Eine ganz andere Geschichte
Zusammenfassung zu “Eine ganz andere Geschichte”
Der zweite Barbarotti-Krimi des schwedischen Autors Håkan Nesser beginnt mit einem Brief, den sogenannten Mousterlin-Aufzeichnungen, geschrieben vom einem Unbekannten im Jahr 2002. Berichtet wird in diesem Fragment von dem Urlaub einer Gruppe schwedischer Touristen in der Bretagne, erzählt wird aus Sicht eines Einzelgängers, der als erstes von sich behauptet, dass er abgestumpft wäre, wenn er jemals eine Gruppe finden würde, in der er sich heimisch fühlt.
Nach diesem ersten Auszug aus den Mousterlin-Aufzeichnungen, die im Verlauf des Romans zu einer eigenständigen Geschichte werden, springt die Handlung in das Jahr 2007, in die fiktive schwedische Stadt Kymlinge. Der halbitalienische Kommissar Barbarotti betritt die Bildfläche. Erstmal nur als schwer verliebter Urlauber, der auf dem Weg zu seiner Geliebten Marianne noch schnell die Post liest und einen Brief findet, in dem ein Mord angekündigt wird. Als braver Polizist meldet der Kommissar dieses Schreiben an die zuständigen Behörden und gibt sich ganz der großen Liebe hin.
Bis dann tatsächlich die angekündigte Leiche auftaucht. Weitere Briefe und weitere Leichen folgen. Enerviert von dem mysteriösen, nicht aufzulösenden Fall, stößt Barbarotti eines Tages einen aufdringlichen Journalisten die Treppe hinunter, was wiederum seine Liebesbeziehung in ernsthafte Gefahren bringt.
Währenddessen mordet der Mörder munter weiter. Immer wieder legt er verheißungsvolle Spuren, die ins Leere führen. Unterbrochen wird die Handlung von den ausgesprochen spannenden Aufzeichnungen des Täters, die dieser irgendwann auch den ratlosen Polizisten zur Verfügung stellt, womit diese Dokumente dann nur zu einem weiteren verwirrenden Puzzlesteil werden. Am Ende findet einer, nach dem vierten Lesen der Mousterlin-Dokumente, in ihnen sogar die Lösung. Verraten sei hier nur: der behäbige, etwas liebeskranke Kommissar Barbarotti ist es nicht.
Wichtige Charaktere
- Kommissar Barbarotti
Zitate
„Manchmal, dachte Gunnar Barbarotti, manchmal glaube ich, das menschliche Gehirn ist nur ein Tummelplatz für eine höhere Macht, die dasitzt und Patiencen legt. Zumindest haben sie mir so ein Gehirn gegeben. …Und manchmal kommt es vor, dass die Patiencen aufgehen.“
„Ich frage mich, wie wohl mein Leben in genau fünf Jahren aussehen wird?, dachte er dann ohne Vorwarnung. Bin ich dann mit Marianne verheiratet? Und wo werde ich wohnen? …Und so – während Sorgsen weiterredete – kullerten die Gedanken wie ein Schneeball den Hang hinunter. Werde ich in fünf Jahren überhaupt noch Polizist sein?“
„Und dieser Mörder, war es nicht langsam an der Zeit, dass man ihn schnappte?“
„’Willst du mich heiraten?‘, fragte er. Sie lachte. Er hätte am liebsten auf der Stelle dem Herrgott aus reiner Freude einen Punkt geschenkt. Denn es war etwas in ihrem Lachen, das …ja, was war das eigentlich?“
Weitere Barbarotti Krimis
„Mensch ohne Hund“
Persönliche Bewertung
Angenehm zu lesender Krimi-Roman in dem der Täter die Polizei mit literarischen Hochgenüssen versorgt.
Als Liebhaberin schwedischer Krimis war die Rezensentin gespannt auf den neuen Hakan Nesser. Irritierend – der Start des Buches mit den Mousterlin-Aufzeichnungen. Schon nach der ersten Seite die Erkenntnis, dass man gerade die genial geschriebenen Tagebuchaufzeichnungen eines (vielleicht irren) potentiellen Täters liest. Überraschend die auf die Aufzeichnungen folgende Wendung: Ein Kommissar fährt erst einmal in Urlaub anstatt einen Fall zu lösen. Dann gibt es die erste Leiche, und es beginnt ein recht spannendes Verwirrspiel, das allen Versuchen trotzt, einer Lösung nahezukommen.
Angenehm dabei: die Einblicke in das Privatleben des Polizeiteams und im speziellen die Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt des Kommissar Barbarotti.
Das der Leser nicht die Lebenseinstellungen des Kommissars teilt, seine Behäbigkeit manchmal einfach etwas enervierend findet, dafür kann man den Autor nicht wirklich zur Verantwortung ziehen. Nesser hat ein ziemlich detailliertes Bild der Innenwelt seines Kommissars abgeliefert, der nun mal gerne alles ein wenig im Vagen hält und eine große Bereitschaft zeigt, seinen Beruf für sein Privatleben aufzugeben. So eine Person kann man mögen, muss es aber nicht.
Entschädigung für die Behäbigkeit des Kommissars bieten die, wie schon erwähnt, genial, fast literarisch, verfassten Mousterlin-Aufzeichnungen, die der Täter schreibt, und die damit gleichsam ein Gegenstück zur Gedankenwelt des Kommissars darstellen. Dieses Nebeneinander von Täterwelt und Kommissarwelt hält die Spannung über mehr als sechshundert Seiten aufrecht, nicht die eigentliche Krimi-Handlung.
Fazit
Wer fein geschriebene Innenansichten, verpackt in Krimiformat, zu schätzen weiß, ist mit dem zweiten Barbarotti-Krimi sicher ganz gut bedient. Wer hingegen einen atemlosen Thriller erwartet, muss dieses Buch nicht lesen. Eines sollte jedoch noch erwähnt werden: Im Vergleich zu anderen schwedischen Kommissaren (die weiblichen eingeschlossen) verfügt Kommissar Barbarotti über ein angenehm ausgeglichenes Gemüt, das frei von der scheinbar typisch skandinavischen Depressivität daher kommt, und vielleicht deswegen etwas schlicht und behäbig wirkt.
- Originaltitel
- En helt annan historia ( Barbarotti 2)
- ISBN10
- 3442740916
- ISBN13
- 9783442740918
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2010
- Taschenbuchausgabe
- 608 Seiten