Als die Sonne ein Kind war
Nach einem Mythos der Maya
Zusammenfassung zu “Als die Sonne ein Kind war”
Im dunklen Urwald leben eine Mutter und ihre drei Söhne. Die Mutter webt aus Baumwolle Kleider. Zwei der Söhne, Zwillinge und die beiden älteren der drei Kinder, versorgen die Familie, indem sie Mais anbauen, Vogelnester aufspüren, Eichhörnchen jagen und Feuerholz sammeln. Der jüngste Sohn, NeNe, hat Zauberkräfte. Er spielt gerne und tollt herum. Aus Lehm kann er Kaninchen formen, die dann lebendig werden. Oder er verwandelt die aussortierten Baumwollsamen seiner Mutter in Bienen, die sich dann in den Bäumen Waben bauen. Als die Zwillinge eines Tages auf Wunsch der Mutter den jungen NeNe mit in den Wald nehmen, kommt es zum Streit. Denn NeNe hat eine Bienenwabe in einem Baum entdeckt und weist seine Brüder an, ihm diese zu bringen. Doch die sind von den Quengeleien ihres Bruders so genervt, das sie zwar in den Baum klettern aber den Honig aus der Wabe einfach selber essen. NeNe werfen sie nur ein leeres Stück der Wabe zu. Nachdem sie ihn auch noch mit seinen Zaubertricks aufziehen, formt er aus dem Bienenwachs Taschenratten und erweckt sie zum Leben. Die Taschenratten graben sofort Gänge und zernagen die Baumwurzeln und der Baum stürzt um. Danach verwandelt NeNe seine Brüder sogar noch in Affen. Wieder zu Hause weiß er nicht, wie er den Verbleib seiner Brüder im Wald erklären soll. Die Mutter weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll und fängt an zu weinen. Nun liegt es an NeNe, die Aufgaben seiner Brüder zu übernehmen und für sich und seine Mutter zu sorgen…
Wichtige Charaktere
- NeNe
- seine beiden Brüder
- seine Mutter
- flinke Affen
- Taschenratten
- ein Glühwürmchen
- die Sonne
- der Mond
Zitate
„Die Mutter spinnt Baumwolle mit einer Spindel, um daraus Kleider für ihre Söhne zu weben. Nachdem sie die Baumwolle gepflückt hat, zupft sie die Samen aus den Fasern.
NeNe verwandelt die Samen in Bienen. Sie fliegen hoch und bauen Waben in den Baumwipfeln.
‚Das machst du großartig, NeNe!‘, ruft die Mutter.
‚Du bist ein richtiger Zauberer!'“
„Um Platz für das Maisfeld zu schaffen, fällt NeNe Bäume und reißt Schlingpflanzen aus.
Die Arbeit ist sehr mühsam, aber NeNe kann zaubern: ‚Likan ak! Likan te!‘, singt er. ‚Fort, ihr Ranken! Fort, ihr Bäume!‘
Während das Dickicht sich Stück für Stück lichtet, geht er zum Spielen in den Wald und schreckt mit seinem Blasrohr die Vögel auf.“
Links
Leseprobe (PDF) beim Verlag
Ein interessanter Artikel zur Entstehungsgeschichte des Buchs beim Verlag
Persönliche Bewertung
Kinder dürfen sich glücklich schätzen, wenn ihnen aus diesem Buch vorgelesen wird!
Das Buch „Als die Sonne ein Kind war“ ist dank des Baobab Verlags das erste Kinderbuch aus der Kultur der Tzotzil, die direkte Nachfahren der alten Maya sind. Sie leben im mexikanischen Hochland von Chiapas und haben sich ihre eigene Sprache bewahrt. Das vorliegende Buch von Ámbar Past ist die Kurzfassung der vierstündigen (!) mündlichen Überlieferung von Maruch Mendes Peres. An einigen wenigen Stellen vermutet man, dass die zahllosen Details der Originalgeschichte nicht in der Kurzfassung berücksichtigt werden konnten. So z.B. wenn nach dem Umfallen des Baumes der Zustand der Brüder nicht thematisiert wird: Sind sie verletzt, wohlauf? Auf der nächsten Seite werden sie gleich in Affen verwandelt. Dies ist aber überhaupt nicht schlimm, das Buch, die Geschichte, der Mythos funktioniert auch so.
Über die Maya gibt es viele Bücher, auch für Kinder. Das sind insbesondere Wissensbücher, Nachschlagewerke über die Hochkultur der Maya, die zweifelsohne ihre Berechtigung haben und das Interesse an einer fremden Kultur wecken. Dieses Buch tut das auch, aber auf eine ganz andere, faszinierende Weise. Es wird über einen Jungen berichtet, der zaubern kann, der seine Brüder in „flinke Affen“ verzaubert und am Ende seine Mutter in den Mond und sich selber in die Sonne. Das alles geschieht äußerst spannend und passiert nicht um die Ecke, sondern weit weg, in einem fernen Land, einer vergangenen Zeit. Es kommen exotische Tiere, Früchte und Pflanzen vor, wie Aras, Guanábanas oder der Kapokbaum. Es wird vom harten Leben im Dschungel erzählt, vom Roden, um Mais anzubauen, vom Spinnen und Weben, um Kleidung zu machen. All dies wird mit einer Leichtigkeit und Unmittelbarkeit erzählt, als hätte es NeNe und seine Familie einst wirklich gegeben.
Mit nur vier Farben (schwarz, gelb, weiß, grau) hat es Tamana Araki wunderbar verstanden, der Geschichte ein würdiges Gesicht zu geben. Denn die Illustrationen fangen genau die Stimmung des Mythos ein und bewahren seinen Ursprung in der Welt der Maya. Insbesondere das Gelb leuchtet auf den dunklen Hintergünden so magisch, als hätte Araki eine mystische Maya-Farbe verwendet. Bezaubernd ist neben den Illustrationen auch die Wendung der Geschichte. Die Brüder sind nicht etwa böse auf NeNe sondern freuen sich, nicht mehr schwer arbeiten zu müssen. Die Mutter fühlt sich nach dem Verlust ihrer Söhne in den Wipfeln des Kapokbaums glücklich und möchte schließlich im Himmel bleiben. Diesen Wunsch erfüllt NeNe ihr. Er hat schließlich etwas gut zu machen, hat er doch leichtfertig seine Brüder verwandelt und so die Existenz der Familie gefährdet. Seine kindliche Überschätzung im Glauben, er könne die Familie ernähren wandelt sich am Ende in wahre Größe – eine Entwicklung hat stattgefunden. Er will nicht mehr spielen, er will seine Zauberkraft teilen und dass es seinen Brüdern gut geht. So wird er zur Sonne, Grundlage allen Lebens.
Fazit
In diesen 40 Seiten steckt die Essenz von vier Stunden Maya-Mythos. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, mit Kindern ins Gespräch über eine ihnen fremde Kultur wie die der Maya zu kommen, deren Nachfahren heute noch immer existieren. Das Interesse wird das Buch von ganz alleine wecken, viele kleine NeNes wollen auf einmal ihre Freunde, die sie geärgert haben, in Affen, Mama in den Mond und sich selber in die Sonne verwandeln. Außergewöhnlich illustriert ist „Als die Sonne ein Kind war“ ein ganz besonderer Bilderbuchschatz.
- Originaltitel
- NeNe Sol
- ISBN10
- 3905804433
- ISBN13
- 9783905804430
- Dt. Erstveröffentlichung
- 2012
- Gebundene Ausgabe
- 40 Seiten
- Empfohlenes Lesealter
- Ab 5 Jahren