Die hellen Tage

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Verlag
S. Fischer Verlag

Zusammenfassung zu “Die hellen Tage”

Eines Tages ziehen die ungarische ehemalige Zirkusartistin Évi und ihr kleines Mädchen Aja an den Rand der Kleinstadt Kirchblüt. Sie sind anders als die anderen Bürger der Stadt und auch diese unkonventionelle Lebensart zieht die kleine Resi zu Évi und Aja. Schnell sind sie und Aja unzertrennlich und verleben eine glückliche Kindheit im Garten hinter Évis Haus. Besonders die Sommer sind jedes Jahr ein wunderbares Erlebnis, denn dann kommt Ajas Vater Zigi für ein paar Monate nach Kirchblüt. Den Rest des Jahres arbeitet er in Amerika bei einem Zirkus als Artist und nur in den Sommermonaten gehören seine Kunststückchen und seine Aufmerksamkeit allein Aja und Évi.

Eines Tages, mitten in diesen hellen Kindheitstagen, verschwindet ein Junge aus Kirchblüt spurlos. Niemand hat etwas mitbekommen und erst viel später stellt sich heraus, dass er entführt wurde. Kurz nach diesem Ereignis zieht Karl mit seiner Mutter Ellen nach Kirchblüt. Er ist der Bruder des verschwundenen Jungen und muss seitdem gegen die Schatten in seinem und im Leben seiner Mutter ankämpfen. Er freundet sich schnell mit Resi und Aja an und auch er genießt die Freiheit in Évis Garten. So dauert es nicht lange, bis die drei ein untrennbares Dreieck bilden. Gemeinsam wachsen sie heran und auch ihre Mütter kommen sich immer näher, um sich durch die dunklen Tage ihres Lebens zu helfen. Dann plötzlich sind Aja, Resi und Karl erwachsen und müssen sich nun dem Leben stellen. Zusammen gehen sie nach Rom, einer Stadt, in der sich mehr als ein dunkles Geheimnis enthüllen und ihr Leben auf den Kopf stellen wird.

Wichtige Charaktere

  • Évi
  • Aja
  • Maria
  • Resi
  • Ellen
  • Karl

Zitate

„Obwohl die Leute sagten, Aja und Évi passten nicht nach Kirchblüt, blieb es für mich immer Karl, der nicht hierhergehörte, der in einem falschen Bild saß und beim Versuch sich einzufügen, nur aus seinem Rahmen fiel. Auch wenn wir jetzt schon wussten, wie der blasse Fleck in sein Gesicht gekommen war und warum seine Haut dort aussah wie in unzählige winzige Wellen gelegt, war es als habe Karl sich nach Kirchblüt nur verlaufen und sei aus irgendeinem Grund, den ich mir damals nicht ausdenken konnte, geblieben. Er spielte kaum mit anderen Kindern, als Freunde hatte er Aja und mich ausgesucht, zwei Mädchen, eines davon mit einer Mutter wie Évi, umgeben von Hasen und Hühnern, in einem Haus, das dort lag, wo Kirchblüt ausfranste und die Feldwege sich kreuzten. Es kümmerte Karl nicht, wenn sich andere über ihn lustig machten, weil er sich uns, ausgerechnet uns Mädchen ausgesucht hatte, die Röcke trugen und zum Abschied ein Rad schlugen, während Karl neben uns stand, die Fäuste tief in den Hosentaschen, als habe er Angst, sich schmutzig zu machen, bis zu dem Tag an dem er Anlauf nahm, die Hände aufsetzte, die Beine hochriss und sich zum ersten Mal mit uns drehte, höher und schneller als wir.“

„Wir hätten uns aus den Augen verlieren können, wie sich viele in dieser Zeit aus den Augen verlieren, die uns erwachsen werden lässt. Aber wir blieben einander nah, wir lösten unsere Bande nicht, und es gab nichts, das uns zu anderen hätte hinziehen und voneinander entfernen können. Vielleicht war er der Schatten, mit dem jeder von uns lebte, vielleicht hielt uns das zusammen. Wir könnten uns der anderen sicher sein, und es gab lange nichts, das uns diese Zuversicht genommen hätte. So wie Aja nie an das Schicksal glaubte und Karl nur an den Zufall, wusste ich, wir drei hatten uns gefunden, weil wir zusammenfinden mussten, schon weil die Zumutungen, die das Leben für uns bereithielt, so besser auszuhalten waren. Selbst wenn Aja kurz aus meinem Blickfeld verschwand und mich das gleiche Gefühl überkam, das ich von früher kannte, wenn sie Karl und mich vergessen hatte und lieber allein übers Eis gelaufen war, wusste ich, wir verlieren einander nicht, schon weil Aja jemand ist, den man an einem Tag verliert und an einem anderen wiederfindet. Unser Dreieck blieb an seinen Spitzen geschlossen, auch wenn Aja und Karl manchmal davonzuspringen schienen, schon weil sie immer leichter als ich ihre Ziele verfolgten.“

Trailer zum Buch

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Persönliche Bewertung

Tief berührender, außergewöhnlich geschriebener Roman über Mütter, ihre Kinder und die Kapriolen des Lebens

5 von 5

Ein Krimi ist „Die hellen Tage nicht“ und doch ist es so packend, dass es einem kaum gelingt mit dem Lesen aufzuhören. Es ist ein außergewöhnlicher Roman, außergewöhnlich geschrieben mit außergewöhnlichem Inhalt und absolut fesselnd mit jedem Satz. Schon nach den ersten Seiten zieht Zsuzsa Bànk den Leser mit Haut und Haaren in ihre Geschichte. Gemeinsam mit ihr freundet man sich mit Aja an, genießt ihre hellen, sorgenfreien Kindheitstage in Évis Garten. Jede Freude, jede Angst, jedes Glück und jede Trauer spürt man mit ihren Figuren.

Bànks Schreibstil bringt den Leser so nah an ihre Charaktere, dass sie auch bei ihm bleiben, wenn der Buchdeckel schon längst geschlossen ist. Es ist das Leben in all seinen Facetten, welches dieser Roman in sich birgt. So intensiv beschrieben, dass es einige Mühen erfordert nach dem Lesen wieder ins eigene Leben zurückzufinden. Schonungslos führt die Autorin den Leser durch Höhen und Tiefen, durch die hellen und dunklen Tage des Lebens. Gnadenlos macht sie auch vor schwierigen Themen keinen Halt und doch lässt sie den Leser nie allein, immer wird er begleitet von Aja, Resi und Karl. Gemeinsam mit ihnen vermittelt das Buch dem Leser auch auf seinen dunkleren Seiten ein geborgenes Gefühl.

Bánks Sätze sind eigenwillig und ziehen sich manchmal über viele Zeilen, doch dieser Schreibstil nimmt dem Buch nichts von seiner Spannung. Gerade dieser Reichtum an Details führt zu der besonderen Nähe den Figuren gegenüber, die einen kaum ungeduldig warten lässt, was als nächstes mit ihnen geschieht. Bànk verzichtet im gesamten Roman auf die klassische wörtliche Rede, doch auch dies vermindert die Lesequalität in keiner Weise. Nicht einmal wirkt der Roman trocken, nüchtern oder langweilig. Die Autorin versteht es in einer ungewöhnlichen Schreibweise Gefühle, Ereignisse und Beziehungen so in Worte zu fassen, dass man es nicht nur liest, sondern hautnah erlebt. Die Charaktere sind so authentisch beschrieben, dass sie einem schnell wie gute, alte Freunde vorkommen, die einem fehlen werden, sobald man auf der letzten Seite angekommen ist.

Fazit

Ein Buch, auf das sich der ein oder andere Leser vielleicht erst wirklich einlassen muss bevor er es in seiner gesamten Schönheit wahrnehmen kann. Der Schreibstil ist nicht alltäglich, aber genau darum sehr erfrischend. „Die hellen Tage“ ist unbedingt lesenswert und ein wirklich wunderbarer Roman.

ISBN10
3100052226
ISBN13
9783100052223
Dt. Erstveröffentlichung
2011
Gebundene Ausgabe
544 Seiten