Chroniken der Weltensucher (1) – Die Stadt der Regenfresser
Zusammenfassung zu “Chroniken der Weltensucher (1) – Die Stadt der Regenfresser”
Berlin, im Jahr 1893. Oskar schlägt sich mit verschiedenen Gelegenheitsjobs und Diebstahl durch das Leben. Als er einen geheimnisvollen Herrn bestiehlt, wird er von diesem gekidnappt und in sein Haus verschleppt. Es stellt sich heraus, dass es sich um Carl Friedrich Donhauser handelt, der sich selbst Humboldt nennt, denn er ist sicher, ein unehelicher Sohn Alexander von Humboldts zu sein. Oskar lernt Eliza kennen, die aus einem fernen Land zu Humboldt kam, und Charlotte, Humboldts Nichte. Er erfährt außerdem, dass er dazu ausgesucht wurde, den Forscher auf eine Expedition in das ferne Südamerika zu begleiten.
Humboldt kam in den Besitz einer Fotoplatte, die ein phantastisches unbekanntes Reich in den Anden zeigt – eine Stadt an einer Steilwand, erbaut von Bewohnern, die sich mit fliegenden Gefährten fortbewegen. Dank Elizas Vision wissen sie, dass es sich um die Fotoplatte des Fotografen Harry Boswell handelt, der von dem Volk in den Anden gefangen gehalten wird. Humboldt und seine Gefährten machen sich auf den Weg, die verborgene Stadt zu entdecken, doch sie ahnen nicht, dass gleichzeitig der Reporter Max Pepper in der Begleitung der Söldnerin Valkrys Stone zum gleichen Ziel unterwegs ist. Max soll das Verschwinden seines Kollegen aufklären, Valkrys wird hauptsächlich von ihren Rachegelüsten getrieben, denn sie hat noch eine Rechnung mit Humboldt offen.
In den Anden angekommen, entdecken Humboldt und seine Gefährten den versteckten Pfad zur geheimnisvollen Stadt, doch dann werden auch sie gefangen genommen. Sie lernen das uralte Volk kennen, das auch „Regenfresser“ genannt wird. Dank Charlottes bruchstückhaften Kenntnissen der Sprache und Humboldts Linguaphon können sie sich mit Yupan, dem Priester, verständigen. Zwar können sie sich nun frei bewegen und genießen die Freiheit und Gastfreundschaft der Stadt Xi’mal, doch Yupan und sein Volk sind sich sicher, Charlotte sei die Auserwählte, die laut einer alten Prophezeiung ihr Volk von der Bedrohung durch die Ukhu Pacha, riesenhafte Insekten, befreien wird. Charlotte fühlt sich der Aufgabe keinesfalls gewachsen, doch dann kommt Humboldt eine Idee die zwar gefährlich ist, doch zumindest Erfolg verspricht…
Wichtige Charaktere
- Oskar Wegener
- Carl Friedrich von Humboldt
- Charlotte Riethmüller, Humboldts Nichte
- Eliza
- Max Pepper
- Harry Boswell
- Valkrys Stone
- Yupan
- die Ukhu Pacha
Zitate
„Stimmengewirr empfing ihn. Sie waren auf einen weiten Platz getreten, der von einer Menschenmenge gesäumt war. Hunderte von Gesichtern waren auf ihn gerichtet. Ernste Gesichter und fröhliche, neugierige und abweisende, manche alt, viele jung. Gesichter, die die Weisheit und Schönheit einer ganzen Hochkultur widerspiegelten. Die meisten Bewohner waren geschminkt oder hatten sich mit bunten Farben bemalt. Ihre Kleidung entsprach der Tradition der südamerikanischen Indios. Weite Gewänder aus Leinen oder Baumwolle, kunstvoll verwoben und mit farbigen Streifen und Applikationen versehen. Auf ihren Köpfen waren Federn, manche hatten sogar ganze Schwingen auf dem Rücken befestigt. Der Vogel schien das vorherrschende Symbol dieser Kultur zu sein. Kein Wunder bei einem Volk, das seine Stadt wie ein Nest in die Steilwand gebaut hatte.“
„Am faszinierendsten aber waren die Fluggeräte. Dutzende von ihnen bevölkerten den Himmel. Einige waren klein, manche groß. Viele wurden von nur einer einzigen Person geflogen, während in anderen bequem mehrere Leute Platz fanden. Keines ähnelte dem anderen. Es gab Luftfahrzeuge, die den Samen des Löwenzahns nachempfunden waren, dann wiederum gab es libellenartige Flitzer mit Steuerrudern aus durchscheinendem Papier, Ballons mit dicken Gondeln und etwas, das wie eine fliegende Zigarre aussah und an dessen Heck sich windmühlenartige Flügel drehten. Es gab Geräte, die Vögeln glichen, andere wiederum sahen wie Insekten aus, die meisten aber folgten überhaupt keinem Vorbild, sondern waren einfach nur Produkte der menschlichen Fantasie.“
„‚Und warum sind wir dann hingefahren?‘
‚Erstens, damit ihr begreift, dass die Wissenschaft immer dem Ruf des Mächtigen folgt. In Gebäuden wie diesem wird einem das erst richtig bewusst. Entgegen der allgemeinen Meinung geht es nur am Rande um Wahrheit und Erkenntnis. Viel mehr geht es um Macht. Wer sie besitzt, darf bestimmen, was wahr ist und was falsch. Er darf sogar behaupten, die Erde sei eine Scheibe. Seit Galilei hat sich daran nicht viel geändert.'“
Alle Bände der Weltensucher-Reihe
1. Die Stadt der Regenfresser
2. Der Palast des Poseidon
3. Der gläserne Fluch
4. Der Atem des Teufels
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Persönliche Bewertung
Ein aufregender erster Band einer mitreißenden Abenteuerreihe
Thomas Thiemeyer erzählt eine Abenteuergeschichte, die sich in wahre geschichtliche Hintergründe und reale Mythologien einbettet. Alexander von Humboldt ist als Forscher und Entdecker bekannt (siehe „Die Vermessung der Welt“), seinen unehelichen Sohn Carl Friedrich hat sich Thiemeyer jedoch ausgedacht. Der Autor bedient sich der Mythologie der Inkas – ein Beispiel hierfür sind die Ukhu Pacha, benannt nach der Unterwelt der Inkas in der Sprache Quechua, der Sprache der Inkas. Die mythologischen Geschöpfe bettet er in eine atemberaubend spannungsvolle Geschichte ein, die den interessanten Charakteren Leben verleiht.
Es geht um ein klassisches Motiv: Ein armer Junge gerät durch fantastische Umstände in die Welt der Reichen und beginnt ein neues Leben, hier an der Seite des Forschers Humboldt. Natürlich lernt er einen weiblichen Charakter kennen, mit dem er sich nach anfänglichen Schwierigkeiten gut versteht. Eine kleine Liebesgeschichte am Rande darf selbstverständlich nicht fehlen, doch ist sie so subtil, dass sie auch Leser und Leserinnen mit Abneigung gegen Liebesromane nicht störend auffallen wird. Erfreulich ist, dass Thiemeyer seine Charaktere weitgehend klischeefrei darstellt: Charlotte ist fast ebenso mutig wie Oskar und die stärkste Heldin der Geschichte ist eine Frau (Valkrys).
Die Handlung in „Die Stadt der Regenfresser“ weckt mit seinen atemberaubenden Kulissen wie die der Stadt Xi’mal die Abenteuerlust und ist damit die perfekte Lektüre für alle abenteuerhungrigen Leser und Leserinnen ab 12 Jahren. Man könnte Thiemeyer vorwerfen, das harte Abenteuerleben der damaligen Zeit zu beschönigen, doch er verschweigt die Strapazen der Expedition nicht, er legt nur einfach keinen Fokus darauf. Am Rand thematisiert der Autor den Rassismus und Sexismus der damaligen Zeit sowie die Einseitigkeit der Forschung und Wissenschaft, die nicht der Wahrheit sondern den Mächtigen verpflichtet sind. Interessant sind auch die menschlichen Motivationen, die seine Charaktere antreiben. Ein Beispiel hierfür sind die beiden Abenteuerrivalen: Der Grund für die Rivalität zwischen Valkrys und Humboldt wirkt recht banal, doch gerade darum authentisch – verletzte menschliche Gefühle sind zu allerhand irrationalen Handlungen fähig.
Thiemeyers Ausdrucksweise ist recht zeitlos. Sie könnte angesichts der geschichtlichen Einordnung der Handlung altmodischer sein, doch erscheint sie nicht unpassend – mit einer Ausnahme, die man dem Autor nachsehen mag: das Wort „sauspannend“ (Seite 187) wirkt angesichts der Zeit, in der die Geschichte spielt, recht fehl am Platz. Positiv anzumerken ist auch die Aufmachung des Buches: Das großartige Cover symbolisiert die Wissenschaft und die Entdeckung ferner Länder – der erste Band lebt von einer Mischung aus beidem und wird damit perfekt von der Gestaltung repräsentiert.
Fazit
Eine faszinierende Abenteuergeschichte für Leser jeden Geschlechts und Alters mit Anlehnungen an die Mythologie der Inkas und Anspielungen auf gesellschaftliche Probleme. Höchst spannend und vielversprechend als Auftakt einer Reihe für alle abenteuerhungrigen Leser und Leserinnen. Zwar erzählt dieser Band ein abgeschlossenes Abenteuer, gibt am Ende jedoch einen Hinweis auf den zweiten Band, der die Vorfreude auf weitere Entdeckungsreisen in phantastische und mythologische Stätten weckt.
- ISBN10
- 3785565747
- ISBN13
- 9783785565742
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2009
- Gebundene Ausgabe
- 447 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 12 Jahren