Berlin Alexanderplatz
Die Geschichte vom Franz Biberkopf
Zusammenfassung zu “Berlin Alexanderplatz”
Alfred Döblins Roman zählt zu den bekanntesten Werken deutscher Schriftsteller. Das Buch erschien 1929 und handelt vom Großstadtleben Berlins in den späten 1920er Jahren und ihren Menschen. Im Mittelpunkt steht dabei der Möbelpacker und Zementarbeiter Franz Biberkopf, um die dreißig, der seine Geliebte in Rage erschlug und dafür vier Jahre im Zuchthaus verbrachte. Davon geläutert, will er nach seiner Entlassung noch einmal ganz neu anfangen. Von nun an arbeitet er als Zeitungsverkäufer und Vertreter, an den Abenden verbringt er viel Zeit in den Lokalen am Berliner Alexanderplatz – hier pulsiert das Leben und herrscht Menschentrubel. Bald gerät Biberkopf entgegen seiner guten Vorsätze in unheilvolle Verwicklungen, und der anfängliche Wunsch, ein anständiges Leben zu führen, gerät mehr und mehr außer Kontrolle. Er kann der Verlockung, sich mit einer Prostituierten einzulassen, ebensowenig widerstehen wie dem Wunsch, noch einmal jenes Haus aufzusuchen, in dem er seine Geliebte Ida einst erschlagen hatte. Für Idas Schwester Minna, die dort im Haus lebt, wird die Begegnung mit Biberkopf zu einem Albtraum. Biberkopf schließt nun auch Bekanntschaft mit einem Zuhälter namens Reinhold, außerdem verliebt er sich in eine der Frauen aus dem Rotlichtmilieu, Emilie. Er gerät in ungute Gesellschaft, wird in einen Einbruch verwickelt und verstrickt sich durch die Bekanntschaft mit Reinhold in immer größere Probleme. Als er letzten Endes seinen Lebensunterhalt als Hilfspförtner verdient und wieder vor einem Neuanfang steht, liegt eine wechselvolle, turbulente Vergangenheit hinter ihm.
Wichtige Charaktere
- Franz Biberkopf
- Otto Lüders
- Reinhold
- Emilie, genannt Miezeken
- Gottlieb Meck, ein alter Freund Biberkopfs
Interpretation
Alfred Döblins Roman gibt eine vielschichtige, gekonnte Milieustudie des so genannten einfachen Mannes im Großstadtleben Berlins in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder. Ganz entgegen des damaligen Literaturstils schuf Döblin hier ein einzigartiges Werk: In diesen Roman involvierte er verschiedene Stilmittel, bediente sich in einer Vorreiterrolle eines modernen Erzählstils, in dem auch expressionistische Motive enthalten sind. Nüchtern und scheinbar kühl schilderte Döblin das Milieu der damaligen Arbeiterschicht und wechselte zwischen innerem Monolog, indirekter und direkter Rede, womit der Leser die Realität des Berliner Großstadtlebens in all seinen Facetten als Beobachter wahrnehmen kann. Interessanterweise ist Döblins Roman nicht einfach einer einzigen Stilrichtung zuzuordnen – vielmehr benutzte Döblin mehrere Techniken, wie beispielsweise die einer Montage, streute Bibelzitate ein und wechselte mehrmals den Sprachstil, womit er dem Roman eine hohe Ausdruckskraft verlieh. Religiöse Motive durchziehen den Roman wie einen roten Faden, außerdem verstand es Döblin hervorragend, die sich überschlagenden historischen Ereignisse bis hin zur Machtausweitung der Nationalsozialisten in seiner Hauptfigur Biberkopf und dessen wechselnden politischen Ansichten widerzuspiegeln. Um Döblins großartiges Werk zu interpretieren, bieten sich mehrere Ansätze an, worin gerade die Genialität dieses Romans liegt. Dass Döblins Roman mit seiner schonungslos ehrlichen Darstellung der sozialen Verhältnisse einer Großstadt nach dem Ersten Weltkrieg Gesellschaftskritik enthält, ist nur ein interessanter Ansatz, den die Leser in diesem vielschichtigen Werk entdecken können.
Persönliche Bewertung
Alfred Döblins Roman zeigt ein lebendiges Bild des Berliner Großstadtlebens um 1925.
Alfred Döblin kannte das Milieu des Berliner Arbeiterstandes in- und auswendig – seine Tätigkeit als Armenarzt verschaffte ihm ein Bild der Gesellschaft, wie es nicht näher an der Realität sein konnte. Die Leser des Romans werden unmittelbar ins Geschehen einbezogen und werden mit Biberkopf von einem Ereignis ins nächste gerissen – Döblin erzählte seine Romanhandlung nicht einfach nur, sondern arbeitete mit verschiedenen Stilelementen, die diesen Roman auszeichnen. Die als unterhaltsam bekannte, so genannte Berliner Schnauze findet in Döblins Buch genauso ihren festen Platz wie Bibelsprüche, Liedzeilen aus zeitgenössischen Gassenhauern oder Zitate aus Zeitungen und Werbeplakaten. Ein immer wiederkehrender Wechsel der sprachlichen Stilmittel macht den Roman zu einer unterhaltsamen und fesselnden Lektüre. Längere Passagen mit inneren Monologen vermitteln anschaulich die Geisteshaltung des Protagonisten – sein beständiger Daseinskampf verknüpft sein inneres Bewusstsein mit dem äußeren Erleben. Der Leser erhält dadurch ein eindrucksvolles Bild von Biberkopfs innerer Zerrissenheit – von seiner gutwilligen Art, ein anständiger Mensch zu werden auf der einen Seite, aber auch von seiner Nachgiebigkeit und seiner Veranlagung, ständig in schlechte Gesellschaft zu geraten, auf der anderen Seite. Als sich die Lage dramatisch zuspitzt, wünschen sich die Leser, Biberkopf möge endlich eine entscheidende Wende im seinem reichlich desolaten Leben erfahren. Döblins Erzählkunst ermöglicht es, dass die Leser zügig ins Geschehen finden und anhand der Schilderungen der einzelnen Charaktere neugierig auf weitere Geschehnisse werden. Döblin zeichnete mit diesem Roman ein authentisches Bild Berlins nach der großen Wirtschaftskrise und vor dem nahenden Ende der Weimarer Republik – mitten darin der wankelmütige Franz Biberkopf, der sich immer wieder manipulieren lässt. Nicht zuletzt ist es ein Roman, mit dem sich der Leser gerne kritisch auseinandersetzt.
Fazit
Alfred Döblins Roman ist lange nach Erscheinungszeit äußerst lesenswert und gleichzeitig von einer bestechenden Aktualität. Döblins wechselnder Erzählstil bringt zahlreiche Abwechslung, seine Romanfiguren sind mit transparenten Charakteren ausgestattet und sorgen für eine wechselvolle, unterhaltsame Handlung. Berliner Jargon und jiddische Aussprüche verleihen zusätzlichen Unterhaltungswert.
- ISBN10
- 3596904587
- ISBN13
- 9783596904587
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013 (1929)
- Taschenbuchausgabe
- 560 Seiten