Ich und die Menschen

Autoren
Übersetzer
Sophie Zeitz
Verlag
Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv)
Anspruch
4 von 5
Humor
5 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
4 von 5

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Zusammenfassung zu “Ich und die Menschen”

Ein Wesen von einem weit entfernten und hoch entwickelten Stern besucht die Erde, beauftragt mit einer wichtigen Mission: Die bahnbrechende mathematische Entdeckung eines Professors zu zerstören und mit ihr alle, die davon bereits wissen. Als Tarnung nimmt er die Rolle des Mathematikprofessors ein, führt seine Mission in dessen Körper durch. Dies gestaltet sich von Anfang an als problematisch, denn das Leben auf Erde, die Erwartungen und Ansichten davon, was angebracht und unangebracht ist, unterscheiden sich sehr von denen des Heimatplaneten. So ist es auf der Erde weitgehend unangemessen, unbekleidet zu sein, was schon in den ersten Stunden auf der Erde zu zahlreichen Verwirrungen führt. Auch der Umgang mit der Frau und dem Sohn des Mathematikprofessors ist nicht einfach.

Entgegen seinen Erwartungen sind die Menschen jedoch auf Dauer nicht so abstoßend und in ihrer Masse nicht nur selbstsüchtig, so wie es der „Vonnadorianer“ erwartet hat. Er beginnt sogar, ihm bisher unbekannte Gefühle zu entwickeln und fühlt sich zunehmend davon überfordert, Frau und Sohn des Professors zu töten, um sicherzustellen, dass die Forschungsergebnisse tatsächlich niemals an die Öffentlichkeit gelangen. Seine Auftraggeber sind unterdessen ungeduldig, setzen ihn unter Druck und zeigen kein Verständnis dafür, dass die Mission so viel Zeit in Anspruch nimmt. Im Körper des Professors beobachtet der Vonnadorianer die Menschen, ihr Verhalten und die Grundlagen ihres Lebens und beginnt sich selbst ein dauerhaftes Leben als Mensch zu wünschen, auch wenn dies bedeutet, seine Unsterblichkeit aufzugeben…

Wichtige Charaktere

  • Mathematikprofessor Andrew Martin
  • seine Frau Isobel
  • sein Sohn Gulliver
  • der Hund Newton
  • Professor Arirumadhi Arasaratham, genannt „Ari“
  • die Vonnadorianer
  • Daniel und Tabitha Russell

Zitate

„Genau wie die Religion war die Geschichte der Menschen voll von deprimierenden Phänomenen wie Kolonisation, Krankheit, Rassismus, Sexismus, Homophobie, Snobismus, Umweltzerstörung, Sklaverei, Totalitarismus, Militärdiktaturen, Erfindungen, die die Menschen anschließend nicht mehr in den Griff bekamen (die Atombombe, das Internet, das Semikolon), der Unterdrückung kluger Menschen, der Vergötterung idiotischer Menschen, Langeweile, Verzweiflung, periodischen Zusammenbrüchen und Katastrophen in der psychischen Landschaft. Und zu alldem gab es immer grauenhaftes Essen.“

„Die Menschen mögen Verrückte in der Regel nicht, es sei denn, sie können gut malen, und auch dann erst, wenn sie tot sind. Allerdings scheint die Definition von verrückt auf der Erde unscharf und inkonsistent. Was in dem einen Zeitalter völlig normal ist, ist in einem anderen völlig wahnsinnig. Die früheren Menschen liefen nackt herum, ohne dass es Probleme gab. Manche Menschen, hauptsächlich in feuchten Regenwäldern, tun es heute noch. Daraus müssen wir schließen, dass Wahnsinn manchmal eine Frage der Zeit ist und manchmal eine Frage der Postleitzahl.“

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Persönliche Bewertung

Besonderer Roman zwischen Weisheit und Plattitüden

4 von 5

Schon in „Die Radleys“ bewies Matt Haig seinen kritischen Blick auf die Gesellschaft, indem er seine Hauptfiguren, eine Vampirfamilie die Menschen um sie herum und ihr Verhalten kommentieren ließ. Mit „Ich und die Menschen“ (im englischen Original interessanterweise unter dem Titel „The Humans“ veröffentlicht) treibt er dieses Modell noch einen Schritt weiter. Diesmal ist es ein Besucher von einem anderen Planeten, der sich inmitten der Menschen wiederfindet und, getarnt als Mathematikprofessor, eine geheime Mission durchführen muss. Der Außerirdische unter den Menschen – eine Idee, die nicht neu klingt und es auch nicht ist. Dass die Hauptfigur die Menschen vor zu großem Fortschritt, vor einer Entdeckung, mit der sie nicht umgehen können, bewahren muss, um Unheil vor dem Universum und der Erde abzuhalten, ist ebenso zynisch wie realistisch.

Matt Haig hat seine Hauptfigur bewusst als Gegensatz zu vielen typisch menschlichen Eigenschaften gewählt: Auf dem Heimatplaneten des Ich-Erzählers spielen Gefühle keine Rolle, Naturwissenschaften und logisches Denken bestimmen das Handeln. Von Außen betrachtet erscheinen den „Vonnadorianern“ die Menschen, nach ihren globalen Taten beurteilt, sehr egoistisch, gierig nach Macht und Geld. Die persönlichen Erfahrungen im Menschenkörper zeigen den namenlosen Hauptcharakter, dass diese Einschätzung der Menschen zu schwarz-weiß ist, dass den negativen Eigenschaften positive Emotionen gegenüberstehen – und natürlich sind wichtige Bestandteile die Liebe zu „seiner“ Frau und „seinem“ Sohn. Und diese Liebe ist es auch, die für einige Klischees im Buch sorgt: Dass sich das Leben, das Menschsein, für die Emotionen lohnt, dass die Hauptfigur dafür sogar bereit ist, ihre Unsterblichkeit aufzugeben, passt zur Botschaft, die der Autor über die Schönheit des Lebens und der Welt vermitteln möchte, verwässert jedoch die tiefgründigen Gedanken, die sich genauso im Buch finden.

So zählt der Autor beispielsweise all die unschönen Phänomene auf, die die Geschichte der Menschheit prägten und noch immer prägen, weist auf die Heuchelei und Verdrängungsmechanismen hinter dem Fleischkonsum hin oder zeigt die Absurditäten menschlichen Glaubens auf. Daneben geht es um die universelle Frage nach dem Sinn des Lebens. Einer der stärksten und gleichzeitig schwächsten Abschnitte sind hierbei die „97 Ratschläge für einen Menschen“, die Botschaft des Außerirdischen an den Sohn des Mannes, in dessen Körper er sich befindet. Ob es wirklich aller 97 Ratschläge bedurft hätte, ist sicherlich Geschmacksache, denn neben witzigen, auf die Geschichte bezogenen Hinweisen und sehr tiefgründigen Lebensweisheiten finden sich zahlreiche klischeehafte Ratschläge, die zum Beispiel auf die Bedeutung der Liebe verweisen oder darauf, dass Geld nicht glücklich macht. Zieht man diese ab, bleiben jedoch noch genug Punkte, die als Gedankenanstöße und Lebenshilfe die Leser des Buches zum Nachdenken und Hinterfragen anregen mögen.

Fazit

Matt Haig ist ein Autor, der sich nicht scheut, unbequeme Wahrheiten anzusprechen, der zum Nachdenken und Hinterfragen anregt. Umso auffälliger ist es, dass den tiefgründigen Gedanken in „Ich und die Menschen“ zahlreiche Klischees und abgenutzte Ratschläge gegenüberstehen, die Kreativität und Tiefsinn vermissen lassen. Ein empfehlenswertes Buch, wenn auch mit Abstrichen.

Originaltitel
The Humans
ISBN10
3423260149
ISBN13
9783423260145
Dt. Erstveröffentlichung
2014
Broschierte Ausgabe
352 Seiten