Der Steppenwolf

Autoren
Verlag
Suhrkamp Verlag

Zusammenfassung zu “Der Steppenwolf”

Bereits der Anfang zeigt die Vielschichtigkeit des Romans. Hier berichtet scheinbar der Herausgeber aus der Ich-Perspektive über den Steppenwolf, einen fast 50-jährigen, lebensmüden Mann namens Harry Haller. Haller fühlt sich am Rande der Gesellschaft. Er ist ein Einzelgänger, lediglich bei Goethe und Mozart findet er Vollkommenheit und Freude. Weltliche Freuden sind ihm fremd. Diese Ambivalenz zwischen (bildungsbürgerlichem) Mensch und (einsamem) Wolf steckt bereits im Titel, der den Gegensatz von Trieb und Geist widerspiegelt. Diese tiefe Verzweiflung Hallers am alltäglichen Leben soll an seinem 50. Geburtstag mit seinem Selbstmord ein Ende finden.

Den längsten Abschnitt im Roman nimmt das „Tractat vom Steppenwolf“ ein, ein Bericht, der beinahe wissenschaftlich das Innere des Menschen seziert. Interessant ist auch der vorangestellte Zusatz, wie bereits zuvor bei den Aufzeichnungen: Nur für Verrückte. Im Traktat wird von Hallers Begegnung mit der Prostituierten Hermine berichtet. Hermine ist es auch, die dem Steppenwolf ungeahnte Lust am Leben zu schenken vermag. Sie verführt ihn zu neuen Freuden. Bald gesellt sich Maria dazu, eine Freundin Hermines. Harry Haller mietet sich eine Wohnung an und erlebt erstmals die körperliche Liebe. Doch die Sehnsucht nach dem Leiden bleibt. Er lernt den Musiker Pablo kennen, der ihn in sein „magisches Theater“ entführt. Am Ende ersticht Haller Hermine, als er sie beim Liebesspiel mit Pablo überrascht. Oder entspringt alles nur seinem Geist? Oder ist alles nur eine Folge von Drogen? Jedenfalls ist sich Harry Haller sicher: Beim nächsten Mal würde er das Lachen erlernen. Dann vermag er auch besser mit seiner Eifersucht umzugehen.

Wichtige Charaktere

  • Harry Haller, der Steppenwolf
  • Hermine, Prostituierte
  • Maria, Prostituierte
  • Pablo, Besitzer des „Magischen Theaters“

Interpretation

Angeekelt vom bürgerlichen Leben mit seinen Pflichten und Zwängen, lehnt die Hauptfigur Harry Haller alle weltlichen Freuden ab. Er umgibt sich mit unzähligen Schriften und Büchern, er ist ein hochgebildeter Mann. Mitten zwischen diesen beiden Welten – der normalen und der vergeistigten Welt – steckt der Steppenwolf fest. Er geht fast zugrunde an seinen seelischen Qualen. Der Roman beschreibt die Abgründe eines Menschen, seine Träume, seine Krankheiten, seinen Selbsthass, seine Vereinsamung. Natürlich existiert auch die Andeutung eines Ausweges. Eine Heilung könne nur entstehen, wenn Humor einsetzt. Und darum geht es im Buch. Hesse plädiert dafür, sich nicht in sich zurückzuziehen, nicht zu verzweifeln am Leben und sich und seine Ideale niemals aufzugeben. Dies geschieht am leichtesten in der Gesellschaft Gleichgesinnter. Aus diesem Grunde ist die Figur der Hermine von großer Bedeutung. Schließlich erkennt sich Harry Haller in ihr wieder und fühlt sich verstanden.

„Der Steppenwolf“ lebt von Anspielungen bekannter Psychoanalytiker (C.C. Jung, S. Freud) und Philosophen (F. Nietzsche). Eine besondere Rolle spielen auch der Dichter Goethe und der Komponist Mozart. Autobiografische Züge sind mehr als wahrscheinlich. Nicht zufällig scheinen die Initialien der Hauptfigur (zweimal H) denen des Autors Hermann Hesse zu entsprechen.

Zitate

„Zwei Tage später brachte ein Fuhrmann die Sachen des Fremden, der Harry Haller hieß. Ein sehr schöner Lederkoffer machte mir einen guten Eindruck, und ein großer flacher Kabinenkoffer schien auf frühere weite Reisen zu deuten, wenigstens war er beklebt mit den vergilbten Firmenzetteln von Hotels und Transportgesellschaften verschiedener, auch überseeischer Länder.“

„Nie vergesse ich unsre erste persönlichere Begegnung. Wir kannten einander nur so, wie eben Zimmernachbarn in einem Mietshaus sich kennen. Da kam ich eines Abends aus dem Geschäft nach Hause und fand zu meinem Erstaunen Herrn Haller beim Absatz der Treppe zwischen dem ersten und zweiten Stockwerk sitzen. Er hatte sich auf die oberste Treppenstufe gesetzt und rückte beiseite, um mich vorbei zu lassen.“

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Leseprobe beim Verlag

Persönliche Bewertung

Eine eindringliche Beschreibung der Zerrisenheit und Verzweiflung, der seelischen Abgründe und Fantasien eines Menschen.

5 von 5

„Der Steppenwolf“ besaß keinen geringen Anteil an der Verleihung des Literaturnobelpreises an Hermann Hesse. Dennoch stieß das Buch in vielen Kreisen auf Ablehnung. Die Verharmlosung von Drogen sowie das Anpreisen sexueller Praktiken sind nur zwei der vielen Vorwürfe. Dennoch erlangte Hesse Weltruhm mit seinem Roman. Nicht zu Unrecht. Die elegante, reichhaltige Sprache ist aufwühlend und trifft direkt ins Herz. Heute wie vor 90 Jahren fragen sich viele Menschen: Was ist der Sinn des Lebens? Tägliche Pflichterfüllung oder ausufernde, Grenzen sprengende Erfahrungen? Oder ist es ein Mittelweg? In diese Diskussion möchte „Der Steppenwolf“ eingreifen. Er bietet keine Lösung an. Er entscheidet sich nicht für eine Richtung. Aber er zeigt, wie es jemandem ergehen kann, der sich selbst verleugnet. Der sich innerlich zerrissen fühlt, der erschöpft ist von Alltäglichkeiten, der keinen Sinn mehr sieht in seinem Leben. Weder Drogen noch Suizid können hier helfen, dies kommt klar zum Ausdruck. Vielleicht ist es eine humorvolle Sicht auf die Dinge. Vielleicht gibt es auch keinen richtigen Weg. „Der Steppenwolf“ lässt dies offen. Auf alle Fälle ist es ein Buch, welches man nicht mehr aus der Hand legen möchte.

Fazit

„Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse ist trotz seines anspruchsvollen Schreibstils (kluge, verschachtelte Sätze, gewagte Behauptungen) ein Muss für alle Suchenden, für all jene Menschen, die sich nicht damit zufrieden geben wollen, jeden Morgen zur Arbeit zu rennen und am Abend stundenlang in den Fernseher zu starren. Es ist ein Plädoyer gegen die zunehmende Technisierung unserer Welt und für mehr Sinnlichkeit. Wer nach dem Lesen ein bisschen über sich und seine Träume nachzudenken beginnt, hat viel gewonnen. Ein sehr empfehlenswertes Buch!

ISBN10
3518463551
ISBN13
9783518463550
Dt. Erstveröffentlichung
2012 (1927)
Taschenbuchausgabe
423 Seiten