Die äußerst seltsame Familie Battersby

Autoren
Übersetzer
Sabine Schwenk
Verlag
Baumhaus Verlag
Anspruch
4 von 5
Humor
5 von 5
Lesespaß
5 von 5
Schreibstil
4 von 5
Spannung
5 von 5

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Zusammenfassung zu “Die äußerst seltsame Familie Battersby”

Der 14-jährige Ralph Stevens ist ein Nerd, der alle Klischees erfüllt: Mit Computerspielen und Technik kennt er sich aus, Freunde hat er jedoch keine und seine Erfahrungen mit Mädchen sind ebenso mangelhaft. Doch was noch schlimmer ist: Seine Eltern verbieten ihm das Wünschen, denn die Familie hat damit schlechte Erfahrungen gemacht. Auch von seinen Verwandten halten sie ihn fern. Als seine Tante Gertie aus dem britischen Zweig der Familie ihm einen Brief schreibt und ihn auf ihr Schloss einlädt, wittert Ralph seine Chance auf ein Abenteuer.

Der Empfang seiner britischen Familie ist jedoch kurios: Als erstes muss Ralph zusammen mit Gertie, Gideon und ihren Kindern eine Beerdigung besuchen. Anschließend geht es zum Schloss der Battersbys, Ralph wird jedoch allein im Torhaus, einem separaten Haus unter einem gigantisch großen Baum, einquartiert. Mit den Kindern, vor allem mit Beatrice aus Gideons erster Ehe, versteht sich Ralph einigermaßen, mit Gerties aufgesetzter Freundlichkeit kann er jedoch nichts anfangen. Als sich Tante Chessie ankündigt und die Eltern ihre Kinder und Ralph von ihr fernhalten möchten, nimmt das Abenteuer seinen Lauf. Chessie macht sich mit Ralph bekannt und kündigt ihm an, ihm einen Wunsch zu erfüllen. Die Voraussetzung dafür: Ralph soll zuerst Chessie mit den Battersby-Kindern zusammenbringen, damit Chessie ihnen ihre Wünsche erfüllen kann. So harmlos dieser Plan klingt, so lebensgefährlich sind die Abenteuer, in denen Ralph, Beatrice, Cecil und Daphne sich wiederfinden…

Wichtige Charaktere

  • Ralph Stevens
  • seine Eltern
  • Gertie Battersby
  • ihr Mann Gideon
  • ihre Kinder Cecil und Daphne
  • Beatrice
  • Herzogin Chessie von Cheshire
  • die Elfe Fingerfertig

Zitate

„Das Wunschgewähren war seit jeher mit einem großen logistischen Aufwand verbunden – die Königlich-Narratologische Gilde hat zwanzig Vollzeitmitarbeiter, die nichts anderes tun, als Geschichten aufzuzeichnen und zusammenzutragen. Daneben gibt es jede Menge Teilzeitbeschäftigte. Und die sind teuer – fünf Prozent des britischen Bruttoinlandsprodukts werden für Komparsen, Tiertrainer, Magier und Ähnliches ausgegeben. Ein Großteil der Kosten kommt allerdings über Lizenzgebühren für Buch- und Filmrechte wieder rein. Chessie jedenfalls konnte es sich nicht erlauben, nach elf verlorenen Jahren endlich wieder einen Wunsch zu gewähren, und das ganze Projekt durch einen rotznasigen Amerikaner, der hier nichts zu suchen hatte, in Gefahr zu bringen.“

„Ralph war in vielen Dingen sehr bewandert, er kannte zum Beispiel:
– seine eigene IP-Adresse
– C++, UNIX, Pascal, Java, BASIC, ASCII, HTML und CGI Scripts
– die Namen der drei wichtigsten Temperaturskalen und den jeweiligen Siedepunkt von Wasser
– Elbisch (sowohl Quenya als auch Sindarin)
– seinen Jedi-Namen
– sein Alter im Binär-Code“

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Leseprobe beim Verlag

Persönliche Bewertung

'Alice im Wunderland' für Geeks und Nerds

5 von 5

„Die äußerst seltsame Familie Battersby“ ist ein Buch, das sich in absolut keine Schublade stecken lässt. Zwar bedient sich der Autor diverser Genres und setzt Klischees bewusst ein, doch scheint er nichts davon ernst zu meinen, er stellt im Verlauf der Geschichte sowohl seine Kulisse als auch die Handlung selbst mehrmals auf den Kopf. Wähnt man sich zunächst in einer Fantasygeschichte mit den üblichen Charakteren, mit erfüllten Wünschen und Märchenwelten, so kehrt sich dieser Eindruck schnell um, als der Hintergrund der Wunscherfüllung offenbart, dem Leser ein Blick hinter die Kulissen gewährt wird (siehe Zitat). Und diese Realität ist ebenso grandios wie unromantisch und dürfte einige Leser nicht nur verwirren, sondern möglicherweise sogar verärgern.

Besonders ungewöhnlich ist das regelmäßige direkte Eingreifen des Erzählers in die Geschichte. Der direkten Ansprache der Leser bedienen sich auch andere Autoren, hier tritt der Erzähler jedoch gleichzeitig als eine Art „Gott“ oder „Regisseur“ auf, der die Handlung der Charaktere beeinflussen und über ihr „Schicksal“ entscheiden kann. Ja, Archer lässt sogar seine Figuren mit dem Erzähler kommunizieren. Und dieser Erzähler ist keineswegs neutral – er hat seine Favoriten wie die morbide Beatrice; für den sehr unbeholfenen Möchtegern-Helden Ralph hat er dagegen wenig Verständnis. Noch abstruser wird es, als ein zweiter Erzähler in das Geschehen eingreift, mit dem ersten Erzähler und einer Figur in Interaktion tritt. Ein Kunstgriff, der ebenso verwirrend wie genial ist – und mit der Enthüllung der Identität des Erzählers am Ende seinen Höhepunkt findet.

An Fantasie mangelt es dem Autor wahrlich nicht – allein die kreativen Namen von Orten („Klotzwald“, „Vierzig-Strom-Land“, Grauguss-Turm“) und Personen zeugen davon. Er mutet seinen Lesern nicht nur allerhand absurde Situationen zu, auch zimperlich ist er nicht. In Cecils Traum zeigen sich die Elfen als grausam ausgebeutetes Volk, die grausame Herzogin verwendet Elfenleichen wie auch lebendige Elfen als Bauteile, als Haushaltsgegenstände oder Möbel. Ja, die Elfen werden sogar eigens dafür in einer „Elfenfarm“ gezüchtet. Hier fühlt man sich an Pelzfarmen oder Massentierhaltung erinnert, ob dies die Intention des Autors war, sei dahingestellt. Zu diesem Vergleich passt, dass vor allem der übermäßige „Verbrauch“ von Elfen kritisiert wird, der vorherige Herrscher in der Fantasiewelt habe immer nur so viele Elfen benutzt, wie er „gebraucht“ habe – ein grundsätzliches Hinterfragen der Ausbeutung findet nicht statt. Kritische Leser sehen hier sicherlich die Parallelen und finden sich möglicherweise zum Nachdenken angeregt.

Ein besonderes Highlight ist auch die Unterwelt mit ihren verschiedenen Bereichen für Eben-noch-Lebende und Bald-Tote, mit ihrer Bürokratie und absurden Ordnung. Bei aller Groteske webt der Autor jedoch auch zahlreiche Spitzen und Gedankenanregungen in seine Geschichte ein. So weist er zum Beispiel in einem Nebensatz darauf hin, dass die Unterscheidung zwischen Skeletten und Zombies (nur verschiedene Stadien von Toten) ebenso dumm wäre wie „die Behauptung, Leute seien entweder nett oder böse, schlau oder dumm, weiblich oder männlich“. Ein anderes Beispiel ist Raphs Hinterfragen von Cecils angeblich so edlen Motiven: Möchte er die Elfen tatsächlich befreien, um ihnen etwas Gutes zu tun, oder geht es nicht eher darum, sich in einem dramatischen Kampf selbst als Held darzustellen.

Fazit

Eine skurrile Geschichte, die durch ihre überbordende Fantasie und die Vielfalt bemerkenswerter Charaktere begeistert. Fantasy und Absurditäten à la „Alice im Wunderland“ treffen auf Terry Pratchett und ein Nerduniversum. Sicher nicht für jeden Leser etwas, doch unwiderstehlich für alle, die ungewöhnliche fantasievolle Geschichten lieben.

Originaltitel
Geek Fantasy Novel
ISBN10
3833900997
ISBN13
9783833900990
Dt. Erstveröffentlichung
2013
Gebundene Ausgabe
304 Seiten
Empfohlenes Lesealter
Ab 12 Jahren