannenden wie fesselnden Lesefluss.

Fazit

„Das siebte Kreuz“ ist Pflichtlektüre für jeden, der sich für Exilliteratur aus Hitlerdeutschland interessiert. Fesselnd, spannend und nachhaltig berührend, ohne allzu viele Klischees zu bedienen, vermittelt der Roman ein realistisches Bild seiner Zeit und lässt viel Raum für kritische Selbstreflektion.

ISBN10
3746651514
ISBN13
9783746651514
Dt. Erstveröffentlichung
1942
Taschenbuchausgabe
416 Seiten