Die Abschussliste

Ein Jack-Reacher-Roman (08)

Autoren
Übersetzer
Wulf Bergner
Verlag
Blanvalet Verlag
Anspruch
4 von 5
Humor
3 von 5
Lesespaß
4 von 5
Schreibstil
5 von 5
Spannung
5 von 5

Bei Amazon ansehen

Zusammenfassung zu “Die Abschussliste”

Dieser im Milieu der US-Army angesiedelte Thriller startet Sylvester 1990 mit einem Telefonanruf beim Militärpolizisten Jack Reacher, der diesen in ein heruntergekommenes Motel führt, in dem ein 2-Sterne Major beim Geschlechtsverkehr das Zeitliche gesegnet hat. Es sieht alles nach einem natürlichen Tod aus, mit anschließender Flucht der beim Sex beteiligten Prostituierten, aber Jack Reacher vermisst den Aktenkoffer des Verstorbenen. Als später dann noch die Frau des so unerwartet verstorbenen 2-Sterne-Major ermordet aufgefunden wird, findet Reacher gar nichts mehr natürlich und versucht zunächst einmal herauszufinden, wer die Prostituierte war und wo wohl der Koffer abgeblieben sein könnte, denn in ihm muss sich die Sitzungsordnung für eine wichtige Tagung der US-Army befinden, zu der der tote Major unterwegs war. Aber Reacher, der gerade von einem wichtigen Einsatz in Panama abgezogen wurde (wie etliche andere Militärpolizisten auch), wird von Vorgesetzten immer stärker in seinen Ermittlungen eingeschränkt. Irgendwann hängt sogar das Damoklesschwert einer internen Anklage über ihm. Doch ein Jack Reacher gibt nicht auf und bewegt sich auf der Suche nach des Rätsels Lösung zunehmend in den Randbereichen jedweder Legalität – wenn er nicht sowieso gerade in Paris ist, um familiäre Angelegenheiten zu klären. Immer mit dabei (und Reacher den Rücken frei haltend, ihn hier und da auch zu Grenzübertritten im Glauben an die Gerechtigkeit ermutigend!) – der weibliche Sergeant Summer. Trotz aller Widrigkeiten kommt der Militärermittler Reacher der Wahrheit immer näher. Deren Aufdeckung ihn am Ende einer Wand von Panzern gegenüberstehen lässt, die zwar nur aus Übungsmunition schießen, was sich jedoch ungefährlicher anhört, als es tatsächlich ist. Eingebettet ist die ganze Geschichte in die Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhang, in der die US-Army vor der Herausforderung stand, entweder einen neuen Feind zu finden oder umzustrukturieren. Und wer gibt schon gerne altgewohnte Kompetenzen ab, nur weil der Feind abhandengekommen ist? US-Generäle eher nicht.

Zitate

„‘Nein, das ist realistisch, Joe. Hier geht`s darum, welche Schlachten man schlagen will. Natürlich heilt man die kleinen Dinge. Hat man einen Unfall, lässt man sich wieder zusammenflicken. Aber manche sind nicht zu gewinnen. Glaubt nicht, dass ich mir diese ganze Sache nicht sehr sorgfältig überlegt habe. Ich habe Bücher gelesen. Ich habe mit Freunden gesprochen. Die Heilungschancen von Kranken mit solch deutlichen Symptomen sind sehr gering. Wer will zu den zehn oder zwanzig Prozent gehören, die durch ärztliche Kunst noch fünf Jahre länger am Leben bleiben? Und selbst das nur nach wirklich schrecklichen Behandlungen.‘ Es geht darum, wann man stirbt. Wir verbrachten den Vormittag damit, immer wieder auf Joes zentrale Frage zurückzukommen. Wir diskutierten darüber; wir beleuchteten sie von allen Seiten. Aber die Schlussfolgerung blieb immer gleich: Manche Schlachten sind nicht zu gewinnen. Und dies war ohnehin eine akademische Frage. Unsere Diskussion hätte vor einem stattfinden sollen. Sie war nicht länger relevant.“

„Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde. Wir fuhren durch Vororte nach Osten. Sie sahen wie viele westdeutsche Wohngebiete aus. Beherrscht wurden sie von weitläufigen Siedlungen mit blass honigfarbenen Gebäuden aus den fünfziger Jahren. Die neuen Wohnanlagen verliefen in scheinbar zufälligen Kurven von West nach Ost – auf den ehemaligen Routen der alliierten Bomberströme. Kein Land hatte jemals den Krieg so gründlich verloren wie Deutschland. Auch ich kannte die 1945 aufgenommenen Bilder von Trümmerlandschaften. Niederlage war ein zu harmloses Wort dafür. Armageddon wäre treffender gewesen. Das ganze Land war von einem Moloch in Trümmer gelegt worden. Die Spuren davon würden für ewig in der Architektur sichtbar bleiben.“

„Das Essen war absolut durchschnittlich. Wir hätten in jedem anderen O Club der Welt sein können. O Clubs sind nicht dazu da, um ihren Gästen die einheimische Küche nahe zu bringen. Sie sollen ihnen das Gefühl vermitteln, zu Hause zu sein – mitten in der Army-Version Amerikas. Es gab wie immer Fisch oder Steak. Der Fisch stammte vermutlich aus Europa, aber das Steak würde über den Atlantik eingeflogen worden sein. Irgendein Politiker in einem der Viehzüchterstaaten hatte sicher einen vorteilhaften Deal mit dem Pentagon abgeschlossen.“

Alle Bände der Jack-Reacher Reihe

Größenwahn
Ausgeliefert
Sein wahres Gesicht
Zeit der Rache
In letzter Sekunde
Tödliche Absicht
Der Janusmann
Die Abschussliste
Ausgeliefert
Sniper
Trouble
Outlaw (Nov. 2011)
Gone tomorrow (noch nicht übersetzt)
61 hours (noch nicht übersetzt)
Worth dying for (noch nicht übersetzt)
The affair (noch nicht übersetzt)

Links

Leseprobe beim Verlag
Englischsprachige Website des Autors

Persönliche Bewertung

Große Krimikunst und Spannung pur – angesiedelt im Milieu der US-Army

4 von 5

Ein Krimi vom Feinsten, der in die Soldaten und Militär-Vergangenheit der vom Autor Lee Child geschaffenen Krimi-Figur Jack-Reacher entführt. Im Jahr 1990 ist Jack Reacher ein erfolgreicher Militärpolizist auf dem Weg nach ganz oben, der jedoch in ein internes Ränkeschmieden innerhalb der US-Army um die Machtverteilung nach dem Zerfall des großen Feindes hinter dem Eisernen Vorhang, verwickelt wird. Das gibt dem Autor Anlass, sehr dezidiert (und immer spannend) sowohl typische Abläufe als auch typische Karrieren und Konfliktlinien in der US-Army zu schildern. Da scheint sich jemand genauestens auszukennen! Bereichert wird dieses an sich schon anregend-geschilderte Ambiente um Ausflüge auf Militärbasen nach Deutschland und um Ausflüge nach Paris, wo zusammen mit dem Bruder (und Sergeant Summer) die Mutter besucht wird. Die auch ein Geheimnis hatte, von dem ihre Söhne bis dahin nichts ahnten. So ist genügend Stoff und vor allem sehr detailliert ausgearbeitetes Kolorit vorhanden, um genau die Spannung zu erzeugen, die auch fast fünfhundert Seiten trägt, wenn man sich eigentlich gar nicht für die US-Army und ihre Protagonisten interessiert. Am Ende ist der Leser um etliches an Erfahrung reicher und hat noch einen spannenden Krimi genossen. Punktabzug gibt es lediglich für das sehr amerikanisch inszenierte Schlusserlebnis Reachers mit dem Hauptverdächtigen. Punktabzug, der sich aber durch die Schlussszene wieder relativiert, in der Reacher Weichen stellende Entscheidungen trifft – um wieder einmal einem moralischen Dilemma zu entkommen.

Fazit

Große Krimikunst und Spannung pur – angesiedelt im Milieu der US-Army geht es auf eine recht soldatisch-militärische Art um eine Menge moralischer Entscheidungen.

Originaltitel
The enemy
ISBN10
3442368405
ISBN13
9783442368402
Dt. Erstveröffentlichung
2006
Taschenbuchausgabe
480 Seiten