Das Haus in den Bäumen
Zusammenfassung zu “Das Haus in den Bäumen”
Ein Vater lebt mit seinen beiden Kindern in einem Haus. Das dazugehörige Grundstück wurde extra für den Bau von Bäumen befreit. Nun umgibt das Haus ein Rasen, der vom Vater penibel gepflegt wird. Die Kinder hingegen interessieren sich nicht für den ordentlichen Rasen, sondern suchen sich ihre schattigen Plätze unter den Bäumen, die auf den angrenzenden Grundstücken ungehindert wachsen können. Dort spielen sie auch und lauschen den Geräuschen der Tierwelt. Während die Kinder in den Bäumen Freunde finden, stellen sie für den Vater Feinde dar, die seine geordnete Welt bedrohen, indem sie jedes Jahr wieder mit dem Wind ihre Samen aussenden. Mit der Zeit werden die Kinder größer und der Vater älter. Als die Kinder das Haus verlassen und in die Stadt ziehen, merkt auch der Vater, dass es Zeit ist zu gehen. Er beschließt, sich ebenfalls eine Wohnung in der Stadt zu nehmen und das Haus zu verkaufen. Doch ein Käufer will sich nicht finden und das Haus verfällt mehr und mehr…
Wichtige Charaktere
- ein Vater
- seine beiden Kinder
- ein Haus
- Bäume
Zitate
„ALS ES NEU WAR, stand das Haus frei auf einem leeren Stück Land. Um es herum gab es einen frisch gepflanzten Rasen, aber keinen einzigen Baum, der im Sommer Schatten gespendet oder in der Kälte des Winters mit seinen kahlen Zweigen geraschelt hätte. Es hatte dort einmal Bäume gegeben, doch die waren alle gefällt worden, um Platz zu schaffen für das Haus. Sogar ihre Strünke hatte man herausgerissen und verbrannt.“
„Bald war er weggezogen, und im Garten stand ein ‚ZU VERKAUFEN‘-Schild. Um dessen zwei Beine herum begann langes Gras zu wachsen, da und dort sprossen kleine Bäume – Eschen, Ulmen, Pappeln oder Zürgelbäume – aus dem Rasen und winkten mit ihren leuchtenden Blättern.“
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Persönliche Bewertung
Vertane Chancen, Lebenssinn und Naturgewalt, mit stimmungsvollen Bildern von Jon Klassen illustriert
Es ist kein leichtes Buch, kein fröhliches, was Ted Kooser seinen Lesern mit „Das Haus in den Bäumen“ anbietet. Klingt der Satz „Nicht weit von hier habe ich ein Haus gesehen, das von Baumhänden hochgehoben wurde. Dies ist seine Geschichte.“ unter dem Titel im Innern des Buchs noch nach einer Kurzgeschichte im Stile der „Spiderwick Geheimnisse“, wird mit jeder gelesenen Seite deutlicher, dass Ted Kooser einen nüchterneren, ernsteren und realistischeren Inhalt geschaffen hat, bei dem es interessant wäre zu wissen, ob der Autor hier autobiographische Erlebnisse verarbeitet hat, es das Haus in den Bäumen in Wirklichkeit gibt oder alles der Phantasie des Schriftstellers entsprungen ist. Zweifelsohne steht fest, dass die Wahl des Illustrators mit Jon Klassen eine sehr gute war, die der Geschichte zu dem verhilft, was ihr ansonsten fehlen würde: der bleibende Eindruck.
Mitnichten schreibt Ted Kooser schlecht und an der einen oder anderen Stelle blitzt sein Können auf, dennoch setzt er eher inhaltliche Akzente statt sprachliche. Mit der Geschichte eines Hauses, das mit der Zeit verfällt und vom Boden abhebt, erzählt er zum einen eine Familiengeschichte und zum anderen den damit verbundenen immerwährenden „Kampf“ zwischen der Natur und der vom Menschen geschaffenen Kultur auf exemplarische Weise. Kooser fokussiert vor allem auf die Figur des Vaters, die Kinder bleiben dem gegenüber recht blass. Durch den Zeitraffer kann man vieles nur vermuten, der Vater hat sich aber offensichtlich mit der Zeit von seinen Kindern entfremdet. Neben seiner schweren Arbeit kümmert er sich an den Abenden um seinen Rasen, liebevoller als um seine Kinder, möchte man meinen. Vielleicht ist die Mutter der Kinder früh verstorben? Der Vater such Halt, in der Rasenpflege und dem unermüdlichen Kampf gegen die jedes Jahr wiederkehrenden Baumsamen hat er ihn gefunden. Als ihn auch noch die Kinder verlassen, kompensiert er dies mit noch mehr Rasenmähen. Seine Flucht in die Stadt und seine Hoffnung auf gelegentliche gemeinsame Abendessen sind ebenso ein Hoffnungsschimmer wie das Ende der Geschichte, wenn die Bäume, die das Haus schließlich entwurzeln, es paradoxerweise vor dem Auseinanderfallen bewahren.
Jon Klassen hat bereits mit seinem ersten auf deutsch erschienenen Buch „Wo ist mein Hut“ bewiesen, dass er einen außergewöhnlichen Illustrationsstil hat. Egal welche Bücher er in den nächsten Jahren noch illustrieren wird, sein Stil sticht heraus und wird immer wiedererkannt werden. Von ihm darf man keine Farbexplosionen erwarten, er wählt stets nur aus einem begrenzten, aufeinander abgestimmten Farbspektrum aus. Hier sind es überwiegend doppelseitige Illustrationen in Braun- Rot- und Grüntönen. Er hat die Geschichte meditativ bebildert und damit genau das geschafft, was die Geschichte braucht, um zu wirken: Ein Innehalten, ein Zurückschauen, ein Stillstehen der Zeit. Klassen erschafft mit dem ersten Bild eine Zeitlosigkeit, die er die ganze Geschichte beibehält. Der Rasenmäher ist dementsprechend ein mechanischer. Dieses erste Bild zieht seine Leser magisch in den Bann, die Weite und Einsamkeit sind förmlich greifbar und man wünscht es sich als Bild an der Wand. Die Illustrationen zeichnen den Lauf der Zeit stimmungsvoll nach, ob Sonnenuntergang oder Vollmondnacht. Von den anfänglichen zwei Gartenstühlen, die im Text nicht erwähnt werden, bleibt auf den Bildern bis zuletzt ein einzelner abgebildet, als Symbol für den einsamen Vater.
Fazit
Ein toll gestaltetes Buch zum Innehalten, über vertane Chancen einer Vater-Kind Beziehung und den ewigen Kreislauf der Natur. Das Baumhaus auf dem Titelbild weckt Sehnsüchte auf abenteuerliche Sommerferiengeschichten, die man hier nicht findet, sich aber in einer Fortsetzung wünschen würde, oder große und kleine Leser spinnen die Geschichte einfach selber weiter. Immerhin könnte man dies als Vorgeschichte für mehr lesen: Was wird aus dem Haus in den Bäumen? Wer wird es finden? Wer bewohnen?
- Originaltitel
- House Held Up by Trees
- ISBN10
- 3314101309
- ISBN13
- 978-3314101304
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2013
- Gebundene Ausgabe
- 32 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 4 Jahren