Dreigroschenroman
Zusammenfassung zu “Dreigroschenroman”
Brechts „Dreigroschenroman“ berichtet vom Aufstieg zweier unterschiedlicher Geschäftsmänner. Der „Bettlerkönig“ Jonathan Jeremiah Peachum betreibt ein Geschäft mit der Bettelei. Er hat Mitarbeiter, die sich als Bettler verkleiden und in der Stadt Geld zusammenbetteln. Er tut sich mit Coax, einem zwielichtigen Makler zusammen, der ihn über das Ohr haut. Durch ihn investiert er in ein Transportschiffe-Unternehmen, das bald zusammenbricht. Dennoch hofft Peachum, ihn mit seiner Tochter verheiraten zu können, für die er sich abrackert und die er als eine Art Kapital betrachtet. Auch Polly, Peachums Tochter, muss sich mit den gesellschaftlichen Bedingungen auseinandersetzen, denn sie lernt zwei Männer kennen, einen Schreiber in einem Anwaltsbüro und einen Geschäftsmann, den berüchtigten Verbrecher und Mörder Macheath, der unter anderem Namen und zunächst als Holzhändler auftritt. Obwohl ihr der Schreiber besser gefällt und sie von ihm schwanger wird, wäre Macheath, der Einfluss und Geld besitzt, die bessere Wahl. Als Polly merkt, dass sie schwanger ist will sie das Kind abtreiben lassen, benötigt dazu aber Geld. Sie entschließt sich statt der Abtreibung lieber Macheath zu heiraten und tut das gegen den Willen ihres Vaters.
Macheath hat neben seiner Angetrauten noch zwei weitere Geliebte, wobei eine von ihnen, Mary Swayer, bald tot im Hafen aufgefunden wird, da sie aus Eifersucht Macheath Identität aufdecken wollte. Die Polizei hält Macheath für den Mörder, während Peachum seine Chance wittert, den Geschäftsmann zu erpressen, damit er sich endlich von seiner Tochter scheiden lässt. Dafür scheut er sich nicht, wertvolle Zeugen, die Macheath entlasten können, zu beseitigen. Coax wiederum, der keinerlei Interesse daran hat, Peachums Tochter zu heiraten, spielt durch die Ereignisse nun seine eigenen Karten aus und erpresst wiederum Peachum. Um die Pleite des eigenen Geschäfts zu verhindern, sieht Peachum die Ehe seiner Tochter bald schon als vorteilhaft an, denn Macheath ist immer noch ein reicher Geschäftsmann und bald auch Bankdirektor. Am Ende muss ein Unschuldiger für den Mord an Mary Swayer büßen, da ein gut angesehener und wohlsituierter Geschäftsmann wie Macheath der urteilslosen Masse in einem besseren Licht erscheint als der in Armut lebende Soldat Fewkoombey. Letzterer wird zum Tode durch den Strang verurteilt.
Wichtige Charaktere
- Jonathan Jeremiah Peachum (Bettlerkönig)
- Emma Peachum (alkoholkranke Ehefrau)
- Polly Peachum (Tochter des Bettlerkönigs)
- Jimmy Beckett alias Macheath alias “Das Messer” (Verbrecher und Geschäftsmann)
- Smile (Schreiber)
- William Coax (Makler)
- Freddy Brown (Inspektor bei Scotland Yard)
- Mary Swayer (Geliebte Macheaths)
- George Fewkoombey (ehemaliger Soldat)
Interpretation
Die Charaktere im „Dreigroschenroman“ sind einfach und satirisch dargestellt. Brecht zielt auf eine Entlarvung des Kapitalismus hin, breitet die korrupten Machenschaften unterschiedlicher Geschäftswelten vor dem Leser aus. Während Peachum zu jenen Geschäftsmachern gehört, die die Armut und Not samt ihrer Wirkung als Geschäftsidee umsetzen, steht ihm gegenüber der viel mächtigere und einflussreiche Geschäftsmann Macheath, der viele Fäden in der Hand hält und sowohl in der gesellschaftlichen Anerkennung als Geschäftsmann als auch in der Verbrecherwelt einen Namen hat. Er kennt nicht nur die Korruption, sondern auch die dreckige Welt von Betrug, Mord und Verbrechen. Dennoch erscheint er als angesehener Mensch und Prototyp der bürgerlichen Gesellschaft. Gerade die blinde Masse des einfachen Volkes wird durch ihn und seine Präsenz immer wieder zu seinem Vorteil gelenkt und manipuliert. So lange er seine Rolle spielt, sichert er sich einen Platz als angesehener Bürger, während die Menschen sich von seinem Reichtum und Auftreten blenden lässt. Brecht beweist damit, wie unterschiedliche Geschäftszweige durch ihre Möglichkeit der schnellen Reaktion und Skrupellosigkeit wandlungsfähig sind und in ihrer Branche überleben. Er zeigt die Gefahren des Kapitalismus auf, in der Freiheiten möglich sind, die sich geschäftstüchtige und korrupte Menschen zunutze machen und sich dabei nicht scheuen, die Konkurrenz aus dem Weg zu räumen.
Zitate
„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“
„Jene Leute, die nur einen Arm hatten, besaßen nicht immer auch die Gabe, unglücklich zu wirken.“
„Es gibt kein Geschäft, das so gemein wäre, dass nicht sofort ein Anderer es macht, wenn man darauf verzichtet. Man muss ungeheuer schlucken können. Wenn man sich auch nur eine Sekunde auf menschliche Regungen einlässt, ist man glatt erschossen. Da hilft nur eiserne Disziplin und Selbstkontrolle. (…) Wenn man das bleiben will, was man so im Volksmund anständig nennt, muss man eben Dreck schaufeln oder auf dem Bau arbeiten. Ja, man hat, sobald man einmal über das Mittelmaß hinaus ist, Sorgen, von denen sich der besitzlose Alltagsmensch nichts träumen lässt.“
„Der Mensch hat doch Vernunft. Er folgt nicht seinen blinden Trieben, sondern Vernunftgründen.“
Persönliche Bewertung
Tiefsinniger, satirisch übersteigerter Blick in die korrupte Geschäftswelt
Was Brecht im „Dreigroschenroman“ wunderbar gelingt, ist die breite Ebene zu skizzieren, auf der Menschen sich mit der Waren- und Kapitalismuswelt einlassen und in ihr arrangieren. Nicht nur die Geschäftsleute, auch einfache Prostituierte, die ihren Körper verkaufen, Arbeiter, die versuchen zu überleben, eine in die Enge getriebene Frau, die sich zwischen Gefühl und Wohlstand entscheiden muss, Polizisten, die selbst korrupt sind, die einfachen Menschen als eine urteilslose und im Strom schwimmende, den korrupten Absichten der Geschäftswelt dienenden Masse werden von Brecht unter die Lupe genommen, der damit deutlich seine Sicht der Dinge demonstriert.
Jeder von ihnen führt seine Gründe an, die aus ihrer Sicht für sie einleuchtend erscheinen, dennoch hervorragend aufzeigen, wie armselig die Entscheidungen und Zugeständnisse sind und wie schwierig es dabei auch ist, sich aus bestimmten Verhältnissen heraus zu verwirklichen. Besonders schön sind die Veränderungen Peachums in Bezug auf die Ehe seiner Tochter zu beobachten, der seinerseits nicht scheut, für seine Vorteile andere Menschen aus dem Weg zu räumen, wie korrupt diese auch immer sind. Daneben stehen all die Männer „mit Prinzipien“, die hinter ihrer geschäftstüchtigen Maske viel Dreck am Stecken haben. Lauterkeit und Ehrgefühl werden durch Gier und Profitsucht abgelöst. Selbst Peachum, der zunächst fürsorglich erscheinende Vater, der sich für sein Kind aufopfert, hat auch in dieser Hinsicht seine Hintergedanken und zeigt sich nicht von großzügiger, sondern hinterhältiger Seite. Seine Tochter hat für seine Zwecke bereitzustehen und kein Recht auf eigene Entscheidungen. Seine Liebe zu ihr ist damit gleichfalls berechnend. Dieser satirisch übersteigerte Blick auf die Machenschaften der Geschäftsmänner auf der einen und ihre innerlichen Beweggründe all den Menschen gegenüber, die sie eigentlich lieben müssten auf der anderen Seite macht das Buch so vielseitig und scharfsinnig.
Fazit
Brecht liefert mit seinem kritischen Werk einen tiefsinnigen Einblick in die korrupte Geschäftswelt, das Gehen über Leichen für den Profit, die verzweigten, gegenseitigen Betrügereien als eine Sicht auf die Dinge, die auch heute noch durchaus aktuell ist.
- ISBN10
- 3518383469
- ISBN13
- 9783518383469
- Dt. Erstveröffentlichung
- 1978
- Taschenbuchausgabe
- 394 Seiten