Russisches Requiem
Zusammenfassung zu “Russisches Requiem”
Moskau im Jahre 19 nach der Oktoberrevolution. Stalin ist fest im Sattel verankert, Jagoda als Chef des NKWD (Vorläufer des KGB) gerade vom Podest gestoßen. Unklar, ob der neue KGB-Chef Jeschow, noch mehr Menschen in die Zone (das sind die unter Stalin errichteten Lager) schicken wird.
Da wird in einer Kirche, die im Moskau des Jahres 1936 als Komsomolzentrale fungiert, die sadistisch verstümmelte Leiche einer jungen Frau gefunden. Der Fall wird an den Miliz-Hauptmann Koroljow übertragen, zur Seite wird ihm der sehr junge, wundersam erfahrene Leutnant Semjonow gestellt, schlicht Wanja genannt. Weitere Leichen tauchen auf, sowohl Geheimdienst, als auch das organisierte Verbrechen scheinen involviert. Scheinbar versucht die Arbeiter- und Bauernmacht Devisen mit dem Verkauf von Kunstgegenständen ins Ausland zu machen.
Nur, wer verkauft was an wen? Der, mit ärmlichen Filzstiefeln und einem ziemlich zerlumpten Mantel bekleidete, geschiedene, sich ab und an nach seinem kleinen Sohn sehnende Hauptmann Alexei Koroljow gerät zwischen alle Fronten. Und ermittelt doch weiter, auch nachdem es ihm von offizieller Seite untersagt wird. Was ist wichtiger, das eigene Leben oder die Pflichterfüllung für das sozialistische Vaterland? Koroljow trifft seine Entscheidung, und kommt sogar mit dem Leben davon, so viel sei an dieser Stelle schon verraten.
Wichtige Charaktere
- Hauptkommissar Alexei Koroljow
- die Kasanskaja
- etliche Leichen
Zitate
„Ein Schluchzen war zu hören, und Koroljow bemerkte eine gramgebeugte Frau in mittleren Jahren. In ihrem tränenüberströmten Gesicht lag ein Widerhall von Semjonows. Er betete darum, nie seinen eigenen Sohn zu Grabe tragen zu müssen. ‚Was lässt sich mehr zum Lob unseren geliebten Genossen sagen als dies: Er war ein kultivierter Mensch, zutiefst überzeugt vom historischen Imperativ des internationalen Sozialismus, engagiert im Aufbau der Sowjetunion und ein treues und loyales Komsomol-Mitglied mit einem makellosen, aufrichtigem Lebenslauf.‘ Es ließ sich mehr sagen. Viel mehr. Doch schließlich faltete Rodinow sein Blatt wieder zusammen und nickte der Ehrengarde zu.“
Persönliche Bewertung
Hinreißend intensiver, detailverliebter Kriminal-Roman
Russisches Requiem ist der Erstlingsroman des 45-jährigen Anwalts William Ryan, der in London lebt. In einer unglaublich dichten Atmosphäre beschreibt der Krimi das Leben im Moskau zwischen den Kriegen. Großartig beschrieben: die allgegenwärtige Gewissheit, dass Jeder jederzeit als Politischer in die Zone (so wurde die von Stalin geschaffene Lagerwelt genannt) geschickt werden kann.
Fazit
Folgt man den Spuren Koroljows, taucht man ein in die alltägliche Lebenswelt einer wahrhaft grausamen Zeit: Hunger, Denunziation, Mangel an allem Lebensnotwendigem regieren den Alltag, die herrschende Kaste hingegen hat sich schon Sonderversorgungseinrichtungen geschaffen. Ob man gerade zu den Machthabern gehört, wissen selbst KGB-Chefs erst am nächsten Morgen, wenn es in der Nacht zuvor nicht an der Tür geklopft hat.
Und doch, das Leben hat auch einiges zu bieten, zumindest dann, wenn Spartak Moskau Fußball spielt, und gegen die Mannschaft der Roten Armee (ZSKA) gewinnt. Und auch dann, wenn man unglaublicher Weise, wie es Koroljow widerfährt, eine eigenes, ganze 14 Quadratmeter umfassendes Zimmer in einer Gemeinschaftswohnung erhält, in dem sich sogar noch Stuck an der Decke befindet, während zwei Stockwerke über einem der vom Hauptmann verehrte Schriftsteller Isaak Babel wohnt … und so weiter und so fort … der Roman ist einfach eine hinreißend intensive Beschreibung einer wirklich gruseligen Zeit.
Bedarf es da überhaupt noch einer Krimihandlung? Ja, denn auch der beste Autor benötigt einen roten Faden, an dem entlang er vom Leben erzählen darf. Diesen spannenden Roman jedoch als Thriller zu bezeichnen, wie der Heyne Verlag es auf dem Cover tut, ist arg reißerisch und wird den Qualitäten der Geschichte nicht gerecht. Der deutsche Verlag hätte sich mit einem passenderen Genrebezeichnung >>historischer Kriminal-Roman<< begnügen sollen.
- Originaltitel
- The Holy Thief
- ISBN10
- 3453266463
- ISBN13
- 9783453266469
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2010
- Gebundene Ausgabe
- 432 Seiten